Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 108
vier Jahre an den Tisch setzen und überprüfen: Wie schaut das Verhältnis der Bezirksmittel aus? Herr Vizebürgermeister! Lehnen Sie das nicht wieder sofort ab! Ich denke mir, es ist wichtig, wenn man sich gemeinsam an einen Tisch setzt!
Auf anderer Ebene ist das in den letzten Wochen immer
zitiert worden: Man muss sich doch wieder an einen Verhandlungstisch
setzen! – Dann setzen Sie von der Stadt Wien sich doch bitte endlich mit
den Bezirken an einen Verhandlungstisch! Das wird dringend notwendig sein. (Beifall
bei der ÖVP.)
Setzen wir uns an einen Verhandlungstisch, und reden
wir endlich über die wichtigen Dinge, die das wirklich tagtägliche Brot der
Bezirke sind, nämlich: Wie sollen die Bezirksmittel verteilt werden? Entspricht
die Höhe der Bezirksmittel überhaupt noch dem, was die Bezirke umsetzen müssen
und tagtäglich umsetzen? Entsprechen die Ausgaben, die wir haben, noch dem, was
wir erfüllen können? Brauchen wir vielleicht noch zusätzliche Kompetenzen?
Wir brauchen sicherlich weitere Kompetenzen, zum
Beispiel im Sozialbereich oder bei der Sportförderung. Gerade im Jugendbereich
fehlt es massiv. Dafür gibt es andere Dinge, auf die man gerne verzichten
könnte, zum Beispiel, dass globale Vergabegenehmigungen in jedem
Finanzausschuss eines Bezirkes beschlossen werden müssen. Das bringt nicht
wirklich etwas, sondern kostet nur Zeit. Wichtig ist, dass man endlich einmal
über die genannten Dinge spricht und überlegt, was die Bezirke uns wert sind
und was uns eine starke Bezirksautonomie in dieser Stadt wert ist. (Beifall
bei der ÖVP.)
Daher meine Bitte und meine Forderung an Sie –
und auch an Sie, Herr Vizebürgermeister –: Kehren Sie an den
Verhandlungstisch zurück! Es geht den Bezirken nicht darum, dass wir
sozialistische Almosen bekommen. Wir wollen Rechte haben, und wir wollen vor
allem die Rechtssicherheit haben, dass wir die Aufgaben, die uns die
Stadtverfassung vorschreibt, auch wirklich verantwortungsvoll ausführen können.
Darum geht es uns und um nichts anderes! (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn Sie die Bezirke aushungern, dann höhlen Sie
damit die Bezirksautonomie und in letzter Konsequenz auch die Bezirksdemokratie
aus. Wenn Sie Letzteres wollen, dann zeigen Sie uns das nicht in den Bezirken
und bei der tagtäglichen Arbeit, sondern dann stehen Sie dazu und sagen Sie
klar und deutlich, dass Sie keine starken Bezirke wollen! Gehen Sie hinaus, und
sagen Sie den Menschen auf der Straße: Wir wollen in dieser Stadt keine
Bürgernähe, wir wollen keine starken Bezirke! Gehen Sie hinaus und sagen das
den Bürgern, aber zeigen Sie es nicht uns tagtäglich! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Mir
liegen keine weiteren Wortmeldungen zur Generaldebatte vor.
Wir kommen damit zur Spezialdebatte, und zwar zur
Beratung der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener
Stadtwerke.
Ich darf darauf aufmerksam machen, dass in der
Präsidiale eine Redezeit von 15 Minuten pro Redner vereinbart wurde.
Zu Wort gemeldet ist nun Herr GR Stark.
GR Rudolf Stark (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr
Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Bei der Diskussion der Geschäftsgruppe Finanzen,
Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke ist der Wirtschaftsstandort Wien ein
durchaus wichtiger Bereich. Dazu gibt es hier die interessante Zeitschrift
„Perspektiven“ mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsstandort Wien. Diese Zeitschrift
erscheint in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien, und das Vorwort wurde von Herrn
VBgm Dr Rieder verfasst.
In dieser Zeitschrift findet sich unter anderem ein
Beitrag mit dem Titel „Motor für Österreichs Wirtschaft“. Dieser Artikel stammt
vom Mediensprecher des Herrn Vizebürgermeisters. – In diesem Artikel ist
folgende Aussage zu finden: „Zweifellos sind die Klein- und Mittelbetriebe das
Rückgrat der Wiener Wirtschaft. Sie stellen in Summe 99 Prozent der Wiener
Arbeitgeberbetriebe.“
Sehr
geehrter Herr Vizebürgermeister! Die Klein- und Mittelbetriebe stellen
99 Prozent der Arbeitgeberbetriebe. Diese Betriebe müsste Wien doch hegen
und pflegen! Dass dies nicht der Fall ist, wissen wir alle. Dem Rückgrat, dem
eigentlichen Motor der Wiener Wirtschaft, den Klein- und Mittelbetrieben geht
es ausgesprochen schlecht.
Ich habe hier
schon mehrmals auf spezielle Probleme für diese Unternehmen hingewiesen, zum
Beispiel auf die Eigenkapitalausstattung. Von den Betrieben mit
1 Dienstnehmer bis 9 Dienstnehmern haben fast 55 Prozent ein
negatives Eigenkapital, und von den Betrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten
haben immerhin noch 35 Prozent ein negatives Eigenkapital. Das bedeutet,
dass fast 90 Prozent dieser Betriebe überschuldet oder sogar
Krisenbetriebe sind.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Auf diese
katastrophale Situation verweise ich hier anlässlich der Rechnungsabschluss-
und Budgetdebatten schon seit vielen Jahren mit dem Ersuchen an Sie, sich
verstärkt um diese Betriebe zu kümmern. Konkrete Handlungen seitens des Landes
Wien habe ich bisher leider keine feststellen können! Im Gegenteil: Vielmehr
fallen die Ausgaben für die Wirtschaftsförderung von 90 Millionen EUR
im Jahr 2006 auf nunmehr 81 Millionen EUR im Jahr 2007. Die
Förderungen für die Wiener Wirtschaft werden somit um 9 Millionen EUR
gekürzt, und das ist bedauerlich, denn mit diesen 9 Millionen EUR
könnten viele Betriebe gerettet werden. Im Frühjahr hat nun auch Frau
Wirtschaftskammerpräsident Jank festgestellt, dass es bei den KMU
Handlungsbedarf gibt. Schlagzeile im Wirtschaftsblatt: „Finanzierung: Wirtschaftskammer
Wien sieht ein Drittel der KMU bedroht.“
Sehr
geehrter Herr Vizebürgermeister! Überträgt man das linear auf die
Arbeitsplätze, dann könnte das für den größten Dienstgeber Wiens bedeuten, dass
fast ein Drittel aller Wiener Arbeitsplätze bei den KMU in Gefahr sind. Da
müssten doch die Alarmglocken läuten! Hier
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