Gemeinderat,
13. Sitzung vom 25.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 80
eines erreichen, nämlich die jetzt bereits sehr schwierige Situation, die in der Türkei entstanden ist, noch mehr zu verschärfen.
Denn, ja, die Nationalisten haben Aufwind bekommen,
vor allem in den letzten Wochen, nicht zuletzt auch auf Grund der Aktion des
französischen Parlaments in dem Fall, und ich glaube, dass diese Entwicklung
kontraproduktiv ist. Aber wissen Sie was? Genau das wollen Sie! Sie wollen eine
kontraproduktive Entwicklung. Sie wollen ja, dass in der Türkei diejenigen, die
sehr, sehr extrem sind in dieser Debatte, sich möglichst laut zu Wort melden,
möglichst laut protestieren, damit Sie hier einmal mehr sagen können: Seht her,
die Türkei ist nicht EU-reif! Also weg mit der Türkei! Da brauchen wir keine
Verhandlungsgespräche mehr zu führen, man braucht die Türkei nicht in der
Europäischen Union. Das ist die Art und Weise, wie Sie versuchen, Politik auf
unsere Kosten zu machen. Und dieser Art ist entschieden entgegenzutreten. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und von
Gemeinderäten der ÖVP.)
Ich kann Ihnen an dieser Stelle auch sagen: Wenn
Ihnen wirklich an einem Dialog und an einer Aufklärung dieser gesamten Causa
gelegen wäre, die durchaus eine sehr sensible, eine sehr schwierige und auch
eine sehr wichtige ist, dann hätten Sie, nachdem Sie ja abschreiben, wie wir
alle wissen, anstatt sich in Wikipedia einzuloggen und dort ganz einfach
plumpes Zeug herunterzuschreiben ... (Zwischenruf
von GR Mag Harald STEFAN.) Ja, das ist mitunter ziemlich plump, was Sie uns
übermittelt haben. Das ist ziemlich plump, und es war ziemlich plump formuliert.
Übrigens war auch ein Teil Ihrer Reden ziemlich plump formuliert. Denn wer sich
überhaupt zu Geschichte zu Wort meldet, weiß nämlich eines: Dass man Völker
nicht pauschal nennt, benennt und auch verurteilt. Allein schon, dass Sie sich
hier herstellen und auch in Ihren Reden von den
Griechen, den Türken (GR Heinz-Christian Strache: Türkische
Regierung! Ich habe von der türkischen Regierung gesprochen!), den Mazedoniern, den Armeniern sprechen, ist bezeichnend. Ich meine, irgendwann
einmal müssten auch Sie verstehen, dass es nicht so einfach ist und dass man,
vor allem, wenn man über solche Sachverhalte spricht, zumindest sensibel genug
sein müsste, ein bisschen zu unterscheiden. Vorhin haben Sie pauschal von den Serben gesprochen. Alle Serben sind
an dieser Stelle sozusagen pauschal für das verurteilt worden, was vor wenigen
Jahren im Zuge der Balkankriege passiert ist.
Das ist nicht die Art und Weise, wie man an solche
Dinge herangeht. Aber ich meine, was sage ich an dieser Stelle, mit wem spreche
ich? Das ist eh klar, dass Sie das nicht verstehen. Sie wollen das auch nicht
verstehen.
Ich kann also daher nur sagen: Da Sie ohnehin
abschreiben, hätten Sie auch was Gescheites abschreiben können. In Ihrem
eigenen Antrag haben Sie aus Wikipedia von der Entschließung des deutschen
Bundestages aus dem vergangenen Juli abgeschrieben. Und wissen Sie was? Der
Text ist vollkommen anders gehalten. Das ist ein wunderbarer Text, extrem
sensibel formuliert, in dem auch die Rede ist von den Historikerkommissionen und
wie sie besetzt werden sollen, in dem die Rede ist von den Bemühungen, die es
gegeben hat in letzter Zeit, in dem übrigens ermutigt wird, diesen Weg weiter
voranzugehen, und in dem ermahnt wird, weil manche dieser Bemühungen eben doch
nicht so gut vorankommen, wie man sich erhofft hatte, und in dem zum Schluss
der türkische Staat unter anderem aufgefordert wird, diesen Weg genauso weiter
zu beschreiten und auch jene Versprechen, die er abgegeben hat, zügigst
einzuhalten.
So sind in Wahrheit solche Anträge zu stellen, und
hätten Sie den richtigen Antrag hier eingebracht, dann hätten wir alle dem auch
mit Freuden zustimmen können. Das haben Sie aber nicht getan. Stattdessen haben
Sie, wie gesagt, einen plumpen Antrag eingebracht, dem ich ganz sicher nicht
die Zustimmung geben werde, dem meine Fraktion ganz sicher nicht die Zustimmung
geben wird. Es geht Ihnen nämlich nicht um die Lösung des Problems, es geht
Ihnen hier nur ums Zündeln. Und da machen wir ganz sicher nicht mit!
Lassen Sie mich zum Abschluss etwas sagen: Ja, Herr
Strache, Sie haben natürlich Ihre Laufbahn in diesem Haus am selben Tag wie ich
vor etwa zehn Jahren begonnen. Ich kann mich noch sehr gut an Ihre ersten Reden
erinnern. Da ging es manchmal, nein, nicht manchmal, meistens, fast immer um
die Ausländer, um das Auseinanderdividieren der Wiener Bevölkerung und um jene
Bevölkerungsgruppe, auf die Sie es offensichtlich abgesehen haben, die in Ihren
Augen an allem schuld ist, und die halt irgendwie die Lösung jedes Problems ja
auch mit sich bringt, indem man sie verfolgt, indem man sie ständig schlecht
macht, indem man sie ... (Zwischenruf von GR Heinz-Christian Strache.)
Ja, ja, ab und zu kann es sein, dass ich auch einen Deutschfehler mache. Ich
hoffe, Sie aberkennen mir die Staatsbürgerschaft nicht an dieser Stelle. (GR Heinz-Christian Strache: Aber Sie machen
es ja uns zum Vorwurf!) Ich nicht. Im Übrigen könnten wir uns einmal länger
unterhalten über Grammatik und Fehler in der deutschen Sprache, die bekanntlich
eine sehr schwere Sprache ist und die von mehreren Ihrer Fraktion auch nicht so
perfekt beherrscht wird. (Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPÖ.) Aber
darum geht es ja nicht an dieser Stelle.
Also noch einmal: Sie haben Ihre Karriere hier
begonnen mit den Ausländern, Sie haben sie fortgesetzt mit den Ausländern und
Sie beenden sie heute mit einer Rede, in der Sie ehrenrührige Bemerkungen über
alle Klubobleute der anderen Fraktionen gemacht haben. Gratulation!, kann ich
nur sagen. Insofern kann ich Ihnen das Beste für Ihren weiteren Weg wünschen.
Ich kann abschließend nur eines sagen aus meiner
Sicht: In der Politik oder bei dem, was ich unter Politik verstehe, geht es um
Dialog, geht es um Versöhnung, geht es um Einsicht, und es geht um die Lösung
von Problemen. Das ist Politik. Und dann gibt es leider noch Barbarei. (Beifall bei den GRÜNEN, der SPÖ und der
ÖVP.)
Vorsitzender
GR Dr Wolfgang Ulm: Zu Wort
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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