Gemeinderat,
10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 96
2005.
Dann gibt es die Verteuerung der Applikationsgebühr
bei allen Impfungen um 25 Prozent ab 1. Jänner 2004.
Und dann gibt es eine Erhöhung der Gebühren in den
Wiener Spitälern für die Untersuchungs- und Behandlungskosten mit
1. Jänner 2005.
Der Jahresabschluss beweist damit auch, dass die
Versprechen der Stadtregierung im Pflegebereich nicht eingehalten wurden.
Von einer Pflegemilliarde ist weit und breit nichts
zu bemerken. Man könnte höchstens sagen, eine Pflegemilliarde-Verteuerung ist
hier geschehen.
Sie, Herr Bürgermeister, haben damit ein weiteres
Versprechen gebrochen. Und Sie haben offensichtlich nichts aus dem
Pflegeskandal gelernt.
Aber das ist nicht das einzige, was im Pflegebereich
hier nicht funktioniert. Ich gebe zwar zu, dass Wien eine Sonderstellung hat,
die erschwerend wirkt, dennoch kann man sich auf diesem Umstand nicht ausruhen.
Wien hat natürlich auf Grund verschiedenster
historischer Ereignisse im Bereich der Bevölkerungsentwicklung einen ungleich
höheren Anteil an älteren Menschen als andere Bundesländer. Wien bekommt aber
auch mehr Geld als andere Bundesländer dazu.
Die Entwicklung der Anzahl der betreuten Senioren zum
Beispiel stellt sich folgendermaßen dar:
1975 etwa wurden 3 690 betreut, 1980 waren es
schon über 12 470, 1985 waren es 16 700 Betreute und 1990 waren es
schon 18 350 Betreute. Und ich kann Ihnen sagen: Es werden immer mehr.
Aber diese Entwicklung zeichnet sich schon seit
vielen, vielen Jahren ab, und Sie von der SPÖ sind dennoch nicht darauf
vorbereitet. Wie wir gesehen haben, fehlt es vorne und hinten am nötigen
Kapital. Ich bin sogar schon so weit, dass ich nicht mehr ausschließe, dass die
Versprechungen der SPÖ-Gesundheitsstadträtinnen der letzten Jahre bald
gebrochen werden. Da wurde nämlich versprochen, dass nicht die Nachkommen für
die Betreuung der Älteren aufzukommen haben. Ich bin gespannt, wann Sie dieses
Versprechen brechen werden. Aber dank Ihrer Wirtschaftskompetenz wird es sicher
in naher Zukunft zu dieser Zahlungspflicht der Kinder kommen.
Man muss auch weg von großen Einheiten, von Heimen,
damit man diesem demographischen Trend einmal entgegenwirken kann.
Man muss weiter den außerstationären Bereich
aufwerten. Das ist genau so wichtig wie der Krankenhausbereich. Wenn man
weiterhin eine professionelle Führung vorantreiben möchte, dann denke ich, wird
der Stadt Wien nichts anderes übrig bleiben, als die Andersen-Studie ernst zu
nehmen und die darin enthaltenen Anregungen und Kritikpunkte umzusetzen.
Wir brauchen mehr Investitionen in die
Gesundheitsvorsorge und Versorgung für hilfsbedürftige und pflegebedürftige
Menschen außerhalb der Krankenanstalten und müssen diese raschest ausbauen und
dürfen die Mittel dafür nicht kürzen.
Die Freiheitlichen haben dazu kleine soziale Netze
gegründet, einen kleinen gemeinnützigen Verein, der versucht, auf die Sorgen
und Nöte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugehen und seine sehr knappen
Ressourcen wirtschaftlich zu verwalten. Es ist ein wichtiges Zeichen für eine
entlastende Struktur. Werden diese Vereine auch mit ehrenamtlich Tätigen
betrieben, dann wird ein wesentlicher Wirtschaftsbestandteil geleistet. Nicht
so wie die von der Stadt Wien subventionierten gemeinnützigen Vereine, wo sich
die Vereinsfunktionäre mit den Subventionen schöne Gehälter machen.
Insgesamt wird ungefähr 16,67 Millionen Stunden
pro Woche in Österreich ehrenamtlich gearbeitet. Umgelegt auf Arbeitsplätze
entspricht das knapp mehr als 481 000 Vollzeitstellen. Allein in den
sozialen Diensten arbeitet ein Fünftel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
unentgeltlich, und da werden Sie eh schon sehr entlastet bei der Finanzierung.
Die Wienerinnen und Wiener werden nun immer älter.
Daher ist die Politik auch raschest gefordert. Das Versorgungsangebot muss
diesen längeren Lebenserwartungen angepasst werden. Es gibt vielmehr seit
Jahren einen gleichbleibenden langen Stau auf der Warteliste von Heimplätzen.
200 bis 300 Senioren und Seniorinnen sind dauernd angemeldet, um nach
einem Spitalsaufenthalt in einem Geriatriezentrum einen Platz zu bekommen.
Meine Damen und Herren! Bei der Versorgung von
pflegebedürftigen Personen in Wien ist es bereits fünf nach zwölf. Es fehlt an
Geriatriezentren, es fehlt an weiteren sozialen Diensten, es fehlt an Personal,
es fehlt an Tageszentren und es fehlt auch an Tageskliniken. Es fehlt an einer
notwendigen Anzahl von betreuten Wohnplätzen.
Wie sieht es beim Pflegegeld aus? Das in den 90er
Jahren eingeführte Pflegegeld sollte professionelle Hilfe ermöglichen und
pflegende Angehörige finanziell und sozialrechtlich absichern. Allein, es wird
kaum angepasst. Die Stufe 3 und darüber hinaus wird, wenn überhaupt, nur
nach zahlreichen Einsprüchen der Betroffenen gewährt. Auch wenn die Personen
beinahe blind sind oder kaum mehr gehen können, verweigert man eine höhere
Pflegestufe als die Stufe 2.
Oder zum Beispiel auch beim Fonds Soziales Wien
schreibt man zu hohe Beiträge vor, und es dauert oft ewig, bis das korrigiert
wird, wenn die Verwandten überhaupt draufkommen. Wer keine engagierten
Verwandte hat, zahlt, auch wenn es zuviel ist. Und da sage ich Ihnen: Da wird
einfach zu schlampig gearbeitet.
Vielleicht können wir die
Einführung eines Pflegesets anstatt kompletter Geldleistungen überdenken und
zumindest das Pflegegeld auch in die professionelle Hilfe umleiten. Geben wir
damit dem Einzelnen, der es braucht, die Möglichkeit, dass er sich selbst
aussuchen kann, wo er hin will, dass er selbst auch die Möglichkeit hat, unter
Umständen selbst zu wechseln, dass es einen gewissen Konkurrenzkampf gibt
zwischen den einzelnen Heimen und dass der Betroffene, eben derjenige, der
einer Pflege bedarf, hier bessere Möglichkeiten vorfindet und eine bessere
Pflegequalität bekommen kann. (Beifall
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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