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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 89

 

Kollegen und Kolleginnen! Da ist die Caritas Socialis hartnäckig. Sie hat natürlich, das sehe ich auch ein, ihre eigenen Rahmenbedingungen, unter denen sie den Dienst erbringt. Da will ich hier meinen Vorwurf auch gar nicht an die Organisation richten, aber Faktum ist, dass die Caritas Socialis eine Platzhaltegebühr einhebt. Wissen Sie, was das ist, eine Platzhaltegebühr? (GR Günter Kenesei: Wie im Kindergarten!) Wie im Kindergarten, genau. „Der Hopf ist ja immer der Hopf“, heißt es letztlich. Das ist mein Platz und ich zahle eine Gebühr, dass mir dieser Platz gehalten wird. Vielleicht könnte man auf Stammtischen oder in Fußballstadien so etwas einführen, aber für jemanden... (GR Günter Kenesei: Als Abo!) Ja, aber, Günter Kenesei, das ist nicht witzig. Ich will das jetzt einfach sagen. Es ist nicht witzig, dass es nämlich so ist (GR Günter Kenesei: Ich habe es nur erklärt!), dass die Menschen, die auf Urlaub oder krank sind, eine Platzhaltegebühr bezahlen müssen, damit bei der Caritas Socialis, wo sie dann essen und Pflege und Therapien bekommen und so weiter, auch dafür, wenn sie gar nicht dort sind, da jetzt niemand anderer sozusagen vorrückt und man den Platz vielleicht auch gar nicht mehr bekommt.

 

Der Witz an dieser Platzhaltegebühr ist - Sie erinnern sich, der von mir genannte Patient hatte 11,25 EUR Tagesgebühr, wenn er dort ist. Wollen Sie wissen, was die Platzhaltegebühr ausmacht? Mehr! Sie ist glatt mehr! Sie kostet nämlich 12,77 EUR! 12,77 EUR ist die Platzhaltegebühr! Es kommt also viel billiger, wenn man hingeht und das alles konsumiert, als wenn einem der Platz dort gehalten wird. Aber selbst Interventionen und Anregungen von offensichtlichen Besuchern, die Platzhaltegebühr geringer ausfallen zu lassen - und da gab es Schreiben an die Caritas Socialis, 6 EUR statt 12,77 EUR einzuheben -, waren auch nicht erfolgreich: „Diese Variante würde eine höhere finanzielle Belastung über das Jahr bedeuten und wird deswegen von uns nicht realisiert.“, war die Antwort. Also nein, heruntersetzen auf 6 EUR geht auch nicht.

 

Die Damen und Herren, die Kunden und Kundinnen in der Caritas Socialis sind, schreiben: „In diesem Vertrag ist die Platzhaltegebühr genau geregelt. Für Abwesenheiten von bis zu zwei Wochen (Urlaub bis zu drei Wochen) wird eine Platzhaltegebühr pro Besuchstag verrechnet. Ausgenommen sind Abwesenheiten auf Grund von Krankenhausaufenthalten“ - also daheim krank gilt nicht, aber wenn man im Krankenhaus ist, dann okay – „und geplanten, mindestens einen Monat vorher angekündigten Kur- und Rehabilitationsaufenthalten bis vier Wochen jährlich.“

 

Urlaub nicht! Also nicht, wenn man krank zu Hause ist und nicht, wenn man auf Urlaub ist. Einzige Ausnahme: Krankenhausaufenthalt, Kur und Rehabilitation. Dahinter steht offensichtlich die Philosophie: Nur dann gebührt dir die Abwesenheit, sonst kann ich es nicht verstehen. Der Betrag ist maximal 20 Prozent des mit dem Fonds Soziales Wien verrechneten Tagessatzes ohne Verpflegskosten. Dann steht konkret: „Multiple Sklerose-Tageszentrum, 12,77 EUR pro Besuchstag, Stand 1. Jänner 2006.“

 

Also daran ist vieles zu kritisieren. Es ist zu kritisieren, dass man auf eine unmenschliche Weise Menschen, die verschuldet sind oder weil sie Gott sei Dank auch einen Urlaub machen können und ihren Platz nicht beanspruchen können, mehr verrechnet als ihnen zu verrechnen ist, wenn sie die Leistung konsumieren. Es ist nicht einzusehen - und das ist der Grund, warum ich hier darüber spreche -, dass der Fonds Soziales Wien diese Regelung hier tatsächlich durch seine Politik ermöglicht und unterstützt. Ich halte es für unabdingbar, dass die Frau StRin Brauner eine Anweisung an den Fonds Soziales Wien gibt und das ist auch der Inhalt meines Beschlussantrags:

 

„Die Frau StRin Brauner möge den Fonds Soziales Wien anweisen, die Platzhaltegebühr für erkrankte Besucher des MS-Tageszentrums bei Vorliegen eines ärztlichen Attests“ - da kann man aber auch zu Hause sein – „beziehungsweise für diejenigen, die bei anderen triftigen Gründen - die rechtzeitig bekannt gegeben wurden - das Zentrum nicht aufsuchen, zu übernehmen.“

 

Sie und ich wissen, dass der Fonds Soziales Wien wichtige Aufgaben hat und er hat auch ein großes Budget. Es gibt einfach Lebenssituationen, da kann man nicht sagen, die Ausfallsgebühr trägt der betroffene kranke, bedürftige Mensch und das ist so ein Ausnahmefall. Wir haben anderen Orts schon sehr, sehr ausführlich darüber gesprochen, dass es auch Fälle gibt, wo im Fonds Soziales Wien Geld nach Einschätzung der GRÜNEN nicht auf die notwendige sparsame Weise, um es einmal so zu sagen, ausgegeben wird.

 

Ich erinnere ein neuerliches Mal an die unterschiedlichen Tarife, die unterschiedliche Organisationen beziehen können oder an die großen Summen, die einzelne Hilfsorganisationen auf der hohen Kante haben, denn das geht ja dann in die Millionen. Das ist auch alles rechtens, wurde mir gesagt. Aber nicht rechtens nach meinem moralisch-politischen Verständnis ist es, Menschen eine unverhältnismäßig hohe Gebühr aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, abzunehmen. Ich sehe ein, dass die Caritas Socialis ihre Leistungen, die sie täglich erbringen muss, auch abgegolten bekommt. Eines wird sein, langfristig auch Abwesenheiten zu planen und dadurch auch Kosten sparen zu können, anderes wird aber sein, dass der Fonds Soziales Wien in die Bresche springen soll, wo unzumutbare Härten für Menschen mit 670 EUR Mindestrente und Ausgleichszulage bestehen würden.

 

Nachdem ich gehört habe, dass seitens der Opposition möglicherweise von beiden Parteien den anderen Parteien zugestimmt wird, ersuche ich auch die SPÖ, da in sich zu gehen und ihr sozialpolitisches Gewissen zu zeigen und meinem Beschlussantrag zuzustimmen.

 

Herzlichen Dank und jetzt ist der frenetische Applaus. (Beifall bei den GRÜNEN. – Heiterkeit bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Praniess-Kastner.

 

GRin Karin Praniess-Kastner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

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