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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 116

 

Ziffern haben, wir haben alle Statistiken -, ist für mich persönlich eines bemerkenswert. Wir in der Stadt Wien haben in den letzten Jahren in unserem Bereich ausschließlich - das könnte man natürlich auf alle anderen Bereiche noch weiter übertragen - zusätzliche Aufgaben übernommen.

 

Wir haben Aufgaben übernommen, die sich mit dem Passwesen auseinander setzen, Aufgaben, die sich mit dem Meldewesen auseinander setzen, mit dem Fundwesen, mit vielleicht künftighin – hier gibt es ja den Konsultationsmechanismus, der ausgelöst wurde – mit Angelegenheiten der Fremdenpolizei. Wir haben diese Aufgaben übernommen und, glaube ich, im Interesse der Wienerinnen und Wiener zur vollsten Zufriedenheit auch erfüllt.

 

Wir sind und – ich sage das jetzt persönlich, das gilt für mich im Besonderen – ich bin nicht stolz darauf, dass, wie Kollege GÜNTHER hier ausgeführt hat, auf Bundesebene ungefähr 25 100 Dienstposten eingespart wurden, davon allein im Bundesdienst 16 000. Ich bin deshalb nicht zufrieden damit, weil hier die Bundesregierung angetreten ist, undifferenziert Posten zu reduzieren, egal in welchem Bereich diese Dienstposten existent sind.

 

Ich möchte jetzt keine Sicherheitsdebatte führen, aber anhand dieses Beispiels sieht man, wie falsch sie an der Realität vorbei eingespart hat. Weit mehr als 3 000 Dienstposten in Gesamtösterreich nur im Bereich Sicherheit, obwohl wir alle wissen, wie hoch die Steigerung der Kriminalitätsrate ist. Da können viele, viele Geschichten erzählt werden, das glaubt wirklich niemand, und die Zahlen sprechen eine andere Sprache.

 

Dasselbe gilt im Unterrichtswesen, dasselbe gilt auch in vielen anderen Bereichen, wo Dienstleistung angesagt ist, Dienstleistung am Bürger angesagt ist. Hier kann man nicht so leicht mutwillig, nur weil man sagt, linear soll ein gewisser Prozentsatz eingespart werden, undifferenziert einsparen. Das ist nicht im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher, sondern gegen die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Daher, so meine ich, unterscheiden wir uns doch sehr vom Bund hier in dieser Stadt. Und ich füge hinzu: glücklicherweise für diese Stadt. Glücklicherweise!

 

Wissen Sie, wo wir uns sehr unterscheiden, das ist zum Beispiel die Umgangsform mit der Interessensvertretung der Mitarbeiter. Wir drohen nicht, wie Staatssekretär Finz es gestern gemacht hat: Wenn ihr etwas nicht macht, bekommt ihr das andere auch nicht. Wir drohen nicht, wir setzen uns zusammen, wir diskutieren, wir vereinbaren etwas und halten diese Vereinbarungen auch.

 

Wir kommen nicht in eine Situation, in der zum Beispiel – auch jetzt erst passiert – der Vorsitzende der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Neugebauer, ÖVP, zum Staatssekretär Finz, ÖVP, sagt, Polarisierungen sind entbehrlich. (GR Kurth-Bodo Blind: Er kann sich ja nicht wehren, Herr Schuster!) Wenn er als einer, der im gleichen Parlament sitzt, meint, Polarisierungen seien entbehrlich, und wenn er meint, wir schaffen etwas ab, sonst gibt es kein anderes Besoldungssystem, dann frage ich: Was passiert denn da?

 

Das ist nicht unser Weg, Kollege Ulm, und da können Sie hundertmal hier herauskommen und meinen, wir müssten die Mitarbeiter der Stadt Wien negativer behandeln. Wir tun es nicht, weil wir es mit der Interessensvertretung auch so vereinbart haben und selbst kein Interesse daran haben, sie schlechter zu behandeln, weil sie ausgezeichnete Leistungen für die Wienerinnen und Wiener erbringen.

 

Daher sage ich Ihnen, was Sie von der ÖVP auf der Bundesebene mit der ASVG-Regelung bei der Pensionsreform gemacht haben, das empfinden viele Leute heute schon als das, was es auch ist: Hier wurde den Menschen Zukunft gestohlen. Zukunft gestohlen! Schauen Sie sich bitte die Statistik, die Aufzeichnungen an, die in der Stadt Wien zum Bereich Sozialhilfe geführt werden. Schauen Sie sich das an, wie viele Menschen im Alter auf einmal zu Sozialhilfeempfängern gemacht wurden, die vorher andere rechtliche Möglichkeiten gehabt haben, dann, wenn sie nicht mehr können, mit Anstand und Würde aus dem Berufsleben auszuscheiden.

 

Das ist der Unterschied im Zugang zu einer Situation, zu einer Problemstellung. Daher – nicht böse sein – gibt es hier, zwischen uns zumindest, keinen Konsens. Ich glaube, Politik soll für Menschen und nicht gegen Menschen agieren, aber es passiert leider, dass gegen die Menschen und gegen die Interessen der Menschen agiert wird.

 

Ich sage Ihnen, im Bereich der Stadt Wien bin ich sehr froh darüber, dass wir um die tausend Lehrlinge ausbilden. Ich bin doppelt froh darüber, dass wir bei der Stadt Wien auch heuer wieder Lehrlinge aufnehmen und ausbilden, und zwar in einer weit, weit größeren Anzahl, als tatsächlich benötigt werden würden. Ich bin auch froh darüber, dass die Wiener Stadtwerke die Zusage gemacht haben, auch über Gebühr Lehrlinge auszubilden. (GR Kurth-Bodo Blind: Weil ihr sie gezwungen habt!) Warum bin ich froh? Weil diese Jugendlichen... (GR Kurth-Bodo Blind: Ihr habt sie dazu gezwungen!) Kollege Blind, wer hat gezwungen? Wer hat jemanden gezwungen? Es ist eine Frage des Hausverstandes. Frau Schöfnagel ist wirklich eingegangen auf diese Thematik. Habe ich Interesse, der Jugend zu dokumentieren, ich trete dafür ein, euch Perspektiven für eine Zukunft zu geben, oder habe ich Interesse zu zeigen, mir seid ihr wurscht? Ich habe das Gefühl, das Mir-seid-ihr-wurscht ist existent, aber nicht bei uns. Wir sind wirklich nicht interessiert daran, dass man der Jugend keine Perspektive gibt.

 

Daher sage ich Ihnen zusätzlich: Es ist ein Thema, das mich persönlich innerlich sehr, sehr berührt, weil ich weiß, was da passiert. (GR Kurth-Bodo Blind: Ihr züchtet Analphabeten! Ihr kümmert euch überhaupt nicht! Die Kinder können nicht Deutsch! Die können nichts lernen!) Kollege Blind, kommen Sie aus dem Wasser heraus! Kommen Sie weg von der Froschperspektive und schauen Sie einmal ein bisschen herum, was passiert. Ich sage Ihnen, die Erde ist rund. Glauben Sie es mir, die Erde ist rund. Eine Scheibe war sie einmal in Gedanken. So ist es nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

 

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