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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 104 von 120

 

arbeitsmarktpolitisches Aktionsprogramm für Frauen das Gebot der Stunde. Es ist auch nicht das erste Mal, dass wir GRÜNEN das von dieser Stelle aus fordern. Es ist ungefähr – lassen Sie mich nachzählen, ich bin seit 2001 in diesem Hause – das sechste oder siebente Mal insgesamt, dass die Wiener GRÜNEN einen entsprechenden Antrag auf ein arbeitsmarktpolitisches Aktionsprogramm für Frauen zur Förderung von Vollzeitarbeit und insbesondere zur Verstärkung der Maßnahmen für so genannte atypische Beschäftigte stellen, weil es notwendig ist, weil es dringend ist, weil wir wissen, dass Frauen weniger vom statistischen Rückgang der Arbeitslosigkeit in Wien profitieren, weil wir wissen, dass die so genannte Dunkelziffer an Arbeitssuchenden – nicht an arbeitslos gemeldeten Frauen, sondern an arbeitsuchenden Frauen –, nämlich denjenigen, die eine neue oder andere Arbeitsstelle suchen und daher auch arbeitsmarktpolitischer Unterstützungen bedürfen, insbesondere bei den neuen Erwerbsformen rasant steigt, was dazu führt, dass auch die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in Wien dramatisch steigen. Wir haben auch hiezu einen neuen Beleg – Sie haben das sicher gelesen –, die Gender Gap Study, die Österreich insgesamt ein sehr schlechtes Zeugnis ausstellt, was Chancengleichheit betrifft. Wir sind insgesamt nur an 27. Stelle im internationalen Ranking, was Chancengleichheit betrifft. Leider kommen von Seiten der Bundespolitik wenig neue innovative frauenfördernde Impulse.

 

Deshalb möchten wir Sie wirklich bitten, meine Damen und Herren insbesondere von der Sozialdemokratie: Stimmen Sie heute erstmals unserem Antrag für ein arbeitsmarktpolitisches Aktionsprogramm für Frauen zu! Es ist höchste Zeit. (Beifall bei den GRÜNEN.) Es ist uns zu viel an Lippenbekenntnissen, was ich hier in der Frauenpolitik höre, zu viel Lärm um wenig und zu viel Marketing mit zu wenig realer Substanz.

 

Wir GRÜNEN bringen aber noch einen zweiten Antrag heute ein – meine Kollegin Alev Korun wird das tun –, und zwar betreffend Gender Budgeting. Sie wissen, wir unterstützen seit Jahren – seit 2005 gibt es ihn, aber wir haben ihn lange gefordert – einen Gender-Budgeting-Prozess, weil wir es sehr wichtig finden, dass Einnahmen und Ausgaben des Budgets nach den Geschlechtern aufgeschlüsselt werden, um hier Umverteilungsmaßnahmen auch auf Grund einer guten Datenlage ansetzen zu können. Es ist ein ambitioniertes Programm, das sich Wien hier vorgenommen hat. Es sind alle Bereiche und Ressorts umfasst, was international auch herausragend ist. Wir loben dieses Programm von den Grundzügen her auch immer wieder. Wir üben aber auch, seit es dieses Programm gibt, substantielle Kritik – und zwar sowohl inhaltliche als auch strukturelle – an diesem Gender-Budgeting-Prozess, weil er unserer Ansicht nach zum Teil ein Etikettenschwindel ist und den Namen Gender-Budget, also geschlechtergerechtes Budget, nicht wirklich verdient.

 

Eine unserer wesentlichen Kritikpunkte – und auf die bezieht sich auch unser heutiger Antrag – ist, dass die Vorlage keine einzige Budgetzahl enthält und auch keine Bezugsgrößen. Das muss man sich einmal vorstellen! Man legt ein Gender-Budget vor, das hauptsächlich NutzerInnenanalysen enthält, aber keine einzige Budgetzahl und keine einzige Bezugsgröße, die es uns als Opposition überhaupt möglich machen würde, die Maßnahmen, die gesetzt werden sollen, zu überprüfen oder die Relation der Maßnahmen, die gesetzt werden sollen, in einen Bezugsrahmen zu stellen: Wie viel Prozent von Maßnahmen macht denn das im Rahmen eines gesamten Budgetansatzes aus? Zum Beispiel in der MA 51-Sport wird erwähnt, dass es einen Mädchenfußball-Tag gibt und einen österreichischen Frauenlauf. Es wird aber nicht erwähnt, wie viel denn das kostet, wie viel die Mädchensportförderung im Vergleich zum Beispiel zur gesamten Sportförderung ausmacht. Das wäre aber der Sinn eines Gender-Budgeting-Prozesses, dass man auch die Relation der Mittelverteilung, der Mittelzuteilung für Frauenmaßnahmen in Relation zu anderen Maßnahmen sehen kann, nachprüfen kann und damit nachvollziehen kann. Wir stellen daher heute den Antrag:

 

„Die Frau amtsführende Stadträtin für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke möge veranlassen, dass künftig in den Wiener Gender-Budget-Berichten die einzelnen Maßnahmen mit Budgetzahlen angeführt werden und eine Relation zwischen diesen Mitteln zu den Gesamtmitteln im jeweiligen Ansatz hergestellt wird.“

 

Wir wollen diesen Antrag insbesondere deshalb stellen, weil wir fürchten, dass, wenn nicht bald qualitative Verbesserungen im Gender-Budget-Prozess vorgenommen werden, das gut ambitionierte Programm ausgehöhlt wird, damit auch die Akzeptanz insgesamt für den Prozess zurückgeht. Das wäre sehr schade, denn ich denke, es wäre wirklich schön, wenn Wien hier international führend wäre. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Feldmann. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!

 

Das Budget des Frauenressorts zeigt keine nennenswerten Fortschritte zum Voranschlag des Budgets des letzten Jahres. Das äußerst niedrig bemessene Budget wurde lediglich um 80 000 EUR auf 7,6 Millionen EUR aufgewertet. Wir wissen, dass das hinsichtlich der vielen umzusetzenden Aufgaben wirklich enttäuschend ist. Frauenhäuser nehmen einen Großteil davon in Anspruch, und auch bei denen ist es so, dass sie bereits aus allen Nähten platzen und dringend ein erhöhter Investitionsbedarf besteht. Wien hat Mehreinnahmen im Rahmen von 664 Millionen EUR. Sie widmen lediglich 80 000 EUR davon mehr der Frauenpolitik.

 

Frauen haben es in Wien zunehmend schwerer. Die Belastungspolitik hat es den Menschen in dieser Stadt schwer gemacht. Kinderreiche Familien, Alleinerzieherinnen können sich das Leben hier teilweise kaum noch leisten. Allein die Mehreinnahmen von den Parkgebühren sind rund 24 Millionen EUR, was im Verhältnis zu

 

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