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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 20.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 112

 

das viele Leute einfach wegschmeißen, weil sie gar nicht erkennen, worum es da geht.

 

Ich möchte jetzt noch von Bürgerbeteiligungsverfahren und Bürgerversammlungen, die ich im letzten Jahr erlebt habe, berichten. Ich habe mir, wenn ich zu solchen Veranstaltungen gegangen bin, gedacht: Das sind Bürgerbeteiligungsverfahren, ich äußere mich dort nicht, denn ich bin politische Mandatarin, ich kann auch anderswo reden, ich schaue mir das nur an. Meist war ich dann aber bereits nach einer halben oder dreiviertel Stunde sehr wütend darüber, wie dieses ganze Setting läuft. Zum Teil hatten sich dann auch schon andere Mandatare gemeldet, sodass ich mich dann meist doch auch zu Wort gemeldet habe. Ich habe immer das Gefühl, die Leute sollen bei dieser Gelegenheit erst einmal zwei Stunden lang belabert werden – um es einmal so auszudrücken –, damit sie danach und nach einem harten Arbeitsalltag schon so müde und fertig sind, dass kein Widerstand entsteht.

 

Das letzte Mal habe ich das in Lainz erlebt. Ich bin ein wenig zu spät gekommen, habe mich aber informiert, was bisher gesagt wurde. Dort ist erst nach mehr als zwei Stunden überhaupt erwähnt worden, dass es um 1 000 neu zu errichtende Wohnungen geht. Es wurden schon Details – ganz entzückende Pläne – gezeigt, wie man die Pavillons innen umbauen kann, aber sozusagen um die „hard facts“ hat man sich so lange gedrückt, bis die Leute so müde und grantig waren, dass sie nach Hause gegangen sind. – So kann das nicht funktionieren!

 

Es gibt bei diesen Verfahren auch immer wieder Zeitdruck und natürlich ein Ungleichgewicht von Informationen und Möglichkeiten. Ich habe deswegen vor Kurzem in einer Pressekonferenz gemeinsam mit meinem Kollegen Maresch einen Bürgerbeteiligungsfonds verlangt, der ein bisschen für Chancengleichheit sorgen soll, vor allem auch bei größeren Umweltverträglichkeitsprüfungen, wo Bürgerinteressen den Interessen von großen Unternehmungen entgegenstehen und die Menschen gar nicht die Möglichkeit haben, die Kosten für Rechtsanwälte oder Gutachter zu bezahlen, die sie brauchen würden, um überhaupt gleichberechtigt daran teilnehmen zu können. Und auch ein Budget für Mediationsverfahren oder für wirkliche Bürgerbeteiligung habe ich in diesem Vorschlag nicht entdeckt.

 

Ich möchte jetzt noch ganz konkret auf ein Beispiel eingehen: Ich habe einen Antrag betreffend Augarten vorbereitet. Wir haben vor etwa einem Jahr einen Beteiligungsprozess zur Erarbeitung eines Leitbildes beschlossen. Dieser Beschluss ist einstimmig erfolgt. Es gibt aber in letzter Zeit immer wieder Gerüchte, dass möglicherweise jetzt schon Baubewilligungen erteilt werden beziehungsweise die Bundesverwaltung eine Entscheidung bezüglich Sängerknaben, Filmarchiv et cetera am Augartenspitz trifft. Deshalb habe einen Beschlussantrag vorbereitet, der da lautet:

 

„Der Wiener Gemeinderat bekennt sich zum Leitbildprozess. Es sollen keine gravierenden, bestandsverändernden Maßnahmen getroffen werden, solange der Leitbildprozess im Gange ist. Der Wiener Gemeinderat fordert daher den Bund als Grundeigentümer und die nahestehenden Bundesdienststellen auf, dem Ergebnis des Leitbildprozesses nicht vorzugreifen und keine weiteren Aktivitäten zu setzen, bevor der Leitbildprozess abgeschlossen ist.“

 

Ich glaube, es wird für Sie alle schlüssig sein, dass es sinnlos ist, sich einerseits einen Leitbildprozess zu leisten, gleichzeitig aber schon Entscheidungen zu treffen, die diesen Prozess möglicherweise konterkarieren, weshalb die Bürger zu Recht beleidigt sind. In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrages.

 

Ich möchte jetzt zu einem weiteren Thema kommen, das ich bereits angesprochen habe. Im Budget sind Ausgaben für gewisse städtebauliche Projekte ablesbar. Ganz interessant fand ich, dass beim Laaer-Berg in Klammer stand: Porr-Gründe. Öffentlich werden die Gründe unter dem Namen „Monte Laa“ verkauft. Da sieht man gut, was in Wahrheit dahintersteckt! Die Porr hat da eine gute Verwertung ihrer Gründe bekommen. In Anbetracht dessen ist es auch kein Wunder, dass es dort keinen U-Bahn-Anschluss gibt, das war dann nicht so wichtig.

 

Für den Straßenbau hat man 709 000 EUR vorgesehen, für einen Park 76 000 EUR. Leider ist dieses Verhältnis eher üblich, und ich meine, das ist sehr schade. Wenn man sich im Vergleich dazu die Großzügigkeit des sozialen Wien der 30er Jahre und die Parkflächen anschaut, die man sich damals geleistet hat, dann stellt man fest, wie erbärmlich das jetzt ist, und das noch dazu gerade in einem Gebiet, das man groß als kinder- und jugendfreundlich beworben hat.

 

Ein anderes Beispiel ist das Nordbahnhof-Gelände. Man hat sich entschlossen, dort den größten Park seit den 70er Jahren zu planen und neu zu widmen. Dafür gibt man auch gutes Geld aus, da ist das Verhältnis zum Straßenbau anders, was sehr positiv ist. Traurig ist nur, dass das seit den 70er Jahren der größte Park ist, der in Wien neu geschaffen wird. Ich denke, wir sollten da weitere Beispiele folgen lassen. Die vielen Stadtentwicklungsprojekte, die jetzt anstehen, würden gute Gelegenheiten dafür bieten.

 

Noch etwas zu dem Stadtentwicklungsgebiet: Wir hatten eine Diskussion über dieses Schulbauprojekt im Public-Private-Partnership-Modell und haben uns darauf geeinigt, einen Architekturwettbewerb durchzuführen. Wie ich erfahren habe, sind aber die Ausschreibungskriterien ziemlich restriktiv formuliert worden. Kleinere bis mittelgroße Büros – ich spreche jetzt gar nicht nur von den ganz kleinen Büros, sondern von den mittelgroßen – können da gar nicht teilnehmen, weil die ökonomischen Kriterien so hart sind, dass wirklich nur die größten Büros mitmachen können.

 

Deshalb habe ich, wie Herr Madejski schon angesprochen hat, einen Beschluss- und Resolutionsantrag vorbereitet, in dem es darum geht, kleine Büros zu fördern. Ich habe bewusst das Wort „jung“ möglichst vermieden, weil die meisten Architekten auch schon über 40 sind. „Jung“ ist halt ein dehnbarer Begriff! Prinzipiell

 

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