Gemeinderat,
24. Sitzung vom 20.09.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 94
Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! (Große Unruhe im Saal.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Kollegin
Korun ist am Wort!
GRin Mag Alev Korun (fortsetzend): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
In Wien kann es manchmal
leider Situationen geben, wo man sich nicht sehr sicher fühlt, wenn zum
Beispiel eine Gruppe von gar nicht wenigen Neonazis und Rechtsextremen an einem
vorbeimarschieren, Parolen skandieren wie, Zitat: „Hier marschiert der
nationale Widerstand“ - Zitat Ende. Oder, wenn eine aufgebrachte Menge von
demonstrierenden Menschen, wie das zum Beispiel am 13. September, sprich,
letzte Woche, bei dieser Anti-Moschee-Kundgebung der Fall war, (GR Mag Wolfgang
Jung: Ja, es ist die aufgebrachte Menge!) wenn eine aufgebrachte Menge, als ein
kleines Moscheemodell vorgeführt wird, mit dem Slogan „anzünden“ reagiert. Und
das sind Dinge, die nicht irgendwo in der fernen weiten Welt passieren und
passiert sind, das sind Dinge, die sehr traurig machen, und die letzte Woche in
Wien passiert sind. Und da müssen wir alle ganz klar und entschieden sagen,
wehret den Anfängen. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPÖ.)
Am 13. September
wurden bei der besagten Anti-Moschee-Kundgebung übrigens auch Menschen mit
Migrationshintergrund, die in der Brigittenau in diesem Bezirk wohnen und
arbeiten, beschimpft und bedroht, (StR Johann Herzog: Und die Einwohner auch!)
und auch das ist inzwischen belegt und war auch in den Medien nachzulesen.
Das ist auch ein Teil der
Sicherheitssituation in Wien, wo man sich nicht mehr sicher fühlt, wo man sich
fragt, muss man jetzt Angst haben, auf der Straße zu stehen, wenn eine
Kundgebung stattfindet, an der Neonazis teilnehmen, die an einem vorbeilaufen
und grölen. (GR Dr Herbert Madejski: Denken sie lieber an die
Opernballdemonstrationen, wo die GRÜNEN marschiert sind!)
Zur Erinnerung, diese
Demonstration hat sich gegen ein Projekt gewendet, dass da lautet: „Aufstockung
eines Hauses, um dort einen Kindergarten und um dort Seminarräume zusätzlich zu
bauen“. (GR Dr Herbert Madejski: Das ist doch ein Schmäh!) Jetzt frage ich
mich, warum das so ein großes Problem wird, wenn es um einen Kindergarten und
um Seminarräume geht, wenn es also darum geht, mehr Bildungsangebote in dieser
Stadt zu schaffen, teilweise für muslimische Mitbürger und Mitbürgerinnen,
teilweise für andere Menschen, die in dieser Stadt leben.
Wir hatten den gesamten
Sommer über eine Bildungsdebatte, wo debattiert wurde, wie kann man Kindern mit
nichtdeutscher Muttersprache besser Deutsch beibringen. Da wurde auch überlegt,
zwangsweisen Kindergartenbesuch einzuführen. Und dann kommt es zu so einer
Demonstration! Und siehe da, es wird zur Teilnahme an so einer Demonstration
aufgefordert, eingeladen. Und man fragt sich, wie kann man gegen
Bildungseinrichtungen sein, wie kann man gegen die Errichtung eines
Kindergartens sein. Und nach dem, was auf dieser Kundgebung passiert ist und
was inzwischen ausreichend belegt ist, hoffen wir sehr, dass alle, die zur der
Teilnahme an dieser Kundgebung aufgerufen haben, inzwischen sich denken und
verstanden haben, dass es ein Fehler war, das zu tun. Es kann nämlich in
niemandes Interesse liegen, und schon gar nicht einer politischen Partei oder
Strömung, Menschen gegeneinander aufzuhetzen, Menschen gegeneinander zu
mobilisieren und so den gesellschaftlichen Frieden zu gefährden. Es gibt
offensichtlich teilweise die Versuchung, aus bestimmten negativen Stimmungen
politisches Kapital zu schlagen.
Wir Grüne lehnen das entschieden ab und wir
finden, alle vernünftigen Kräfte in dieser Stadt sollten das auch tun. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Wir sind der Meinung, wir
dürfen uns als Wiener und Wienerinnen nicht auseinanderdividieren lassen, egal,
welchen Glauben oder Nichtglauben wir haben, egal, welchen ethnischen,
kulturellen oder sprachlichen Hintergrund wir haben. Deshalb wollen wir eine
Allianz der vernünftigen Kräfte in dieser Stadt, deshalb wollen wir eine
Allianz gegen religiösen Extremismus, aber auch gegen Rechtsextremismus, gegen
Rassismus, Minderheitenfeindlichkeit und Islamophobie. (GR Dr Herbert Madejski:
Frauenrechte haben Sie vergessen!)
Und es freut uns, wenn es
zu dieser Allianz kommt. Wir haben auf jeden Fall diesen Vorschlag gemacht, und
es freut uns, dass es möglich war und möglich ist, einen gemeinsamen
Drei-Parteien-Antrag zu stellen betreffend Allianz in dieser Stadt gegen
Extremismus, gegen Rassismus und gegen Islamophobie. (GR Dr Herbert Madejski:
Wirklich, danke schön!)
Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen, unser Ziel ist das friedliche Zusammenleben und den Respekt
zueinander zu fördern und mit Leben zu erfüllen, nicht nur in unseren
politischen Aussagen, sondern auch in unserem Tun, auch in unserem politischen
Tun tagtäglich, dem Extremismus eine ganz klare Absage zu erteilen und gegen
den Rassismus, die Islamophobie und die Minderheitenfeindlichkeit ein ganz
klares Zeichen zu setzen.
In diesem Sinne bringe ich
den Beschluss- und Resolutionsantrag der Gemeinderäte und Gemeinderätinnen
Vassilakou und Korun von den Grünen,
Ulm und Wolf von der ÖVP und Schuster und Wehsely aus der SPÖ ein und bitte um
Zustimmung.
Als
noch ein Letztes, weil ich persönlich mit StR Ellensohn und mit anderen Grünen Kolleginnen und Kollegen dort
war, damit wir uns diese Demo anschauen: Es war erschreckend, muss ich sagen,
und es war mehr als bedenklich, da zuschauen zu müssen, wie Glatzköpfe, wie
Menschen in Springerstiefeln, wie Männer in HH-T-Shirts - und ich werde es
nicht sagen, was es vermutlich bedeutet, aber ich denke, das wissen fast alle
hier im Raum -, wenn die Parolen grölend vorbei marschieren und wenn die Menge
von Anzünden redet, (GR Dr Herbert Madejski: Da müssen Sie ins Rapid-Stadion
gehen!) dann könnte der soziale Frieden in dieser Stadt wirklich gefährdet
sein, und da müssen wir alle an einem Strang ziehen, da müssen natürlich alle
Vernünftigen an einem Strang ziehen. Da mache ich mir gar keine
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