Gemeinderat,
7. Sitzung vom 31.03.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 52
90 Prozent der Vorfälle haben sich in Wien
ereignet. Das können Sie nicht abtun, darüber können Sie nicht hinwegschauen.
Das heißt in Zahlen gegossen... (Amtsf StRin Mag
Sonja Wehsely: Gibt es eine Rassismusstelle in Graz?) Bitte? (Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely: Gibt es eine Rassismusstelle in Graz oder Bregenz?) Ich weiß es nicht. Ich weiß es
nicht, das müssen Sie als Integrationsstadträtin eher wissen, ob es das gibt
oder nicht. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das gibt es nur in Wien!
Außerhalb Wiens gibt es eine solche Einrichtung nicht!) Sie sind sozusagen die Expertin. Sie
haben die Ressourcen, Sie haben die ganzen Beamten, die das recherchieren könnten,
ich nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Außerhalb
Wiens gibt es keine Rassismusstelle! Das gibt es nur in Wien!) In Zahlen gegossen, sehr geehrte
Frau Stadträtin, ist es eine Bankrotterklärung der Integrationspolitik der SPÖ-Stadtregierung.
Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, das ist Tatsache.
Und noch eine Frage: Wie beantwortet die Wiener
SPÖ-Stadtregierung diese Zahlen und die von mir aufgezeigten Missstände im Bereich
Wohnen und Schule? Sie mauert nur und gibt vor, dass ihre Integrationspolitik
funktioniert, aber Integration lebt nicht von Alibiaktionen, Sonntagsreden und
Vorzugsstimmenfang bei den Migranten, Integrationspolitik erfordert Konzepte
und Maßnahmen, die das Zusammenleben von MigrantInnen und alteingesessenen
Bürgern fördert. Und da sind die Wohnungspolitik und die Schulpolitik dieser
Stadt die wichtigsten Ansatzpunkte. Von diesen Ansatzpunkten merkt man in Ihrer
Politik fast gar nichts, und das ist verwerflich, denn damit gefährden Sie den
sozialen Frieden in dieser Stadt, weil dieses ständige Zuwarten, ob eh nichts
passiert, fahrlässigerweise die Trennlinie verstärkt und sicher nicht aufhebt.
Aber das ist ja Ihre Doppelstrategie: Sich auf der
einen Seite als die Integrationspartei hinzustellen, aber ihren
alteingesessenen Genossen augenzwinkernd zu versichern, Integration wird
ohnedies nicht so heiß gegessen wie serviert. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Diese offenkundige
Doppelstrategie wird sicherlich nicht mehr lange aufgehen und durchschaut
werden. Dann werden Sie nicht nur Stimmen deswegen verlieren – das wäre ja noch
verkraftbar –, sondern wir alle werden hier in Wien ein belastetes soziales
Klima haben, das Sie zu verantworten haben. (Beifall bei der ÖVP. – GR
Godwin Schuster: Wenn man Ihren Vorschlägen zustimmte, dann wäre es so!)
Also daher von dieser Stelle aus noch einmal ein
Appell von mir: Erstellen Sie, sehr geehrte Frau Stadträtin, ein
Integrationskonzept, das den Namen auch verdient, und setzen Sie es bitte auch
um!
Noch eines, meine Damen und Herren, was die Forderung
der GRÜNEN nach einer Antirassismuskampagne betrifft: Das ist zu wenig. Mit
einer Kampagne alleine wird das Problem nicht aus der Welt geschafft werden.
Dieser Vorschlag war eigentlich, liebe Kollegin Korun, von der SPÖ. Unsere
politische Linie ist glücklicherweise eine andere. (GRin Nurten Yilmaz: Ja,
das kann man wohl sagen!) Bewusstseinsbildung, ja, aber in Begleitung einer
aktiven Integrationspolitik, die eine solche Kampagne propagieren sollte. (Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely: Wie viel zahlt denn der Bund für ZARA?) Und daher ein konkreter Vorschlag
von mir, sehr geehrte Frau Stadträtin, zur Bewusstseinsbildung, wie wir sie
sehen.
Beginnen Sie, sehr geehrte Frau Stadträtin, als einen
ersten Schritt sozusagen mit einer Bewusstseinsbildungskampagne in den eigenen
Reihen, etwa bei Wiener Wohnen, bei den Magistraten, bei den Wiener Linien,
beim Wiener AMS und bei den Wiener Krankenkassen und zwinkern Sie nicht in
diesen Bereichen hintergründig, wenn es um Anliegen der Migranten und deren
Integration geht. (GR Godwin Schuster: Gehören die Krankenkassen Wien?
Gehören die Wiener Krankenkassen der Stadt Wien?)
Zum Schluss noch: Integration von Migranten gehört
mit Sicherheit zu den wichtigsten Themen der nächsten Jahre, meine Damen und
Herren. Die Wiener Stadtregierung wird mit ihrer Politik dieser
Aufgabenstellung bei weitem nicht gerecht. Sollten Sie nicht bald zu dieser
Selbsterkenntnis gelangen, dann tragen Sie die Hauptverantwortung dafür, dass
diese Trennlinie zwischen den Migranten und Migrantinnen und den
alteingesessenen Bürgern und Bürgerinnen nicht nur endlich verringert, sondern
vergrößert wird (GRin Mag Alev Korun: Das ist Ihre Politik für ganz
Österreich!), sodass dies zu einem sozialen Sprengstoff wird, den wir ja
alle nicht wollen. – Ganz herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. – Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Yilmaz. Ich erteile es ihr. (Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely: Sie muss jetzt mit den Augen zwinkern! – GRin Nurten
Yilmaz: Ja, jetzt muss ich zwinkern!)
GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Frau Stadträtin! Sehr geehrte
Damen und Herren!
So wie der Verein ZARA von der Bundesregierung
behandelt wird, sieht man eigentlich die Geringschätzung gegenüber den
Zuwanderinnen und Zuwanderern. Während Wien den Verein ZARA heuer mit
47 000 EUR fördert – das ist sogar um 2 000 EUR mehr als
voriges Jahr –, ist der Bundesregierung diese wertvolle Arbeit dieses Vereins
4 500 EUR wert. Warum? (GR
Godwin Schuster: Weil es ihm nicht wichtig ist!) Weil er aufdeckt, wie
viele rassistische Übergriffe es tatsächlich gibt. Der Rassismusreport, der
heuer bereits zum sechsten Mal erschienen ist, ist die einzige qualitative
Datenquelle über Struktur und Ausmaß von Rassismus in Österreich. Offenbar
wollen Schwarz-Orange-Blau diese negativen Seiten des Alltags in Österreich
nicht dokumentiert haben. Das ist sehr bedauerlich, denn mit 1 105 von
ZARA dokumentierten Fällen hat das Jahr 2005 einen traurigen Rassismusrekord
gebracht.
Die stetig steigende
Zahl der Meldungen bei ZARA zeigen aber zwei Dinge: Zum einen sind rassistische
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