«  1  »

 

Gemeinderat, 30. Sitzung vom 24.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 95

 

fälschlich sagen - Netzbetten, nein, sondern gegen Gitterbetten, Herr Kollege Ellensohn. (GRin Dr Sigrid Pilz: Beide!) Und da ist ein Unterschied zwischen Netzbetten und Gitterbetten! Daher ist Ihre Darstellung auch nicht richtig. (Beifall von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten der SPÖ. - GRin Dr Sigrid Pilz: Beide! Netzbetten und Gitterbetten!)

 

Es wurde hier das Wagner-Jauregg-Krankenhaus zitiert und behauptet, dort sei eine viel bessere Psychiatrie. - Sie müssen aber wissen, das Wagner-Jauregg ist eine geschlossene Anstalt, und wir wollen in Wien keine geschlossene Anstalt! Darum geht es uns, und Sie werden es sehen, wenn Sie zum Beispiel in den Pavillon 10 hineingehen: Dort sind die Angehörigen und Patienten ganz verwundert, weil dort die Türe nicht zugesperrt ist, weil man dort nicht eingesperrt ist. - Das hat nämlich einen diagnostischen Faktor, dass man dort nicht eingesperrt ist, sondern dass das nur in Akutfällen der Fall ist.

 

Was ist ein Akutfall, Frau GRin Pilz? - Ein Akutfall liegt vor, wenn ein Patient tobend gegen die Tür rennt, sich den Kopf blutig schlägt, wenn also Patienten sich selbst entsprechend verstümmeln und auch anderen etwas antun. Dann geht man her und beginnt eben, diesen Patienten zum Zweck des Schutzes in ein Netzbett zu geben. Diese Handlungen werden in Fachkreisen als positiv, aber auch als negativ gesehen - das ist also eine Frage, die unterschiedlich gesehen wird.

 

Wenn du, Kollegin Pilz, dich hier herstellst und ein Bild von einer Fixierung zeigst, dann sagen wir, die Fixierung ist nicht so gut (GRin Dr Sigrid Pilz: Die gibt es auch! Im Otto-Wagner-Spital wird ja fixiert!), es ist das Netzbett noch besser. (GRin Dr Sigrid Pilz: Es wird ja fixiert!) – Nun, wofür seid ihr denn? Das ist genau die Frage in dieser Debatte: Wofür seid ihr? (GRin Dr Sigrid Pilz: Für das gelindeste Mittel!) Genau, das gelindeste Mittel! - Zeig hier ein Foto, wenn jemand in einem akut psychotischen Zustand gegen die Tür läuft und sich den Kopf blutig schlägt! Zeig ein Foto, wie dieser dann aussieht, wenn er mit dem Kopf gegen die Tür läuft! - Genau das ist das Thema: Es muss „gelinde sein", sagt ihr. Holt euch doch die Fakten vor Ort! Geht direkt hin und schaut euch das einmal an, bevor ihr hier irgendetwas verzapft! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Einen Unterschied, den ich auch noch klarstellen muss – es geht hier um etwas, was in einer Tour total verwechselt wird. Einige Kollegen kennen den Unterschied aber sehr gut, weil wir mit der Strafvollzugskommission, mit der Kollegin von der ÖVP, aber auch der Kollegin von der SPÖ auf der Forensik kontrollierend unterwegs sind. Das heißt, wir sind am Pavillon 23 alljährlich kontrollierend unterwegs und schauen uns die Situation und die Lage der MitarbeiterInnen, der Ärzte, der PatientInnen an. Wir schauen uns die räumlichen Gegebenheiten an, wir schauen uns die Netzbetten an, und wir schauen uns die Kontrolle der Patienten, wie damit umgegangen wird, an.

 

Es ist ein Unterschied zwischen einer Psychiatrie und einer Forensik - das ist das Nächste. Kennen Sie den Unterschied zwischen einer Psychiatrie und einer Forensik? Es ist nämlich jener: Auf der Forensik sind die Patienten bereits als unzurechnungsfähig für eine Tathandlung verurteilt. Das bedeutet - nicht, so wie Kollege Ellensohn sagt, es sei so dramatisch und die könnten nicht verurteilt werden, sondern: die sind bereits verurteilt, nämlich für unzurechnungsfähig erklärt. Dass sie für eine weitere Tat an den MitarbeiterInnen nicht mehr verurteilt werden, ist eine bundesgesetzliche Maßnahme. Diesbezüglich kann man mit der Frau Ministerin diskutieren, ob man sich eine Gesetzesänderung einfallen lassen kann. – Punkt 1.

 

Punkt 2: Für die Forensik ist die Bundesministerin zuständig. Das heißt, sie ist auch zuständig, wenn es darum geht, dort Verbesserungen anzubringen, welche auch notwendig sind, weil die Strafvollzugskommission auch dementsprechend Berichte legt - und nicht, weil „Danke, Sigrid!", sondern weil es auch andere Kommissionen gibt. Deshalb werden dort Verbesserungen auch gemacht werden.

 

Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Die Gesundheitspolitik der Stadt Wien steht im Ranking an vierter Stelle. - Und da wird schlecht gesprochen, von einem Desaster, von Skandalen und sonstige Zuständen?!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wollen konstruktiv Maßnahmen setzen für die Psychiatrie, die psychische Versorgung - und das muss man eben immer wieder unterscheiden: ob es um Akutfälle geht, ob es um die Forensik geht, ob es um psychiatrische Fälle oder um psychologische Fälle geht. Ich bin der Meinung, dass das eben nicht alle unterscheiden können, und darin liegt auch das Problem.

 

Wenn es darum geht, dass wir in Wien eine gute psychiatrische Versorgung haben wollen, dann müssen wir gemeinsam mit den Fachleuten Maßnahmen setzen. Das wird gemacht, dahinter stehen wir, und es wird auch in Zukunft weiter so sein, dass wir uns zuerst fachlich informieren, nicht skandalisieren, dementsprechend Kontrollen und Evaluierungen abwarten, um hier stehen zu können und zu wissen, wovon wir sprechen. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr StR Ellensohn hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zum Wort gemeldet. – Bitte schön.

 

StR David Ellensohn: Tatsächliche Berichtigung zum Bereich Netzbett/Gitterbett - kleine Verwirrung. Ich könnte jetzt sogar den Originaltext verlesen - aber das ist nicht üblich, weil der in Englisch gehalten ist - betreffend die Frage, was denn abgeschafft werden soll.

 

1999 sagt das Anti-Folter-Komitee des Europarates, dass man in Österreich die Netzbetten und Gitterbetten abschaffen soll.

 

2005 wird Österreich in einem weiteren Bericht verwarnt, und das Zitat lautet in der Übersetzung: „Die Verwendung von Netzbetten und Gitterbetten in allen Einrichtungen, in denen sie üblichen waren, ist einzustellen."

 

Das ist der Wunsch des Anti-Folter-Komitees des Europarates im Jahr 2005, und dafür hat es die Verwarnung

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular