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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 108

 

von Privatwirtschaft haben? (Beifall bei der ÖVP.) Sie scheuen ganz einfach eine Wirtschaftspolitik, die auf einer florierenden und wachsenden Privatwirtschaft basiert. Sie vertrauen noch immer der Gebührenerhöhung in den öffentlichen Wirtschaftseinrichtungen und Unternehmen und glauben, dass diese Gebührenerhöhung einen Beitrag zum Arbeitsmarkt leistet.

 

Wir treten für einen Abbau der Bürokratie und für eine Senkung der Gebühren ein, für den Ausbau an Kinderbetreuung, denn damit wird die Wirtschaft wachsen und nicht, indem Sie selbst möglichst viele Arbeitsplätze mit Parteibuch sichern.

 

Wien hat aber, was die Wirtschaftspolitik betrifft, auch einen interessanten Zugang zur Arbeitslosenvermittlung. Wien kommt als einziges Bundesland – und Sie haben sich gewundert, warum wir dem tertiären Beschäftigungspaket nicht zugestimmt haben – nicht mit dem AMS aus, sondern Sie brauchen hier auch noch zusätzliche Arbeitsplätze in der Arbeitslosenverwaltung, anstatt im Abbau von Arbeitslosigkeit. Denn eine doppelt so hohe Arbeitslosenrate wie Oberösterreich zu haben, zeigt einmal mehr: Sie verwalten die Arbeitslosen. Sie gestalten die Wirtschaft dieser Stadt und dieses Landes nicht aktiv, sondern Sie versuchen auch hier wieder, durch Verwaltung von Arbeitslosen kaschieren zu lassen, dass Sie eine fehlende Wirtschaftspolitik haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sorgen Sie also dafür, dass die Wirtschaftsförderung auch wirklich durch eine Wissenschaftsförderung in Schwung kommt. Auch hier ist es interessant: mehr Schein als Sein. Das, was wirklich an Wissenschaftsförderung ausgewiesen ist, betrug voriges Jahr 7 Millionen, heuer nur mehr 5,7 Millionen, also eine Senkung um 40 Prozent. Das nennen Sie in Ihrer Rede Innovationsschub für die Wissenschaft, das nennen Sie Innovationsschub für die Wirtschaft. Ich erkenne dahinter nur ein Sparbudget. 40 Prozent weniger als im vergangenen Jahr! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wissenschaftspolitik ist bei Ihnen unterm Jahr auch eine Ummantelung des Wirtschaftsförderungsbudgets, denn unterm Jahr heißt es dann plötzlich, dass wir 134 Millionen in die Wissenschaft stecken und nicht 7 Millionen. Das sind nämlich jene Millionen, die Sie uns einmal, je nachdem, wie Sie es brauchen, unter Wirtschaftsförderung verkaufen, und wenn Sie dann ein Förderungsprogramm für die Wissenschaft vorstellen, dann stellen Sie uns dieselben Budgetmittel als Wissenschaftsförderung vor. Mein Vorredner hat schon darauf hingewiesen: Umschichtungen, Umschichtung, Umschichtungen. Auch unterm Jahr erfolgt in den Pressekonferenzen nichts anderes als Tarnen und Täuschen. Ein und derselbe Budgetposten wird einmal als Wissenschaftsförderung und einmal als Wirtschaftsförderung ausgewiesen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Schaffen Sie in diesem Budget Transparenz, damit wir ehrlich vergleichen können, was Ihr Beitrag zu einer Forschungsquote im Verhältnis zum BIP tatsächlich ist. Ihr Beitrag bis jetzt waren ausgewiesenermaßen nur die 7 Millionen, aber zeigen Sie uns doch tatsächlich, wie viel Sie beitragen. Es könnte ja sein, dass wir stolz sein können auf Wien. Aber wenn Sie uns den Posten zweimal verkaufen, ist es schwer, darauf stolz zu sein.

 

Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sie loben das Nulldefizit. Sie sind stolz darauf, dass Sie uns mit diesem Budget ein neutrales Budget vorgelegt haben. Sie nennen es kreativ. Kreativ sind Sie in der Gebührenerhöhung, denn Sie erreichen ein Nulldefizit, indem Sie die Gebühren eben kurz nach der Wahl bewusst angehoben haben, obwohl Sie vorher davon gesprochen haben, dass es eine Gebührenerhöhung nicht gibt. Wir haben davor gewarnt, wir haben Recht bekommen. Sie lassen die Gebühren tatsächlich erhöhen. Gebührenerhöhung vom Kindergarten über die Tagesbetreuung, über Müll, über Wasser, über Strom, über Gas.

 

Warum brauchen wir einen Heizkostenzuschuss? Weil Sie die Gebühren erhöhen im Heizkostenbereich. Warum benachteiligen Sie die Kinder in den Pflichtschulen gegenüber den Kindern in den Bundesschulen? Wie kommt es dazu, dass ein Kind zwischen 10 und 14 Jahren, das in der Bundesschule den ganzen Tag betreut wird, 80 EUR für diese Tagesbetreuung zahlt, während im Pflichtschulbereich dasselbe Kind zwischen 10 und 14 Jahren in einer Hauptschule oder Kooperativen Mittelschule 126 EUR bezahlen muss? Ist es das, was Sie Nulldefizit nennen, ist es das, was Sie Gender Budgeting nennen, dass Kinder, die tagsüber in der Kooperativen Mittelschule untergebracht werden, um 46 EUR pro Monat mehr für die Tagesbetreuung zahlen müssen als dasselbe Kind zwischen 10 und 14 Jahren in einer AHS?

 

Ich weiß jetzt, warum bei der Interpädagogika die Frau Stadtschulratspräsidentin für die AHS geworben hat. Weil Sie sich geniert für diesen Tagesbetreuungstarif, der um 46 EUR pro Monat höher ist als in einer Bundesschule. Und Sie, Herr Stadtrat, Sie sollten auch darüber nachdenken, ob es gerechtfertigt ist, dass wir hier jene, die sozial ohnehin benachteiligt sind, noch weiter benachteiligen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber die Diskriminierung geht ja noch weiter. Kinder mit Migrationshintergrund haben noch dazu gar kein Anrecht auf Nachmittagsbetreuung, denn fast immer ist es so, dass Kinder mit Migrationshintergrund, die noch dazu einen spezifischen Sprachförderbedarf haben, gar keine Tagesbetreuung finden. Und warum nicht? Wenn einer der Elternteile nicht berufstätig ist, dann tritt nur in Wien in den Pflichtschulen jene Regelung ein, dass dieses Kind gar kein Recht auf einen Tagesbetreuungsplatz hat, weil nicht beide Eltern berufstätig sind.

 

So schaut die Gleichbehandlung aus, so schaut die Gleichbehandlung von Kinder aus, die zwischen 10 und 14 Jahre alt sind. Das heißt, bei den einen Kindern in der Bundesschule ist die Tagesbetreuung unabhängig von der Berufstätigkeit der Eltern, bei den anderen ist sie an die Berufstätigkeit gekoppelt. Wir haben zig Beschwerden von Schulleiterinnen und Schulleitern, von Elterninitiativen bei uns gesammelt, die aufzeigen, dass die Tagesbetreuung vom Gesetz her nicht umgesetzt wird.

 

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