Gemeinderat,
27. Sitzung vom 21.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 58
kann ich aber kurz zu meinen VorrednerInnen etwas sagen und etwas zur Begründung des Antrages einbringen.
Zur Kollegin Matiasek, der
ich im Großen und Ganzen zustimme, muss ich sagen: Das haben Sie nicht so
deutlich dazugesagt, daher sage ich es dazu. Sie haben nur einen kleinen Teil
erwähnt, Sie haben auf kulturelle Unterschiede und auf Konflikte zwischen
Inländern und zwischen Inländern und Ausländern hingewiesen. Es kommt aber in
allen Schichten vor, das wissen wir ja. Es kommt im Akademiker- wie im
Arbeiterhaushalt, es kommt bei Dicken und Dünnen, Jungen und Alten, Armen und
Reichen, also in allen Schichten vor. Daher ist das Problem ein Problem, das
uns alle angeht. Man sollte nicht einen Teil herausnehmen und sagen, da ist es
besondern virulent. Männliche Gewalt kommt vor, ist abzulehnen, und daher gibt
es ja auch den Antrag.
Zum StR Ellensohn noch eine
Ergänzung: Ja, er hat recht, jede fünfte Frau ist betroffen. Es ist übrigens
auch so, dass man rein statistisch gesehen daher sagen muss: Der gefährlichste
Ort ist das eigene Heim, zu Hause, also nicht die so genannten Angsträume, da
sind Frauen relativ sicher statistisch. Aber kaum bist du zu Hause, ist die
Chance, dass dich Gewalt erreicht, sozusagen am höchsten. Dagegen einmal
vorzugehen, ist natürlich eine Sache, die auch in den Köpfen beginnen muss,
weil es da klassisch um Privaträume geht. Ich unterstütze auch – und das wollte
auch Frau StRin Frauenberger und selbst ihre Vorgängerinnen –, dass das aus dem
Frauenbudget nicht bezahlt wird. Sie hat auch extra darauf hingewiesen;
zumindest verbindet uns das. Das war von mir auch nie angedacht, und das aus
guten, nämlich frauenpolitisch guten Gründen.
Zur Kollegin Feldmann:
White Ribbon ist ja an den Schulen. Gerade die „16 Tage" sind ein
guter Grund, aber sie sind auch zwischendurch immer wieder eingeladen, wenn es
Projekte gibt, wo es um Gewalt geht. Da gibt es auch Ausstellungen, sie haben
eine eigene Form der Präsentation. Sie können eine ganze Stunde oder ein ganzes
Projekt auch betreuen, wenn man sich mit ihnen zusammenredet. Sie sind momentan
ausgebucht. Ihre Kapazität ist während der „16 Tage" ausgebucht. Wenn
es aber nicht so aktuell ist, haben sie natürlich freie Kapazität. Das kann ich
nur unterstreichen. Da soll man es auch nützen, und nicht nur tragen. Wir sind
ja hoffentlich überzeugt, es ist auch gut, wenn sie an die Schulen kommen.
Wichtig ist das
gesellschaftliche Klima, keine Toleranz für Gewalt, insbesondere für Gewalt von
Männern an Frauen, die wir ablehnen. White Ribbon ist eben das Zeichen der
Männer, die sich dafür aussprechen und ein Zeichen geben wollen. Viele
Gemeinderäte tragen heute aus diesem Grund dieses Zeichen. Ich glaube, das ist
ein positives und ein ermutigendes Zeichen, wie auch schon darauf hingewiesen
wurde, dass ja beim Anti-Stalking-Gesetz ebenfalls ein Vier-Parteien-Antrag
sozusagen Auslöser war, der auch einiges rein statistisch und nachweislich
bewegt hat.
Was geschieht jetzt in Wien
wirklich, auch was Männerarbeit betrifft, um auch darauf ein bisschen
einzugehen, obwohl wir eine breite Palette auch direkt für Frauen anbieten, wie
den 24-Stunden-Notruf und die Förderung von Opferschutzvereinen? Dass
Männerarbeit notwendig ist, zeigen ja die Zahlen, die ich zuerst genannt haben:
von Übergriffen, Gewalt, Wegweisungen und Betretungsverboten. Aber es geht ja
bei der Arbeit nicht darum, die Gefühle wie Wut, Trauer, Ärger nicht
zuzulassen, die in Beziehungen vorkommen, sondern es geht darum, sie ohne
Gewalt auszuleben. Das heißt, das nicht wegzuspalten, denn das würde vermutlich
nicht funktionieren, sondern die Frage zu stellen: Wie kann ich mit ihnen leben
und sie auch entsprechend ohne Gewalt ausleben? Oder: Wie kann ich Angst
nehmen? Angst ist ja ebenfalls oft ein Grund, so absurd das im ersten Moment
klingt, wieso Gewalt vorkommt.
Da gilt es auf
verschiedenen Ebenen anzusetzen, die es bei uns gibt. Das eine ist der Verein
NEUSTART, der im wahrsten Sinn des Wortes Täterarbeit macht, weil er mit vielen
arbeitet, die wegen Gewaltdelikten verurteilt wurden und dann Bewährungshilfe
und Bewährung bekommen, oder es wird nach ihren Entlassungen mit ihnen
gearbeitet, um bei diesen Personen soziale Integration zu ermöglichen,
Neuverurteilungen zu entgehen.
Besser natürlich als diese
eigentliche Täterarbeit ist die Prävention, wenn Männer erkennen, dass Gewalt
nicht die Lösung, sondern das Problem ist, denn Liebe, Zuneigung, um die es ja
in vielen Beziehungssachen auch geht, ist natürlich nicht erprügelbar. Daher
gibt es immer mehr Männern, die auch ihre eigenen Handlungsweisen durchaus
kritisch hinterfragen und ihre Sichtweisen ändern wollen. Es hat ja auch keinen
Sinn, ständig aggressiv und angespannt zu sein. Wer das 90 Prozent der
Zeit ist, hat es zumindest einmal schwer, selbst wenn er es nie ausleben würde.
Daher kann man da bei der Männerberatung sowohl bei der Veränderung der
Sichtweisen arbeiten – mit Entspannung, Sport –, als auch natürlich mit einer
Möglichkeit, ohne Gewalt auch vorkommende Aggressionen auszuleben. Und diese
Prozesse, die hier angeboten werden, gehen von einfachen Verhaltenstipps bis zu
therapeutischen Prozessen. Hier leistet White Ribbon, glaube ich, gemeinsam mit
der Männerberatung eine sehr gute Arbeit. – Und das mit den Schulen ist ja
schon angesprochen worden.
Am besten ist natürlich, wenn man mit der Jugend arbeitet. Die Schulen
wurden erwähnt, aber auch der Verein Wiener Jugendzentren – diesen möchte ich
jetzt erwähnen – leistet in allen unseren Zentren Burschenarbeit. Neben dem
Mädchentag, wo es einen eigenen Tag gibt, gibt es in allen Zentren
Burschenarbeit, wo Männer, Burschen, junge Männer gemeinsam an ihren
Männlichkeitsrollen, an ihren Rollenbildern arbeiten können oder müssen. Dabei
geht es vor allem auch um ein stabiles Selbstbewusstsein, denn dann lassen sich
Konflikte auch besser lösen. Es geht um Männeridentität ohne Gewalt, ohne die
Bedürfnisse und Gefühle in gut und schlecht einzuteilen, noch dazu, wo die
Bilder, wie ein Mann wirklich funktionieren sollte, vielschichtiger,
vielseitiger geworden sind. Echte und neue Männer stehen sich da oft
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