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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 96

 

Demokratiemodells haben nicht nur wir und die Wiener Stadtregierung oder der Kulturstadtrat erkannt. Diesbezügliche Aktivitäten gibt es schon lange. 1989 haben in Porto Alegre in Brasilien die Bürger erstmals selbst über einen Teil des Haushalts abgestimmt. Dieses Verfahren dauert 10 Monate, es beteiligen sich daran mittlerweile 10 000 bis 20 000 Bürger, und es wird über zweistellige Millionenbeträge entschieden. Partizipative Haushalte gibt es übrigens nicht nur in über 70 Kommunen in Brasilien, sondern mittlerweile auch in Nordamerika, in Neuseeland und auch in über 40 Städten in Europa.

 

Es gibt viele unterschiedliche Modelle, an diese Sache heranzugehen. Es gibt damit viele unterschiedliche Erfahrungen, und keiner der Prozesse samt diesem Netzkultur-Modell war oder ist sozusagen eine “g’mahte Wies’n“. Ich bin aber überzeugt davon, dass sich diese Idee durchsetzen wird, und zwar nicht nur im Hinblick auf das Ergebnis, sondern weil es dabei um einen demokratisierenden Prozess geht. Zum Thema partizipative Demokratie wird übrigens im zweiten Halbjahr eine Studie erscheinen.

 

Damit möchte ich überleiten zum letzten Bereich, den ich ganz besonders hervor heben möchte, nämlich zum Thema Wissensstadt Wien.

 

Kollegin Smolik hat beklagt, dass sich der Kultur- und Wissenschaftsstadtrat zu wenig um die Wissenschaft kümmert. – Frau Kollegin! Das Kulturressort beherbergt zwar einen großen Teil der Wissenschaft, bei weitem aber nicht die gesamte Wissenschaftspolitik der Stadt, denn zur Wissenschaftspolitik gehören auch Standortpolitik, die Bereitstellung von Infrastruktur und die Tätigkeit der ausgelagerten Fonds. Dazu möchte ich Ihnen sagen: Meiner Meinung nach ist es sehr positiv, dass die Wissenschaft als Angelegenheit der gesamten Stadt betrachtet wird, die nicht nur ein Ressort etwas angeht, sondern uns alle.

 

Ein Grund dafür, dass der diesjährige Wissenschaftsbericht noch nicht vorliegt, ist, dass es diesmal nicht nur einen Wissenschaftsbericht der MA 7 geben wird, sondern dass es erstmals gelungen ist, einen Wissenschaftsbericht der gesamten Stadt Wien zu erstellen: Dieser Bericht stellt die Tätigkeit der gesamten Stadtverwaltung dar und zeigt auf, wie sehr die Arbeit aller Ressorts auf diesen wissenschaftlichen Grundlagen beruht. Das Zustandekommen dieses Überblicks war eine immense Arbeit, aber auch wenn der Bericht mehr als 300 Seiten umfasst, ist er immer noch nicht mehr als ein Überblick. Für diese immense Arbeit sage ich aber allen Beteiligten und Prof Ehalt ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die Strategie, welche die Stadt Wien in Bezug auf die Wissenschaft verfolgt, ist deutlich sichtbar: Wien konzentriert sich seit Jahren eigentlich auf vier oder fünf Schwerpunkte und geht ganz dezidiert den Weg in diese Richtung.

 

Zum Ersten hat eine Förderung der geistes- und kulturwissenschaftlichen Forschung, die die Identität der Stadt geprägt hat, in Wien eine lange Tradition. Die Reflexionswissenschaften haben für das Vorwärtskommen und die gesellschaftliche Weiterentwicklung dieser Stadt einen ganz besonderen Stellenwert: Gender-Forschung, Migrationsforschung, Demographieforschung sowie Forschung über kulturelle Identität und kulturelles Erbe sind dabei ganz wesentliche Schwerpunkte.

 

Zum Zweiten gibt es eine Konzentration auf den naturwissenschaftlichen Bereich, auf Felder wie Life Sciences, Creative Industries, Mathematik und auch Quantenphysik.

 

Dazu ein herausragendes Beispiel aus dem Jahr 2005, das direkt im Ressort angesiedelt ist, nämlich die massive Beteiligung der Stadt am Atomoptik-Labor der Technischen Universität mit über einer Million Euro. Der Leiter des Atomoptik-Labors – und so finden die Entscheidungen auch Bestätigung – ist übrigens der Wittgenstein-Preisträger des Jahres 2006.

 

Zum Dritten konzentriert sich die Stadt auf die Förderung junger WissenschaftlerInnen durch zahlreiche Stipendium-Programme in nahezu allen universitären Bereichen.

 

Zum Vierten gibt es eine kontinuierliche Entwicklung der Stadt und der Arbeit der Stadtverwaltung in Richtung wissensbasierter Stadt. Das heißt, die Arbeit der Stadtregierung und der Stadtverwaltung wird zunehmend auch auf diesen wissenschaftlichen Grundlagen geleistet.

 

Last but not least erfolgt auch eine Vermittlung des Wiener Wissens an eine breite Öffentlichkeit. Gerade in diesem Bereich gibt es sehr viele Initiativen mit Schwerpunkten wie den Wiener Wissenschaftstagen oder der Veranstaltung “University Meets Public“. In diesem Zusammenhang erwähne ich natürlich auch die Wiener Vorlesungen, die jährlich Publikumsrekorde verzeichnen können: Mittlerweile sind bei fast allen Vorlesungen an die tausend BesucherInnen zu verzeichnen.

 

Das Budget der Stadt Wien für die Wissenschaft lässt sich nicht nur aus dem Bericht der MA 7 herauslesen, sondern es ist insgesamt viel höher als dieses Kultur- und Wissenschaftsbudget. Wenn man alles zusammenrechnet, wird deutlich, dass die Stadt über 150 Millionen EUR in Wissenschaft und Forschung investiert, und zwar in einem abgestimmten, konzertanten Weg entlang der skizzierten Grundlinie.

 

Lassen Sie mich zuletzt auch noch ein paar Zahlen aus dem Frauen-Wissenschaftsbericht zitieren: Der hohe Prozentsatz, der schon 2004 deutlich wurde, ist auch 2005 noch einmal gewachsen. Bei den Stipendien und Förderpreisen für hochbegabte junge WissenschaftlerInnen gingen über 98 Prozent an Frauen. Bei den Wiener Vorlesungen waren es 2004 noch 37 Prozent weibliche Mitwirkende, 2005 waren es schon 43 Prozent, und 2005 wurde kein einziges Projekt abgelehnt, das sich mit frauenspezifischen Fragestellungen befasst hat.

 

Meine Damen und Herren! An der Kultur- und Wissenschaftspolitik der Stadt und auch quer durch alle anderen Ressorts zeigt sich, dass Wien und die Wiener Stadtregierung Mut für Veränderungen aufbringen und diese Stadt mit den Menschen und für die Menschen weiterentwickeln. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

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