«  1  »

 

Gemeinderat, 57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 136

 

viele versteckte Obdachlose, die psychisch krank sind. Da gibt es schon einiges, aber ich denke mir, es ist alles ein Flickwerk.

 

Wenn man sich das Otto-Wagner-Spital anschaut, wenn dort jemand sein muss, weil er eine Depression hat, eine Panikattacke oder was auch immer es ist, und dort untergebracht ist, dann sage ich, das ist nicht der Standard von Wien, das entspricht einfach nicht dem Standard von Wien. Dort wird zum Essen am Abend ein Riesen-Brotkorb hingestellt, und die Wurst und der Käse werden im Packerl, einfach im Papier abgegeben. Ich denke mir, das muss geändert werden, das kann es nicht sein. Ich hab mich erkundigt, warum man das tut. Da ist mir gesagt worden: Weil die Küche jetzt umgebaut wird. Das kann es nicht sein, hier denke ich, gerade jemand, der sowieso schon in einem tiefen Loch ist, sollte nicht das Essen in Papierpackerl bekommen, in Papier eingepackt, als ob ich es mir gerade beim Radatz gekauft hätte.

 

Ich bitte Sie, schauen Sie sich überhaupt das Problem der psychisch Erkrankten an. Ich denke, hier ist noch sehr, sehr viel Arbeit zu tun.

 

Der Pflegenotstand: Neun Monate ist es her, dass es den Pflegeskandal gegeben hat, der durch die Medien gegangen ist, der aber kein Pflegeskandal war. Ich betone es hier noch einmal: Das sind einfach Strukturmängel gewesen. Es waren nicht die Pflegepersonen, sondern es ist das Versagen - ich weiß nicht, ob es die Politik ist; vielleicht. Vielleicht ist es aber das Bremsen von verschiedenen Persönlichkeiten in der Stadt. Ich bin 1987 in dieses Haus gekommen. 1989 gab es den Pflegeskandal im Krankenhaus Lainz, das war wirklich ein Pflegeskandal, weil dort Schwestern gemordet haben. Damals haben wir in den Kommissionen, in den Expertenrunden im Grunde genommen dasselbe wie jetzt besprochen, wie jetzt in der Geriatriekommission, wie in der Untersuchungskommission, und da, denke ich mir, liegt irgendwo der Hund begraben. Wo, weiß ich nicht; ich habe es einfach aufgegeben.

 

Wie ich schon anfangs gesagt habe, jeder von uns, jeder Einzelne von uns hier herinnen ist angetreten, um die Situation für die Wienerinnen und Wiener zu verbessern. Warum es uns bei der Pflege nicht gelingt, weiß ich nicht. Liegt es wirklich daran, dass wir keine Ausbildungsoffensive machen? Nämlich wirklich massiv, dass wir dort Geld hineinstecken, dass wir gemeinsam - Gewerkschaft, Bund, Land - uns etwas überlegen für die 40 000 Menschen, die auf dem Schwarzmarkt arbeiten.

 

Meine Damen und Herren! Es ist mir schon klar, das ist für jeden Einzelnen, der es konsumiert, billiger. Nur, wenn ich mir vorstelle, der ist nicht abgesichert, der hier diese 14 Tage arbeitet, dann heimfährt und danach wiederkommt! Wir wissen es alle und schauen eigentlich zu, wir schauen einfach seit Jahren zu. Die Volkshilfe macht in Abständen von einem halben Jahr immer wieder darauf aufmerksam, dass es so ist. Als jetzt - ich glaube, in der Steiermark war das - jemand durchgedreht hat und die Mutter, die Schwester und eine Pflegerin erschossen hat - das war eine slowakische Pflegerin -, da habe ich mich gefragt: Furchtbar tragisch, nur, was hat die jetzt zu Hause? Was hat die für eine Absicherung?

 

Da denke ich mir einfach, dass die Stadt hier etwas tun sollte. Ich weiß, dass das sehr problematisch ist. Denn wenn jetzt diese 40 000 nicht mehr am Arbeitsplatz sind, würde unser Pflegesystem überhaupt zusammenbrechen. Ich denke mir, man soll sich etwas überlegen, wie man diese Menschen, die Arbeit von guter Qualität leisten, hier ganz legal und abgesichert arbeiten lässt. Ich glaube, dass es der falsche Weg ist, hier die Augen zu verschließen.

 

Unsere Pflegemilliarde: Die Freiheitlichen haben die Pflegemilliarde verlangt; ich war total euphorisch, als der Bürgermeister gesagt hat, dass sie kommen wird. Ich habe es mittlerweile kapiert: Sie wird bis 2010 kommen (GRin Dr Sigrid Pilz: Virtuell!), aber in Investitionen aufgeteilt. So wollten wir es nicht: Wir wollten eine Ausbildungsoffensive. 1989 hat Frau Prof Seidl, die jetzt einen Lehrstuhl an der Uni Wien hat - der nicht von der Stadt aus dem Forschungsbudget finanziert wird, sondern vom Roten Kreuz -, schon gesagt: Wir brauchen die Pflegewissenschaft, wir brauchen die Matura für die Pflegepersonen. Ich denke, es ist höchst an der Zeit, dass wir das erkennen.

 

Ich habe jetzt von Frau GRin Lakatha gehört, dass im Haus der Barmherzigkeit die Stadt Wien kein Kontingent hat. Das kann ich mir kaum vorstellen. (Zwischenbemerkung von amtsf StRin Mag Renate Brauner.) Danke, Frau Stadträtin! Das glaube ich, dass das einfach nicht so ist, dass wir 25 Millionen EUR für das Haus gegeben haben und keine Absicherung haben, das kann ich mir fast nicht vorstellen. Aber die Frau Stadträtin hat mir ohnehin schon gesagt, ich soll das vergessen.

 

Herr Dr Paukner ist jetzt dabei, die Planung für den Bedarf an Pflegeeinrichtungen - privat, städtisch und so weiter - zusammenzustellen. Vielleicht bekommen wir das noch, es hat geheißen, mit Ende Juni. Ich glaube, dass das etwas sehr, sehr Wichtiges ist, um überhaupt einmal zu sehen, was in den nächsten Jahren geplant werden muss.

 

Ganz kurz zur Drogenproblematik: Frau Kollegin Jerusalem hat schon gesagt, sie möchte heute keine Diskussion über das Für und Wider. 1987, als ich in die Politik gegangen bin, war es für mich das Hauptmotiv, etwas für die Prävention zu erreichen, dass weniger Menschen zur Droge greifen, egal, ob es Alkohol ist, ob es die illegale Droge ist, ob es Zigaretten sind. Ich muss dazusagen, ich bin da irgendwie total gescheitert, weil das Problem eigentlich größer geworden ist. Es greifen immer mehr Kinder zu Alkohol. Da denke ich mir, dass Wien auch im Bereich des Jugendschutzgesetzes etwas tun sollte. Aber das werden Sie hoffentlich selber wissen.

 

Ich denke mir nur, Sie sollten alle so viel wie möglich in die Prävention stecken, weil die Reparatur teurer ist, egal, ob wir das Geld dann für die Jugendlichen brauchen, weil sie durch Drogen krank geworden, ob wir es für uns Raucher brauchen, weil wir das Lungenkarzinom haben, oder ob wir es brauchen, weil wir einfach alle zu fett essen und zu wenig Bewegung machen. Meine

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular