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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 25.05.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 105

 

setzen, erreicht ist oder bald erreicht sein wird. Und ich kann davon ausgehen und hoffe, dass nicht alle anderen Städte so sind wie Wien.

 

Jawohl, Wien hat auch beschlossen, bis zum Jahr 2008 oder 2010, wenn ich mich jetzt nicht irre, minus 14 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu erreichen. Jetzt haben wir das Jahr 2007, wir sind davon weit entfernt. (Bgm Dr Michael Häupl: Best Practice, nicht Best Beschluss!) Unsere Best Practices kann ich weit und breit nicht einmal mit dem Fernglas erkennen! Sie sagen mir: Was haben jetzt die anderen, die ich hier aufliste, erreicht? Na, dann kann ich nur sagen: Ich hoffe, dass sie nicht so schlecht beieinander sind wie Wien! Ich hoffe, dass sie ihre selbst genannten, selbst gesetzten Ziele ernster nehmen und auch erreichen.

 

Aber wenn Sie die Auflistung nicht brauchen und wenn sie Sie nicht beeindruckt, kann ich nur sagen: Einen Blick nach China werfen! Momentan entsteht eine ganze kleine Stadt, die heißt Dongtan; ich meine, so klein ist sie auch wieder nicht: 500 000 Einwohner soll diese Stadt beherbergen. Die entsteht gerade und soll von Anfang an, von der Pike auf, so gebaut werden, dass sie in Passivbauweise erstellt wird, dass sie zu 100 Prozent auf erneuerbare Energiequellen angewiesen ist, dass sie eine Vorzeigestadt ist - Dongtan in China.

 

Wien lässt demnächst einen ganzen neuen Stadtteil bei Aspern entstehen. Wo ist der Plan, wie man aus Aspern ebenfalls einen Vorzeige-Stadtteil machen könnte, wo man sagen könnte: Hier kann die Welt kommen, um zu sehen, was die Stadt Wien in der Klimapolitik und in der Energiepolitik geschafft hat. Ich vermisse hier die konkreten Initiativen.

 

Wollen wir nicht nach China schauen, wollen wir nach Stockholm schauen. Ich weiß, das hört man nicht gern: In Stockholm ist in Hammarby ein ganz neuer Stadtteil entstanden, der zu 100 Prozent autark ist, der zu 100 Prozent eigene Energie erzeugt, die er verbraucht, und darüber hinaus auch in Passivbauweise einen sehr, sehr geringen Energiebedarf hat.

 

Das alles wollen Sie nicht hören! Das interessiert Sie offenbar nicht. Es passiert zwar, es passiert in Europa, es passiert auf der ganzen Welt, aber wie gesagt: Wien schläft weiterhin den Schlaf der Gerechten.

 

Mir fehlt also, wie gesagt, nach wie vor der konkrete Plan, wie man das Kyoto-Ziel erreichen kann. Mir fehlt im Übrigen der Plan, wie man die minus 14 Prozent bis zum Jahr 2010 erreichen möchte, die man sich selbst zum Ziel gesetzt hat. Mir fehlt der Ausbauplan für die Solarenergie. Mir fehlt ein Ziel, wie und bis wann Wien autark sein möchte. Mir fehlt im Übrigen auch ein Plan, bis wann Wien zumindest nicht mehr von Atomstrom-Importen abhängig sein möchte.

 

Denn - ja, wir wissen es alle - Wien importiert derzeit 83 Prozent des eigenen Energiebedarfs, und von diesen 83 Prozent an Importen sind, variierend je nach Jahr, aber im Schnitt auch an die 9 Prozent Atomstrom-Importe dabei. Das finde ich sehr bedauerlich! Das finde ich sehr bedauerlich in einem Land, in einer Stadt, die gegen Temelin jahrein, jahraus protestiert und dann nichtsdestoweniger durch die eigenen Importe diese Politik auch noch mit subventioniert.

 

Meiner Meinung nach - und deshalb wenden wir uns an Sie, Herr Bürgermeister - ist der Klimaschutz eindeutig Chefsache. Denn in der Tat sind die Maßnahmen, die in der Stadt getroffen werden müssten, sehr vielschichtig, und sie betreffen mehrere Ressorts. Sie betreffen eben die Planung, den Verkehr, die Energiepolitik, den gesamten Neubau, die Sanierung, nicht zuletzt auch das Umweltressort. Also wer, wenn nicht Sie, müsste uns heute erklären, was Wien für das Klima zu tun gedenkt!

 

Ich finde es jedenfalls sehr schade, wo wir stehen. Denn ich glaube, dass es mit einem ambitionierten und konkreten Plan nicht nur möglich wäre, das Kyoto-Ziel zu erreichen, sondern dass es darüber hinaus auch durchaus möglich wäre, einen großen Wurf zu wagen. Anstatt weiterhin selbstzufrieden und selbstgerecht vor sich hin zu schlafen und zu hoffen, dass alles irgendwie gut gehen wird, könnte Wien sich ein ambitioniertes Ziel setzen. Man könnte sagen: Ja, wir wollen bis zum Jahr 2025 autark sein, wir wollen bis zum Jahr 2025 nicht mehr von fossilen Energieträgern abhängig sein, wir wollen zur Gänze von erneuerbaren Energiequellen für unsere Energieversorgung abhängig sein, und inklusive Verkehr könnten wir ein derart ambitioniertes Ziel bis zum Jahr 2030 erreichen.

 

Das heißt, Wien wäre die erste Millionenstadt, die sich ein derart ambitioniertes Ziel setzen würde, und vom Klima-Schlusslicht könnten wir zu den Klima-Meistern werden. Wir könnten die Stadt werden, wo die Menschen herkommen, um sich das anzuschauen, was wir alles geschafft haben. Wir könnten erreichen, dass die Menschen nicht nach China fahren, dass die Menschen nicht nach Hammarby in Schweden fahren, um sich dort anzuschauen, wie - wie gesagt - absolut tolle Pilotprojekte und ganze Stadtteile entstehen, wenn wir doch gerade dabei sind, selbst einen neuen Stadtteil Aspern zu bauen. Das alles könnten wir tun, sofern der politische Wille dazu vorhanden wäre.

 

Damit ich nicht nur beim Ausland bleibe, möchte ich abschließend einen Blick auch innerhalb von Österreich werfen und mir ein bisschen anschauen, wie es in anderen Bundesländern aussieht. Und schau, schau: Vorarlberg hat längst beschlossen, dass die geförderten Neubauten sehr wohl in Passivbauweise erfolgen müssen! Das hat einen Bauboom mit sich gebracht, der nicht nur der lokalen Wirtschaft gut getan hat. Die Bevölkerung hat es sehr gut angenommen, es hat Jobs gebracht, es hat Wohnkomfort für die Bevölkerung gebracht, es hat geringere Kosten für die Bevölkerung nach sich gezogen, es hat auch Gutes fürs Klima gebracht.

 

Warum geht so etwas in Vorarlberg, aber in Wien geht es nicht? Warum soll es nicht möglich sein, dass der Wiener Gemeinderat mit 1.1.2008 beschließt, auch in Wien den geförderten Neubau nur mehr zu fördern, wenn Passivbauweise angewandt wird?

 

Oder werfen wir einen Blick auf unsere Solaranlagenförderung. Ja, selbst im Jahr 2006, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist sie viel besser geworden. Wir sind aber

 

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