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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 20.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 112

 

wird es, um die Sprachstandserhebungen in qualitativ guter und aussagekräftiger Form stattfinden zu lassen, notwendig sein, erstens ein gutes Setting zu entwickeln und zweitens einen Pool von MitarbeiterInnen zu schaffen, die die Kindergartenpädagoginnen und –pädagogen auch dabei begleiten und bei der Umsetzung der Sprachförderung unterstützen.

 

Drittens müssen die Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen für diese neuen Aufgaben der intensiven Sprachförderung geschult werden.

 

Viertens ist festzuhalten, dass es sich bei den Kindern, die Sprachförderung brauchen, sowohl um Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache als auch um Kinder mit deutscher Muttersprache handeln wird, weil das, wie Sie gesagt haben, oft Kinder aus bildungsfernen Schichten sind, die besondere Unterstützung im Kindergarten brauchen und denen der Kindergartenbesuch besonders zugute kommt. – Auch dafür stellt der Finanzminister 5 Millionen EUR zur Verfügung, von denen 37 Prozent nach Wien fließen werden.

 

Laut OECD-Bericht 2006 liegt in Wien die Betreuung der fünf- bis sechsjährigen Kinder – und da unterscheiden sich die Daten wieder einmal, aber Zahlen sind eben geduldig – nur bei 87,5 Prozent. Laut OECD-Bericht gehen nur 87,5 Prozent der Fünf- bis Sechsjährigen in Wien in den Kindergarten. Eine Studie der Arbeiterkammer spricht sogar nur von 85 Prozent. Der österreichweite Schnitt liegt jedoch bei 95 Prozent. Da haben wir in Wien eindeutig Aufholbedarf, und zwar gerade deshalb, weil vorrangig Kinder aus bildungsfernen Schichten nicht in den Kindergarten gehen und es für diese besonders wichtig ist, einen geeigneten Kindergartenplatz zur Verfügung gestellt bekommen.

 

Das Ziel sollte aus meiner Sicht unbedingt sein, dass möglichst alle Kinder in den Kindergarten gehen, zumindest das letzte Jahr beziehungsweise, besser noch, zwei Jahre. Aus diesem Grund fordern wir diesmal einen für zwei Jahre von allen Gebühren befreiten Kindergarten.

 

Für all diese neuen Maßnahmen, die neuen Plätze für die Fünf- bis Sechsjährigen und für die Kinder unter drei Jahren wird es nötig sein, neue Räume zu schaffen, einzurichten und auszustatten sowie neues Personal zu requirieren und anzustellen. Und damit sind wir beim nächsten Problem: In ganz Wien gibt es im Moment bei allen Trägern einen Personalengpass beim pädagogischen Personal. Es gibt nicht genügend Kindergartenpädagoginnen und –pädagogen. Der Grund dafür ist erstens, dass nur 20 Prozent der SchulabgängerInnen aus der fünfjährigen Ausbildung tatsächlich in den Beruf gehen – und auch dann bleiben nicht alle –, und zweitens, dass im Moment eine Offensive in Niederösterreich startet, die Kindergartenpädagoginnen und –pädagogen, die bis jetzt nach Wien gependelt sind, abzieht. Da wird es also Handlungsbedarf geben, denn sonst wird, selbst wenn wir die neuen Gruppen haben, einfach nicht genug Personal vorhanden sein, damit wir diese Gruppen auch besetzen können.

 

Gleichzeitig gibt es aber viele Menschen, die schon die Matura, eine Ausbildung oder die Berufsreifeprüfung haben, die KindergartenpädagogIn werden wollen, und da wäre es wirklich wichtig, eine Offensive zu starten, um diesen Menschen eine Möglichkeit zur Ausbildung zu geben. Ich bin noch immer voll der Hoffnung, dass wir es schaffen, die Ausbildung an der pädagogischen Hochschule anzusiedeln, und wir haben mittlerweile geklärt, dass wir diesbezüglich gar nicht uneins sind. Bezüglich der universitären Ausbildung möchte ich Ihnen widersprechen, dass die ÖVP das verhindern will: Ich habe mit dem damaligen Noch-Stadtrat Gio Hahn schon 2005 eine Pressekonferenz zu diesem Thema abgehalten, bei der wir massiv gefordert haben, dass die Ausbildung auf das Niveau der pädagogischen Hochschule gehoben werden soll.

 

All die bisher von mir aufgezählten Maßnahmen können sich aus meiner Sicht mit diesem Budgetvoranschlag nicht ausgehen. Bei Betrachtung der letzten Jahre sehe ich, dass es 2005 eine Überziehung um 11,5 Prozent gegeben hat. Darauf wurde um 7,8 Prozent erhöht. Das ist immerhin um 1 Prozent mehr, als wir jetzt erhöhen, denn jetzt erhöhen wir um 6,8 Prozent. Trotzdem ist sich das nicht ausgegangen, und es musste wieder um 8,7 Prozent mehr Geld aufgewendet werden als veranschlagt worden war. 2007 wurden nur mehr 4,9 Prozent dazugegeben, und wenn man nur ungefähr davon ausgeht, dass die Entwicklung ähnlich sein wird wie in den Jahren zuvor, dann ist schon jetzt abzusehen, dass der Kostenvoranschlag für 2008 wahrscheinlich nicht einmal den Realabschluss von 2007 deckt. Wenn wir die Investitionen, die wir brauchen, wirklich vornehmen wollen, dann kann sich das mit diesem Voranschlag nicht ausgehen!

 

Allein die Lohnerhöhungen werden einen großen Teil dieser Budgeterhöhung verschlucken. Wir wissen noch nicht, wie die Verhandlungen ausgehen werden. Sie werden sich voraussichtlich auf etwa 3 Prozent belaufen, und da kann man sich ungefähr ausrechnen, wie groß dieser Brocken sein wird. Dabei ist noch überhaupt nicht angedacht, dass es auch wichtig wäre, die derzeit bestehende Qualität und die Rahmenbedingungen, den Personalschlüssel und die Gruppengrößen zu verbessern.

 

In diesem Punkt muss ich Ihnen leider wiederum widersprechen: Sie haben recht. Wir haben in Wien tolle Öffnungszeiten. Es gibt aber Bundesländer – und Sie haben Oberösterreich angesprochen –, die nicht deshalb besser sind, weil Linz eine sozialdemokratische Stadt ist, sondern weil es dort ein neues Kindertagesheimgesetz gibt, gemäß welchem ab einem Kind unter drei Jahren bereits eine zweite Pädagogin in die Gruppe gestellt wird. Auch Salzburg hat einen besseren Personalschlüssel. Dort ist ab dem fünften Kind eine zweite Pädagogin in der Krippe. – Ich weiß, dass bei Bundesländervergleichen die Stadt einmal gewinnt und einmal verliert. Wien hat aber jedenfalls als einziges Bundesland noch immer keinen gesetzlichen Verteilungsschlüssel im Verhältnis Vorbereitung und Arbeitszeit.

 

Bildung ist ein elementares Recht. Heute ist der Tag der Kinderrechte, wie die Frau Vorsitzende vorher einleitend erwähnt hat. Und in diesem Sinn gibt es auch etwas

 

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