Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 140
womit diese Unternehmensinsolvenz zu einer
Privatinsolvenz wurde.
Ich wiederhole das: Ein Großteil der
Privatinsolvenzen betrifft ehemalige Klein- und Mittelbetriebe.
Bei den Unternehmensinsolvenzen hat die Wiener
Wirtschaft im ersten Quartal 2007 mit 1 251 Fällen einen neuen
Negativrekord erreicht. Diese 1 251 Insolvenzen bedeuten, dass
derzeit bereits 12 Unternehmen pro Tag zahlungsunfähig werden.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, jede Stunde, die
wir hier sitzen, geht ein Unternehmen in Wien pleite. Wir haben heute um
9 Uhr begonnen, es ist jetzt 14 Uhr, in diesen fünf Stunden sind in
Wien fünf Unternehmen pleite gegangen. Und das ist doch entsetzlich, Frau
Vizebürgermeister. (Beifall bei der FPÖ.)
Und zu den Privatinsolvenzen im ersten
Quartal 2007: Wien erreichte mit 678 Insolvenzen - plus
20,4 Prozent - einen neuen Höchststand. Wie man rasch Hilfe leisten kann,
sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, zeigt uns das Land Steiermark: „Steiermark
– frisches Geld für Kleinstbetriebe steht bereit. Einen Haftungsrahmen von
26 Millionen EUR stellt die steirische Wirtschaftsförderungsgesellschaft
SFG für so genannte Mikrokredite zur Verfügung. Mit dem Programm sollen
Kleinstbetriebe und neue Selbstständige rasch zu Finanzierungen kommen, die bis
zu 25 000 EUR betragen können. Damit wird ein Pilotprojekt erweitert,
bei dem im Vorjahr 34 Kleinstunternehmen einen Mikrokredit von
durchschnittlich 16 000 EUR erhalten haben.“ Und dann
Zwischenüberschrift: „Problem für KMU: Untersuchungen haben laut SFG ergeben,
dass der Zugang zu Fremdfinanzierungen das zweitgrößte Hemmnis für die
Entwicklung von KMUs ist.“
Und ein weiteres, von mir ebenfalls schon mehrfach
erwähntes Beispiel aus der Steiermark: In der Steiermark hat man eine
Pleiteholding für KMUs gegründet. Über die steirische
Umstrukturierungsgesellschaft STUG sollen Betriebe saniert und anschließend
wieder verkauft werden. Bei dieser Aktion rechnet das Land Steiermark sogar mit
einem finanziellen Vorteil für das Land selbst, und zwar mit einer Rendite von
10 Prozent, die beim Wiederverkauf der STUG-Betriebe realisiert werden.
Auch in Niederösterreich hat Ihr sozialdemokratischer
Landesrat Schabl im Zusammenhang mit der drohenden Schließung von Austria Frost
solch eine Gesellschaft gefordert. Ich darf Ihren sozialdemokratischen
Landesrat zitieren: „Was in der Steiermark so erfolgreich gelang, sollte auch
in Niederösterreich gelingen. Mit der Steirischen Umstrukturierungsgesellschaft
ist es in unserem Nachbarland gelungen, Unternehmen und Hunderte Arbeitsplätze,
die vom Zusperren bedroht waren, zu retten." So der Pressedienst Ihres
sozialdemokratischen niederösterreichischen Landesrates, sehr geehrte Frau
Vizebürgermeister.
Und, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, ich habe im
Zuge der Budget- und Rechnungsabschlussdebatten schon mehrmals gefragt, ob
solche Überlegungen nicht auch für Wien interessant wären. Leider habe ich von
Ihrem Vorgänger, Herrn VBgm Rieder, keine diesbezügliche Antwort bekommen.
Vielleicht könnten Sie bitte Überlegungen in diese Richtung anstellen. Die
Unterstützung der Freiheitlichen Fraktion wäre Ihnen gewiss. (Beifall bei der FPÖ.) Mangels
Eigenkapitals sind die Betriebe auf Fremdkapital angewiesen, und da kommen wir
schon zum nächsten Problem, Basel II. Auch wenn Basel II erst heuer
wirksam wird, warf Basel II schon in den letzten Jahren seine negativen
Schatten voraus. Die Banken haben bereits seit mehreren Jahren ein eigenes
Rating für Ihre Kreditvergaben geschaffen. Und was bedeutet das Rating für
diese Betriebe? Nun, nicht nur, dass sich die Kreditkosten bei schlechtem
Rating enorm erhöhen, gibt es für viele solcher Betriebe überhaupt keine
Kredite mehr. Das bedeutet Zahlungsunfähigkeit und somit Insolvenz.
Und das Rating wirft ein weiteres Problem auf, das
ich mit einem einzigen Satz darlegen kann: Eine steuerschonende Bilanz ist der
Feind für ein gutes Rating, und ich darf Ihnen das anhand eines kurzen
Beispiels aus der Praxis erzählen: Ein kleiner Apparatebau wurde vor wenigen
Jahren gegründet, und Investitionen wurden natürlich zum Teil mit Bankkrediten
finanziert. Das Unternehmen hat sich insgesamt positiv entwickelt, hat
expandiert und konnte seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Banken, et
cetera, im Wesentlichen nachkommen. Die Eigenkapitalquote ist natürlich gering.
Im Jahr 2005 könnten nun durchaus erstmals höhere Gewinne bilanziert
werden.
Nur hat das einen Haken: Entsprechende Gewinne
bewirken wohl ein höheres Eigenkapital, somit besseres Rating, aber auch
entsprechende Steuernachzahlungen, die in der derzeitigen Situation des
Unternehmens schlecht finanzierbar sind. Bilanziert der Betrieb aber
ausgeglichen, hat er zwar keine Steuernachzahlungen, aber ein schlechtes
Rating, damit höhere Zinsen und noch weitere zusätzliche Belastungen. Dieses
Unternehmen kann sich also aussuchen, aus welchem Grund es in finanzielle Nöte
kommt, durch Gewinne oder durch Basel II. Mit entsprechender Unterstützung
des Landes Wien durch Haftungen, et cetera, wie sie die Freiheitliche Fraktion
in Zusammenhang mit Basel II schon seit Jahren fordert, könnte dieser
Betrieb innerhalb weniger Jahre gut abgesichert da stehen.
So, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, können auch
Insolvenzen entstehen. Nicht, weil sich das Ergebnis des Betriebes
verschlechtert hat, sondern weil die Banken schlichtweg nicht wollen. Hier,
sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, müsste die Politik die Betriebe
entsprechend unterstützen. Sprechen Sie bitte einerseits mit den Banken,
übernehmen Sie aber andererseits auch Haftungen und gewähren Sie entsprechende
Förderungen, anstatt die Wirtschaftsförderungen weiter zu kürzen. (Beifall bei der FPÖ.)
Und wie schnell man
zahlungsunfähig werden kann, darf ich an einem weiteren Beispiel darlegen: Bei
einem meiner Klienten, einer Tabaktrafik, ist der Umsatz durch den U-Bahn-Bau
von 2,6 Millionen EUR auf 1,1 Millionen Eur pro Jahr zurückgegangen. Eine
Reduktion des Betriebsaufwandes konnte nur in geringem Umfang
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