«  1  »

 

Gemeinderat, 13. Sitzung vom 25.10.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 80

 

Wenn man die Zeitungen der letzten Wochen und Monate aufschlägt, nur einige wenige Zitate: „Die Zahl der Überfälle auf Wettcafés und Automatengeschäfte nimmt dramatisch zu", zum Beispiel 4. August 2006: „Bewaffnete Täter stürmen um 4.30 Uhr in ein Café, setzen der Kellnerin das Messer an den Hals", 19. September 2006: „Jugendliche überfallen nach Mitternacht ein Spiellokal und drohen mit Mord.", 3. Oktober 2006, wieder eine Messerattacke: „Um 3.15 Uhr in der Früh betritt ein bewaffneter Mann ein Wettcafé und schreit: ,Geld her'". Ich könnte das weiter zitieren. Sie wissen es selbst, Sie erleben es jeden Tag. Es gab heuer bereits eine Steigerung der Überfälle auf solche Automatencafés, Automatengeschäfte oder Wettbüros, wie auch immer sie sich nennen, um 50 Prozent. Allein Wien hat über 60 Prozent dieser Überfälle zu verzeichnen.

 

Meine Damen und Herren, es ist relativ einfach, diese Lokale zu überfallen. Sie sind oft sehr klein gestaltet. Ich komme dann darauf zurück, warum sie so klein gestaltet sind. Man hat dort meistens einen einzigen Mitarbeiter, der dann bis 4 oder 5 Uhr in der Früh arbeiten muss. Ich frage mich oft, wo da die Gewerkschaft ist, um hier die Arbeitszeitbedingungen einmal festzustellen und zu überprüfen, wie es in diesen Lokalen aussieht. Es ist relativ leicht für Kriminelle, in diesem Bereich zuzuschlagen. Das ist die eine Seite dieser Geschichte der Wettbüros oder der Automatengeschäfte oder der Automatencafés.

 

Das Zweite, man liest immer mehr, zum Beispiel am 24. Oktober, gestern: „Süchtiger Spieler: Sperrt mich ein!" Ein 29-Jähriger kommt heute mit seinem Anwalt. Daher ist der Zeitpunkt dieser Dringlichen Anfrage durch Zufall sehr günstig gewählt. Er wird heute in Wien mit seinem Anwalt vorsprechen und wird freiwillig in Haft gehen. Er ist in den letzten zwölf Jahren zu einem Spieler geworden. Er ist süchtig geworden, er hat betrogen, er hat gelogen, er hat Leute eingeschüchtert. Jetzt geht er freiwillig in Haft. Er möchte unter Umständen noch einmal ein neues Leben beginnen. Das Dramatische ist, er ist mit 17 Jahren, und damit sind wir beim Jugendschutz, zu dem ich auch noch kommen werde, einfach in so eine Lokalität gegangen, hat dort, wie es üblich ist, 10 ATS, eingeworfen und damals 700 ATS gewonnen. Das war dann der Zeitpunkt, wo er geglaubt hat, er gewinnt immer, wie alle Spieler und Süchtigen glauben, dass sich die Gewinne immer wieder fortsetzen, und hat sein Leben vollkommen ruiniert.

 

Meine Damen und Herren, das ist heute auch teilweise das Thema, das ist nämlich die zweite Schiene, wenn man dieses Thema Glücksspielautomaten, Glücksspiel in Wien betrachtet. Er hat dann nämlich auch noch gesagt: „Mein Lebensinhalt war das Spielen und im Wiener Prater war ich zu Hause." Das ist jetzt nichts gegen den Wiener Prater, weil dort sowieso in nächster Zeit Bemühungen gestartet werden, dass man das etwas anders organisiert. Trotzdem muss es uns zu denken geben, dass es nicht nur den einen, sondern zirka 30 bis 40 000 Süchtige gibt, die wir in der Betreuung haben oder die sich betreuen lassen wollen.

 

Das Nächste, ich lese Ihnen ein Zitat einer SPÖ-Nationalratsabgeordneten vor, der Frau NRin Gabriele Binder-Maier: „Tatsache ist," - wortwörtlich – „dass in Kärnten" - sie ist dort her - "seit der Einführung des Kleinen Glücksspiels die Verschuldung der Familie sprunghaft angestiegen ist. Hinter den nackten Zahlen stehen allerdings Not und Elend, Verzweiflung, Kriminalität, Isolation, Selbstmordversuche und Selbstmorde." - Das sagt eine Kollegin von Ihnen, eine Nationalrätin. Sie wird wissen, wovon sie spricht.

 

Schlussendlich noch tragisch ist, auch das sollte man nicht vergessen, dass immer mehr zu uns ins Land kommen, oft als Asylwerber, die dann nicht genommen werden, oder Asylanten, die genau in jene Lokale hineingehen, um sich den Tag zu vertreiben. Ich darf noch auf das Beispiel aufmerksam machen, das vor einigen Tagen oder Wochen in allen Zeitungen gestanden ist, dass ein Asylantenehepaar mongolischen Ursprungs seine zwei Kleinkinder im ungeheizten Auto gelassen hat, dass es dort 400 EUR in einer Nacht verspielt hat und so weiter. Ich frage mich in diesem Zusammenhang: Wie ist es überhaupt möglich, dass Asylanten um 400 EUR pro Nacht spielen können? Das ist mir nicht ganz klar. Da hat irgendetwas nicht funktioniert. Das gehört ebenfalls abgestellt.

 

Das geht aber genau in jene Richtung, auf die ich dann hinkommen werde. Wir haben vor ungefähr eineinhalb Jahren schon einmal über diese Sache gesprochen, und zwar gab es da einen Initiativantrag der ÖVP und der SPÖ, die bei diesem Glücksspiel sehr eng zusammenarbeiten. Es gibt hier auch Verflechtungen, auf die wir dann noch eingehen werden. Hier wurde das Veranstaltungsgesetz geändert, vollkommen ohne Grund. Man hat damals das Hütchenspiel als Anlassfall genommen, aber es gab etwas anderes. Man hat nämlich in Wirklichkeit die Öffnungszeiten für Volksbelustigungsorte und Veranstaltungen, und jeder Spielapparat ist eine Veranstaltung, ausgedehnt, wesentlich erweitert, auch örtlich erweitert.

 

Ich lasse es mir im Bereich des Wiener Praters und anderer Lustbarkeitsstellen einreden. Ich lasse es mir aber nicht im 15. Bezirk, im 16. Bezirk, in Meidling, in Simmering oder in Favoriten, wo übrigens die meisten dieser kleinen so genannten Automatenbüros, Automatencafés existieren, einreden. Dort lasse ich es mir nicht einreden, dass es notwendig ist, dass man bis 4 Uhr in der Früh spielen kann. Es hat natürlich einen Hintergrund, warum man das gemacht hat. Die Vermutung steht im Raum, dass das damals ein wirklicher Deal war, denn das Interesse daran, dass vor allem in den Außenbezirken die Öffnungszeiten radikal verlängert und die Standorte wesentlich ausgedehnt wurden, war natürlich, dass eine Firma in Österreich und insbesondere in Wien mit 88 Prozent den Automatenmarkt komplett beherrscht, die Firma Novomatic, auf die ich noch eingehen werde. Die hat nämlich daran sicher Interesse gehabt. Ich werde auch gleich erklären, warum sie daran Interesse gehabt hat.

 

Aber die Begründung der SPÖ war damals eine sehr

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular