Gemeinderat,
33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 89
meist in sehr frühen Jahren, und damit ist hier sozusagen der Bogen gespannt beziehungsweise der Zusammenhang sichtbar: Wenn ein Kind etwa Gewalt durch einen prügelnden Vater erfahren musste und eine Frau mit ihren Kindern in einem Frauenhaus untergebracht werden muss, dann ist es kein weiter Weg bis zur eigene negativen – unter Anführungszeichen – Karriere als Krimineller oder Kriminelle.
Auch wenn das von Ihrer
Seite gerne abgesprochen wird, möchte ich doch betonen, dass selbstverständlich
auch durch die Zuwanderung und durch eine Integrationspolitik, die in weiten
Bereichen, wie wir meinen, verfehlt ist, das Problem entsteht, dass es zu einer
ganz speziellen Art von Brutalität und von gewalttätigen Auseinandersetzungen
vor allem unter Jugendlichen und innerhalb unterschiedlicher Gruppen von
Jugendlichen kommt. Das hat sehr viel mit einem überholten Rollenbild der
Männer zu tun, das selbstverständlich aus anderen Kulturkreisen hierher
gebracht wurde. Und die Integrationspolitik setzt immer wieder dort an, dass
zwar die Frauen, die Opfer dieser Gewalt wurden, betreut werden, was richtig
und wichtig ist, Sie setzten aber nie bei den Männern, also bei den Tätern, an!
Das fehlt mir wirklich, und das wiederhole ich jetzt schon fast
gebetsmühlenartig!
Das war auch in anderen
Bereichen so. Ich kann mich noch erinnern, dass wir, beziehungsweise diesfalls
insbesondere ich, fast ausgelacht wurden, als wir beziehungsweise ich eine
verstärkte Form der Männerbetreuung verlangt haben. Dazu stehe ich heute noch!
Und heute kommt man ja nach und nach drauf, dass das sehr wichtig ist, weil
nämlich die Probleme, die viele Frauen betreffen, die Probleme von Söhnen und
Partnern sind, die dann übertragen werden.
Es ist sicherlich nicht
angenehm, in diese extrem patriarchalischen Strukturen einzugreifen, sich an
die Männer zu wenden und ihnen zu vermitteln, dass wir hier ein anderes
Wertesystem und andere gesellschaftliche Normen haben als in den Ländern, aus
denen sie stammen. Und das ist nicht gelungen! Die Wertesysteme pflanzen sich
zuzusagen vom Großvater auf den Vater und auf die Söhne fort. Wir haben hier
heute viele Jugendliche in dritter Generation, die nicht wissen, welche Normen
es in diesem Lande gibt, und die bis heute in keiner Weise angenommen haben,
dass es hier selbstverständlich eine Gleichwertigkeit der Geschlechter gibt.
Sie wissen anscheinend nicht, dass es in Wien oder in Österreich oder natürlich
auch in Deutschland nicht üblich ist, die Schwester zu rächen, weil sie sich
erfrecht hat, mit irgendeinem Burschen, der ihnen vielleicht nicht zu Gesichte
steht, Kontakt zu halten.
Auf diesem Gebiet muss
noch viel mehr gemacht werden. Das ist sicherlich eine riesige und mühvolle
Aufgabe, es wird aber nicht ohne diese Arbeit gehen, dass man nämlich vor allem
den Männern vermittelt, dass hier andere gesellschaftliche Normen, aber auch
ein anderes Recht herrschen. Sie müssen begreifen, dass nicht mit zweierlei
Rechten gemessen werden kann, sondern dass bei uns nur das hier gültige Recht
hinsichtlich der verschiedenen Ausformungen von Gewalt ausschlaggebend ist. Es
geht nicht an, dass viele Frauen als Opfer von Gewalt in
Betreuungseinrichtungen kommen, weil ein – unter Anführungszeichen –
Patriarch einer Familie glaubt, diktieren zu können, ob eine Frau Geld
verdienen darf, ob sie etwas lernen darf oder ob sie überhaupt aus dem Haus
gehen darf. Ich glaube, da muss man ansetzen. Das vermisse ich aber. Ich muss
leider feststellen, dass wir als Antwort immer wieder Schlagwortkataloge
bekommen, Herr Kollege Stürzenbecher, jedoch jeglicher Ansatz fehlt, konkret
einzugreifen und konkrete Maßnahmen zu setzen.
Es ist immer so ein „sollte,
müsste, könnte", aber konkrete Maßnahmen werden niemals angesprochen.
Es ist ein Faktor, wir haben im Bereich der Gewalt
neue Ausformungen, eine traurige Entwicklung und eine Entwicklung, die alle
betrifft, vor allem die, die einmal damit sozusagen in Beziehung gekommen sind.
Wenn man ganz speziell auf die Jugendlichen zurückgreift, so vergeht fast keine
Diskussion mit Bürgern – oft geht es um ganz andere Sachen –, bei der man nicht
dann zu diesem Thema kommt, und es ist zunehmend so, dass besorgte Eltern
sagen, ich traue mich mein Kind ganz einfach nicht mehr loszulassen. Das
Interessante ist – ich bin jetzt 50 Jahre alt –, in meiner Jugend waren es
die besorgten Eltern von Mädchen, die geschaut haben, dass die Kinder nicht zu
spät unterwegs sind, und die Angst gehabt haben, dass die Tochter auch wieder
gut nach Hause kommt. Das ist ja heute nicht mehr so. Heute hat sich der Spieß
fast umgedreht, und man muss heute vor allem auch um Buben Angst haben. Bei
16-, 17-Jährigen – und das sind nun einmal keine kleinen Kinder mehr – ist es
normal, dass sie einmal ausgehen und dass sie mit Freunden unterwegs sind, und
da muss man heute Angst haben. Viele Eltern sagen, bitte, ich bin einfach nicht
bereit, die Überlegung anzustellen, für meinen 16-jährigen Sohn ein Taxi zu
bezahlen – was ja auch vollkommen normal ist –, aber damit ich ein ruhiges
Gewissen habe, müsste ich es fast tun.
Wenn man die Szene am Schwedenplatz anschaut: Wie
lange hat es gedauert, wie lange hat man geschlafen, wie viele Jugendliche sind
dort verprügelt worden? Das waren die typischen Fälle. Wegen etwa eines Handys
oder wegen ein paar Euro – damals, als es begonnen hat, waren es sogar noch
Schilling –, wegen Zigaretten sind dort wirklich dramatische Vorkommnisse
gewesen.
Ich habe das selber im eigenen Bekanntenkreis
miterlebt, wo man einem jungen Burschen in die Kehle getreten hat – auch so ein
klassischer Handy-Raub –, der bis heute massive Schwierigkeiten hat und dessen
ganze Lebensplanung über den Haufen geworfen wurde, weil er eben Opfer einer
kriminellen Handlung dort geworden ist.
Lange hat es gedauert mit dieser
fast phobieartigen Angst vor einer Videoüberwachung. Es ist klar, dass es auf
jeden Fall ein gutes abschreckendes Instrument ist – das alleine ist schon
einmal wichtig –, und wir werden uns mit Sicherheit nicht wegen vorgeschützter
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