Gemeinderat,
14. Sitzung vom 21.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 91
Stadtregierung. Gender Budgeting wäre, die gesamte Einnahmen- und Ausgabenseite des öffentlichen Haushalts auf seine Auswirkungen auf Frauen und Männer zu überprüfen.
Das, was vorgelegt wurde, war maximal ein erster
Schritt, nämlich eine Nutzerinnenanalyse in ganz wenigen, sehr selektiv
ausgewählten Bereichen ohne Systematik. Einige Geschäftsgruppen haben sehr viel
rückgemeldet, andere Dienststellen überhaupt nicht, wie zum Beispiel mein
Kollege Ellensohn bereits angesprochen hat. Im Sportbereich fehlen uns
überhaupt Daten. Wir wissen nicht, was mit den zum Teil interessanten Ergebnissen
angefangen wird und wie es weitergeht.
Zum Beispiel sehr interessante Ergebnisse gibt es im
Bereich der Kultur, wo bei der KomponistInnenförderung ein sehr großer
Männerüberhang von fast 80 Prozent festzustellen ist, oder in Bereichen,
die uns einfach ins Auge gesprungen sind, wobei ich jetzt wirklich einzelne
auswähle, wie die Begründung von Gewerben oder die Bestellung von
gewerberechtlichen Geschäftsführungen, wo ein sehr großer Männerüberhang von
über 80 Prozent festzustellen ist. Das ist zwar gut, schön und wichtig,
dass Sie das jetzt wissen, auch wichtig, dass es als Anhang aufgeführt ist,
aber was damit passiert, wie das interpretiert wird, welche politischen Ziele
Sie haben, welche Maßnahmen Sie auf Grund zum Teil erschütternder Analysen jetzt
zu ergreifen gedenken, fehlt. Es fehlt auch eine Vergleichbarkeit zu den Daten,
die vor einem Jahr im Rahmen dieses Gender-Budgeting-Prozesses veröffentlicht
wurden.
Es fehlt eine Gesamtdarstellung der
frauenpolitischen, oder ich nenne es einmal verteilungspolitischen Ausblicke,
denn Gender Budgeting ist nicht nur frauenpolitisch wichtig, es ist auch
männerpolitisch wichtig, um Defizite in der Ungleichverteilung, in manchen
Bereichen vielleicht auch zu Lasten der Männer, aufzuzeigen. Ich kann mich der
Bemerkung nicht verschließen, hier ein bisschen Schönfärberei zu unterstellen,
wie Sie es eigentlich in der gesamten Wiener Politik machen und wie wir es
Ihnen immer wieder vorwerfen, weil das, was Sie sagen und ankündigen, gut
klingt. Also außen hui und innen nicht ganz pfui, das will ich Ihnen gar nicht
unterstellen. Da sind schon gute Ansätze da, aber es ist zu wenig und ist
nichts, womit man frauenpolitisch im Sinne von wirklich konkreten Maßnahmen
etwas anfangen kann, wo ich sage, zu dieser Maßnahme XY, zu dieser
Umverteilungsmaßnahme, zu dieser Beseitigung von Ungleichheiten hat dieser
Gender-Budgeting-Prozess jetzt geführt.
Im Gegenteil, ich fürchte, wie es leider im Gender
Mainstreaming in vielen anderen Städten und Ländern passiert, wo zum Teil von konservativen
Kräften gefordert wird, Gender Mainstreaming umzusetzen, dass das dazu führt,
spezifische Frauenförderungen und aktive Gleichstellungspolitik als spezifische
Maßnahmen abzuschaffen oder zumindest zu kürzen, zu sagen, wir haben jetzt eh
den Prozess Gender Mainstreaming, das schauen wir uns alles an, riesige
Datenerfassungsprozesse, wie auch in der Stadt Wien zu starten, aber die
Maßnahmen, die Conclusio und die politischen Gleichstellungsmaßnahmen eben
fehlen.
Ein besonderes Schmankerl muss ich zitieren, weil ich
gerne Antworten von Ihnen, Frau Stadträtin, zu dem, was Sie in der
Gender-Budgeting-Analyse feststellen, hätte. Bei Beschäftigung und
Arbeitslosigkeit kommen Sie nämlich doch tatsächlich zu der Aussage: „Die
Chance auf Beschäftigung für Männer und Frauen in Wien ist relativ
gleich."
Eine andere Aussage nennt sich
Gruppenindikator 3 auf Seite 267, falls irgendjemand nachlesen will.
Es handelt sich hier um eine Analyse des Wiener ArbeitnehmerInnen
Förderungsfonds, der einen so genannten Gender-Mainstreaming-Index entwickelt
hat. Das ist an und für sich eine gute Idee, allein dieser Index wird leider
nicht dargestellt, ist völlig intransparent und wir als Abgeordnete können
nicht nachvollziehen, wie es zu diesen Ergebnissen kommt. (GR Godwin Schuster: Zweifle nicht an deiner eigenen Intelligenz!)
Zweites Ergebnis, auch besonders nett: In diesem
Bereich, nämlich Bereich Arbeitslosigkeit, ist in Wien im Unterschied zu anderen
Bundesländern und zum Bundesdurchschnitt die Situation für Männer und Frauen
nahezu gleich.
Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie,
leben Sie in einem Paralleluniversum? Das frage ich mich wirklich, wenn ich
solche Sätze lese. Ist das Ihre Wahrheit, die heute schon von der Kollegin
Ramskogler einmal angesprochen wurde: „Unsere Wahrheit ist
diese ...", und das, was wir hier als Opposition debattieren, ist
eigentlich nebulos und völlig an den Haaren herbeigezogen? Sie wollen uns
wirklich in der Vorlage zu einem Wiener Budget verkaufen, dass die Chance auf
Beschäftigung und die Situation der Arbeitslosigkeit in dieser Stadt für Männer
und Frauen gleich ist, dass es keinerlei Diskriminierung mehr gibt, dass Sie
scheinbar mit dem Status Quo zufrieden sind, weil etwas anderes kann ich daraus
nicht ablesen, dass es keinen Handlungsbedarf gibt, dass es nicht für Frauen,
wie wir alle wissen, und wie auch die Kolleginnen von anderen
Oppositionsparteien hier konstatieren, wesentlich schwieriger ist, bei
Arbeitslosigkeit wieder einen Job zu finden, vor allem einen Vollzeitjob, auch
weil sie zum Teil gar keine arbeitsmarktpolitische Unterstützung bekommen, weil
sie zum Teil gar nicht beim AMS gemeldet sind, weil ihnen das AMS von
vornherein sagt: „Zwei Kinder haben Sie und eine geringe Qualifikation haben
Sie, dann brauchen Sie sich gar nicht bei uns zu melden, weil dann haben wir eh
keinen Job für Sie."?
Ich habe nur 15 Minuten. Deshalb lasse ich es
dabei, Ihnen nicht die ganzen Probleme von Frauen am Arbeitsmarkt aufzuzählen.
Wir werden das morgen in der Aktuellen Stunde zur Arbeitslosigkeit ausreichend
tun.
Wir sind jedenfalls, was diesen Gender-Budgeting-Prozess betrifft, sehr
skeptisch, dass dieser Prozess in die richtige Richtung führt, dass dieser
Prozess zu Maßnahmen führt und hätten gerne von Ihnen, Frau Stadträtin - leider
ist StR Rieder, der die Hauptverantwortung für dieses Budget hat, jetzt nicht
da - zu dem Gender-Budgeting-Prozess innerhalb der Verwaltung Wiens Antworten,
was die Ziele dieses Prozesses sind, was die
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