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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 116

 

geehrten Damen und Herren!

 

Ich möchte noch einmal auf die Sprache zurückkommen, weil es ein wesentlicher Punkt im Zusammenhang mit der Integration ist und bleibt.

 

Dass Sie, Frau Stadträtin Wehsely, jetzt eine Fülle von Angeboten dahin gehend den Bürgern bieten, ist äußerst positiv, und ich werde dann auch noch näher darauf zu sprechen kommen.

 

Laut Gesetz ist eine Grundvoraussetzung zur Verleihung der Staatsbürgerschaft unter anderem den Lebensumständen entsprechende Kenntnis der deutschen Sprache. Besteht kein Rechtsanspruch auf die Verleihung der Staatsbürgerschaft, entscheidet die Behörde nach freiem Ermessen. Ausschlaggebend sind auch hier wieder das öffentliche Interesse und allgemeine Wohl, das Ausmaß der Integration sowie das Gesamtverhalten des Antragstellers oder der Antragstellerin. Neben den allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen sind Ermessensentscheidungen an folgende Bedingungen gebunden: Unter anderem der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration, also wiederum das erste Gebot: Die Sprache.

 

Wenn sich da zuerst Kollege Schuster hergestellt und sehr flammend gesagt hat, wir wissen, wie wichtig die Sprache ist, dann freue ich mich, denn so war es nicht immer. Was sich hier als Selbstverständlichkeit anhört, war leider nicht immer so, denn schon damals, im Jahre 1991, also vor 14 Jahren, forderte unser StR Gintersdorfer eine rasche Einrichtung von Vorbereitungsklassen für ausländische Schüler ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Das wurde aber nicht akzeptiert. Auch die mittlerweile verstorbene GRin Arie wies 1995 darauf hin, dass im Sozialausschuss die Anstellung von sechs Übersetzern in Bezirksjugendämtern und zehn muttersprachlichen Betreuern in Kindertagesheimen beschlossen wurde. Die Kosten betrugen damals 5 Millionen ATS.

 

Das heißt, es wurde ja hier in Wien der entgegengesetzte Weg in Bezug auf Integration gegangen. Man hat jahrelang die Menschen in ihrer Muttersprache betreut, ohne die Konsequenzen zu berücksichtigen, die sich aus diesem Verhalten ergeben, nämlich dass dann Personen nach 30-jährigem Aufenthalt in diesem Land noch immer nicht der deutschen Sprache mächtig sind.

 

Zudem wurden Informationsbroschüren wie etwa im Wohnbau in der Landessprache der Migranten herausgegeben – Frau Vana, Sie verzeihen mir, wenn ich mich nur auf den Ausdruck "Migranten" und nicht jedes Mal auch "Migrantinnen" festlege, denn für mich ist es selbstverständlich, dass beiderlei Geschlecht damit gemeint ist (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit bei GRin Dr Monika Vana.) –, in Kindergärten und Schulen wurde Kindern mit deutscher Muttersprache die Kultur der Migranten nähergebracht, nicht jedoch den Migranten die Kultur des von diesen gewählten Landes, nämlich Österreich.

 

All diese Beispiele zeigen, dass Wien das Problem der Sprache als wesentliches Integrationsmittel sehr lange nicht ernst genommen hat. Sie aber, Frau StRin Wehsely, schütten meiner Meinung nach jetzt ein bisschen das Kind mit dem Bade aus. Es gibt unzählige Angebote, die aber nur sehr zögernd angenommen werden. Gibt es überhaupt statistische Werte, welche Kurse von wie vielen Personen angenommen werden? Wie motivieren Sie die Menschen, außer durch die besagten Angebote, diese für sie durch den Integrationsscheck zu kostenlosen Kursen gewordenen Kurse zu besuchen? Vielleicht liegt es aber daran, dass die Kurse zu sehr auf einzelne Gruppen aufgesplittert sind. Da gibt es in der Volkshochschule Ottakring Alphabetisierung und Basisbildung – okay, gültig für alle –, Sprachen lernen, Deutsch als Zweitsprache, Jugendbildung, Lernberatung und Förderung selbstbestimmten autonomen Lernens.

 

In der Volkshochschule Meidling sollen Männer und Frauen, die als Kind die Schule nicht lange genug oder gar nicht besuchen konnten und daher Lese- beziehungsweise Schreibschwächen aufweisen, sowie Personen, die in einem anderen Schriftsystem alphabetisiert wurden, an die deutsche Sprache herangeführt werden.

 

Hier ergeben sich für mich schon einige Probleme. Was heißt, die in einem anderen Schriftsystem alphabetisiert wurden? Es gibt unzählige Schriftsysteme, sodass ich dann befürchte, dass vielleicht in jedem Kurs nur sehr vereinzelt Leute drinnen sitzen, wenn man etwa an Kyrillisch, Persisch, Arabisch, Indisch, Chinesisch und so weiter denkt.

 

Der Verband der Wiener Volksbildung soll jene Jugendliche fördern, die im Alter zwischen 15 und 18 Jahren nach Wien kommen. In der Volkshochschule Rudolfsheim-Fünfhaus wird die Basiskompetenz Lesen und Schreiben der deutschen Sprache vermittelt. Andere wieder fördern die Kommunikation zwischen Kindergarten und Müttern von Migrantenkindern, eine Gruppe, die aber nur über Migrantenvereine zu erreichen ist.

 

Die Liste lässt sich fortsetzen mit Zielgruppen, zu denen man nur in Moscheen Zugang hat, wie etwa vorwiegend im 5. Bezirk, oder Personen, die, wie schon erwähnt, 30 Jahre in Österreich leben und jetzt in der Pension Deutschkurse besuchen sollten.

 

Schon allein durch die Aufzählung der vielfältigen Angebote wird klar, dass die Kurse – da bin ich nicht konform mit Frau Schöfnagel – viel zu weit verzweigt sind. Ich wage zu behaupten, dass Migranten des 10. Bezirks, die ein Angebot, das auf sie zugeschnitten wäre, vielleicht nur im 15. Bezirk vorfinden, nicht dort hingehen werden. Ebenso zweifle ich an, dass Menschen, die so stark in ihrer Kultur, vor allem aber in der Religion verfestigt sind, dass sie in den Moscheen besucht werden müssen, die Absicht haben, Deutsch zu lernen, denn sie werden kaum mit der deutschsprachigen Bevölkerung in engeren Kontakt kommen, um das auch umzusetzen.

 

Zielführender wäre es, alle Gruppen, getrennt klarerweise nach Alphabeten und nach Analphabeten, zu unterrichten, um die Kommunikation der Einzelnen untereinander zu fördern, eben mit der gemeinsamen Sprache Deutsch.

 

Noch wirkungsvoller wäre es – und das ist überhaupt für mich die Basisarbeit, wir haben auch dahin gehend

 

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