Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 115 von 120
Entwicklung.", so der Herausgeber dieses Berichts, Heinz Fassmann. „Allein zwischen 2002 und 2005 verzeichnete Österreich eine Nettozuwanderung von insgesamt 243 000 ausländischen Staatsangehörigen.", weiter im Bericht.
Zwei Wochen vorher hat die Statistik Austria ihre
Bevölkerungsprognose für die kommenden Jahrzehnte vorgestellt. Auch hier kamen
die Forscher zum Schluss, dass Österreich ein Zuwanderungsland ist und eines
bleiben wird. Damit ist quasi amtlich, was wir seit Jahren sagen, weil wir
nicht die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Die sieben Jahre
Ausländer-raus-Politik der FPÖ und ÖVP haben übrigens einen Zuwanderungsrekord
gebracht, allerdings völlig ungeordnet. Sowohl die angestammte Bevölkerung als
auch die ZuwanderInnen wurden dabei völlig allein gelassen. (StR Johann Herzog:
Das stimmt doch nicht!) „Die Integrationsvereinbarung der schwarz-blauen
abgewählten Regierung ist eine Verpflichtung, die denen nichts bringt, die sie
erfüllen.", sagt der Direktor des Instituts für Demographie der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Dr Wolfgang Lutz.
Die Stadt Wien hat diese Sekkaturen nicht mitgemacht.
Ganz im Gegenteil, wir kümmern uns seit Jahren um beide Gruppen, sowohl um die
Zuwanderer als auch um die bereits anwesende Bevölkerung. (StR Johann Herzog:
Der Begriff „anwesende Bevölkerung" ist sehr gut! ) Denn es gehört unseres
Erachtens nach einiges an Leistungen dazu, damit Integration eine erfolgreiche
sein kann. (StR Johann Herzog: Nicht bodenständig oder sonst etwas, sondern
anwesend sind wir! - GR Christian Oxonitsch zu StR Johann Herzog: Was sonst?
Sind Sie abwesend? - StR Johann Herzog zu GR Christian Oxonitsch: Das natürlich
nicht! Danke, Herr Kollege, das ist Ihr Traditionsbewusstsein!) Hier geht es um
Holschuld und Bringschuld. (StR Johann Herzog: Unglaublich ist das! Das muss
man sich merken!) Als Holschuld sehen wir für ZuwanderInnen die Notwendigkeit,
sich an die gesetzlichen Normen in Wien und Österreich zu halten, auch wenn
diese ihren gewohnten Normen nicht entsprechen. (StR Johann Herzog: Als
Nächstes kommt vielleicht: „noch anwesende Bevölkerung"!) Als Bringschuld
sehen wir die Notwendigkeit der Stadt und der öffentlichen Hand, den
ZuwanderInnen die helfende Hand zuzustrecken und ihnen Angebote zu machen,
Angebote für den Spracherwerb, für die Wohnung und Arbeit zum Beispiel. Deshalb
sieht der Voranschlag für 2008 vor, dass die Sprachoffensive und die Aus- und
Weiterbildung finanziell ausgebaut werden, und zwar um fast
300 000 EUR. Das betrifft Förderung von Alphabetisierungs- und
Deutschkursen, Jugendkurse, „Mama lernt Deutsch", spezielle Kurse für
Maßnahmen und Maßnahmen für Mütter direkt an Schulen und Kindergärten,
Integrationsgutscheine für Sprache, übrigens eine Subjektförderung, Aus- und
Weiterbildungsmaßnahmen für MigrantInnen.
Sehr geehrte Damen und Herren, diese Hol- und
Bringschuld gibt es aber auch für die so genannte autochthone Bevölkerung.
Viele gesellschaftliche Bereiche benötigen ZuwanderInnen als Arbeitskräfte, als
KonsumentInnen, als SchülerInnen oder als BeitragszahlerInnen im sozialen
Sicherungssystem. Das meint übrigens auch Heinz Fassmann. Das bedeutet, wir
alle brauchen Zuwanderung, wir leben davon und Zuwanderung ist unsere Zukunft.
Weder unser Pensionssystem noch unsere Wirtschaft können ohne Zuwanderung
existieren. Nur durch Zuwanderung können wir unseren Lebensstandard
aufrechterhalten. Das heißt, wir müssen auch etwas dafür tun, denn damit die
Besten und gut Ausgebildeten zu uns kommen, müssen wir ihnen etwas anbieten.
Dies reicht von Einkommensmöglichkeiten und Wohnraum bis zu den so genannten
Soft-Kriterien, die Akzeptanz und Toleranz. Integration heißt demnach auch,
einander zu respektieren, einander zu verstehen und sich zu unseren
demokratischen Werten zu bekennen. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist die gemeinsame Basis. Dabei soll und muss
auch jeder oder jede seine oder ihre eigene Kultur leben können. Das
Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Lebensweisen, diese Vielfalt,
zeichnet Wien aus und steht traditionell für Wien. Rund 40 Prozent der
Migration nach Österreich entfällt auf die Bundeshauptstadt, ist die Prognose
der Statistik Austria. Die Bevölkerungszahl in Wien wird in 30 Jahren
wieder auf zwei Millionen steigen, wie etwa vor 100 Jahren. Während im Rest von
Österreich der Anteil und die Gesamtzahl älterer Menschen immer mehr steigt,
wird Wien die Stadt der Jugend. 2030 werden 17 Prozent der WienerInnen
Kinder bis 14 Jahre sein. Das ist der höchste Wert in Österreich. Wie
gesagt, ohne Zuwanderung sähe die Situation weit trostloser aus und Wien wäre
eine aussterbende Stadt!
Sehr geehrte Damen und Herren, das zu vermeiden,
sollte uns etwas wert sein. Im Voranschlag 2008 wurden die Ausgaben für
Integrations- und Diversitätsmaßnahmen von 7,7 Millionen EUR auf
8 Millionen EUR erhöht. Wir gehen bewährte Wege und wappnen uns für
die künftigen Aufgaben der Integration.
Das Fundament der Integrationspolitik lautet, jede
Zuwanderung braucht klare Regeln, braucht Integration und muss an begleitende
Maßnahmen gekoppelt sein. Diese Maßnahmen fußen auf mehreren Punkten. Sprache
ist eines davon. Sprache allein ist aber zu wenig, Sprache plus heißt
Integration beziehungsweise Niederlassungsbegleitung im umfassenden Sinn,
Orientierung über unsere Gesellschaft, das Leben in unserer Stadt. Es bedeutet
aber auch, die Angebote noch stärker auf die Bedürfnisse der Menschen
auszurichten, insbesondere auf jene von Frauen und Jugendlichen.
Der zweite Punkt heißt
Arbeitsmarkt. Arbeit ist der Schlüssel für soziale Sicherheit und Integration.
Durch punktgenaue Aus- und Weiterbildung sollen die Menschen dort abgeholt
werden, wo sie quasi integrationsmäßig stehen. Verbesserung der
Arbeitsmarktchancen heißt aber auch, Anrechnung von Ausbildung und
Qualifikationen bis hin zur Vermittlung, also Integration durch
raschestmögliche und bestmögliche Einbindung in den Arbeitsmarkt. Daher setzen
wir Maßnahmen wie Sprachgutscheine, muttersprachliche Berufserstberatung oder
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