Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 140
wie hart die Konfrontation mit der Realität ist! (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Wir sind der festen Überzeugung,
dass die gegenwärtige Schulorganisation mehr als genügend Möglichkeiten bietet,
die Kinder gut auf das Leben vorzubereiten. Die Hauptschule ist nicht
notwendigerweise schlecht, sondern die Hauptschule ist in Wien schlecht, und
der Skandal dabei ist, dass sie von Ihnen bewusst schlechtgeredet wird. Wir
haben mit Ihnen das Projekt der Kooperativen Mittelschule ausgearbeitet, und
Sie haben es ins Leere laufen lassen. Der ursprüngliche Gedanke dabei war, dass
ein Gymnasium mit einer Hauptschule oder mit mehreren Hauptschulen kooperiert,
dass man Schwerpunkte bildet, dass Profile erstellt werden und dass es einen
Lehreraustausch gibt. Was aber machen Sie? – Sie schicken einen
AHS-Turnprofessor in die Nachmittagsbetreuung! Das Ganze wird formal sozusagen
mit einem Mascherl versehen, und das soll die Kooperation zwischen einem
Gymnasium und einer Hauptschule sein!
Sie haben die innere Differenzierung in den Hauptschulen ins
Leere laufen lassen, und jetzt glauben Sie, dass wir Ihnen glauben, dass Sie
etwas für Leistung und für Bildungsstandards übrig haben! In Abwandlung des
Ausspruchs eines ehemaligen Finanzministers Ihrer Partei müsste ich jetzt
sagen: Lieber lasse ich meinen Hund auf meine Wurst aufpassen, als die SPÖ auf
Leistungs- und Bildungsstandards! (Beifall bei der ÖVP.)
Werten Sie die Hauptschulen in Wien nicht ab! Sie sind keine
Bildungssackgasse! Die Bundesländer zeigen sehr schön vor, dass die Hauptschule
in keinster Weise eine Bildungssackgasse ist. Werten Sie die Lehre nicht ab!
Verleiten Sie die Menschen nicht zu dem Glauben, dass man nur mit einer Matura
oder mit einem Studium etwas wert ist! In der aktuellen wirtschaftspolitischen
Debatte sieht man nämlich, dass Facharbeiter fehlen und dass es in manchen
Bereichen für Akademiker gar nicht so leicht ist, einen Posten zu erlangen.
„Hauptschulen aufwerten, nicht abwerten!“ müsste eigentlich der Slogan sein.
Dafür sollten Sie arbeiten! Aber das passt wahrscheinlich nicht in Ihr
ideologisches Konzept!
Frau Kollegin Jerusalem! Es geht gar nicht darum, die ÖVP zu
überzeugen. Wir haben unsere Überzeugungen. Sie müssen Eltern, Lehrer und vor
allem die Schüler überzeugen. Schauen Sie es sich doch an: Die Abstimmung mit
den Füßen findet ja jetzt schon statt! Die Anmeldungen für Privatschulen gehen
in die Höhe, die Wartelisten werden immer länger, weil man Angst um das
Bildungssystem hat. Diese Angst soll aber nicht geschürt werden, sondern die
Angst soll den Eltern genommen werden. Sonst ist es der nächste Schritt, dass
man einen Bildungsscheck verlangt, und dann kann jeder bei verschiedenen
Anbietern die beste Bildung einkaufen, die er zu bekommen glaubt. Das wäre dann
wirklich das Ende eines leistungsfähigen öffentlichen Schulsystems, zu dem auch
wir uns bekennen! Wir wollen nämlich nicht, dass die Privaten sozusagen den
Zulauf haben. Sie aber treiben die Menschen letztlich in die Privatschulen,
denn in einem öffentlichen Bildungseintopf fühlt sich niemand wohl. Seien Sie
doch zu sich selbst ehrlich! Wo schicken Sie denn Ihre Kinder hin? (GR Christian Oxonitsch: Volksschule
Herbststraße!) Es ist schon seit vielen Jahren bekannt, dass gerade Sie die
Söhne und Töchter in Eliteschulen schicken!
Meine Damen und Herren! Es gibt durchaus auch erfreuliche
Schritte: Nach vielen Jahren ist es gelungen, die SPÖ von der Notwendigkeit zu
überzeugen, dass die Sanierung der Schulgebäude eine vordringliche Aufgabe ist.
Die Problematik, dass sich die Stadt an den Bezirken abputzt, ist an dieser
Stelle schon mehrfach angesprochen worden. Prinzipiell ist das aber ein guter
Weg, und darum haben wir auch zugestimmt. Es ist nur traurig, dass in so vielen
Schulen den Kindern die Decke auf den Kopf fallen musste, bevor Sie sich
eingestanden haben, dass es mit den baulichen Gegebenheiten nicht zum Besten
bestellt ist!
Meine Damen und Herren! Der Wiener Schulentwicklungsplan ist
immer noch ausständig. Wir haben diesen schon sehr oft gefordert und meinen,
dass man es sich nicht so einfach machen kann wie im Bezirk Landstraße, wo es
in einer Anfragebeantwortung geheißen hat: Die Demographie lässt sich nicht
vorhersagen, deswegen ist es nicht möglich, einen Schulentwicklungsplan zu
machen. – Wir sind der Überzeugung, dass wir einen vernetzten
Schulentwicklungsplan zwischen dem Pflichtschulbereich und dem
Bundesschulbereich brauchen, und in diesem Sinne bringen meine Kolleginnen
Anger-Koch, Monika Riha und ich einen Resolutionsantrag ein, und wir beantragen
die sofortige Abstimmung betreffend die Erstellung eines
Schulentwicklungsplanes für Wien. (Beifall bei der ÖVP.)
Reden wir nun von den Arbeitsbedingungen an den
Pflichtschulen: Selbstverständlich muss man dem pädagogischen Personal auch die
entsprechenden Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, und es ist eigentlich
skandalös, dass in einer so gut und in manchen Bereichen fast überbürokratisch
verwalteten Stadt wie Wien gerade die Pflichtschulen kein Verwaltungspersonal
haben. Während auf Bundesebene hoch qualifizierte Polizeibeamte von
Verwaltungstätigkeiten entlastet wurden, sind Pädagoginnen und Pädagogen nach
wie vor mit immer komplizierter werdenden Formalitäten belastet. Daher fordern
wir eine adäquate büromäßige Ausstattung auch für die Wiener Pflichtschulen,
etwa ein Direktionssekretariat, das unter Umständen auch von mehreren Schulen
gemeinsam benützt werden kann. Wichtig ist jedenfalls: Lehrer und Direktoren
gehören in die Klassen und nicht an den Schreibtisch, um irgendwelche Listen
auszufüllen. (Beifall bei der ÖVP.)
In diesem Sinne bringe ich den Antrag Anger-Koch und Aigner
ein, die Pflichtschulen mit den entsprechenden administrativen Ressourcen
auszustatten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schulerfolg ist,
wie gesagt, auch von den Sprachkenntnissen abhängig. Wir haben mehrfach auch
schon die Forderung in den Raum gestellt, dass nach einem ausführlichen
Aufnahmegespräch, bei dem die Sprachkompetenz festgestellt werden kann, nicht
mehr als in etwa ein
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