Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 91
Richtung sich das eine oder andere bewegt, nein, der Herr Landesgeschäftsführer und zukünftige Landtagspräsident.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Freundschaftsverhältnisse sind nicht das richtige Kriterium für inhaltliche
Entscheidungen über die Veränderungen von Kulturinstitutionen. Das sollte auch
die SPÖ mittlerweile gemerkt haben. Dort, wo sie es getan hat, zum Beispiel bei
Karl Welunschek im Rabenhof, hatte das, vorsichtig gesagt, desaströse
Konsequenzen. Dort, wo sie es mit Adi Hirschal tut, gibt es einen Sturm des
Protests, und dort, wo sie den Operettensommer, eine Sub-Tochter ihrer eigenen
Unternehmungen, finanzieren, finden das die Leute in dieser Stadt auch nicht
lustig.
Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Vorgangsweise
ist ungustiös, und wir lehnen sie zutiefst ab.
Ähnliches gilt für die von mir schon erwähnte
Gewista-Tochter Kultur:plakat.
Mein Kollege Marco Schreuder hat in den letzten Monaten hier mit sehr viel
Kraft und Energie gezeigt und aufzuzeigen versucht, wie hier scheibchenweise
der freien Szene das Wichtigste, was sie an Öffentlichkeit hat, weggenommen
wird. Wenn man nicht über 16-Bogen-Plakate und das Geld für 16-Bogen-Plakate
verfügt, wenn man nicht die City Lights hinten, vorne und rundherum bekleben
kann, dann braucht man jeden Ort der freien Meinungsäußerung, den es bisher in
dieser Stadt gegeben hat, das freie Plakatieren.
Mit einem Schlag ist das vorbei. Und wer verdient
daran? Der Herr Sopper und die SPÖ, denn die ist indirekt auch an diesem
Unternehmen beteiligt. (GR Heinz Hufnagl: Und die große Mehrheit der
Plakatierer trägt das mit!) Die große Mehrzahl jener Plakatierer, von denen
Sie behaupten, dass sie es mittragen, sind die Plakatierer, die mit Herrn
Sopper in den letzten Jahren plakatiert haben. Das ist weder die große Mehrzahl
noch ist es die Gesamtzahl. Und, ja, der Herr Sopper profitiert davon. Das
haben Sie gerade bestätigt.
Die Art und Weise, wie hier vorgegangen wird,
bedeutet das Ende von Sichtbarkeit für ganz viele Institutionen in dieser
Stadt. Wo sind sie denn die Ankündigungsplakate für das Schauspielhaus Wien? Wo
sind die Ankündigungsplakate für Veranstaltungen der Stadt Wien, die einladen
zu den Veranstaltungen des Gratisbuches? Die sind weg. Wo sind die Einladungen
zu vielen, vielen kleinen Initiativen? Sie sind nicht mehr sichtbar. Sie können
es sich nicht mehr leisten.
Und was bedeutet das? Das bedeutet die zunehmende
Monopolisierung und Verengung dessen, was in dieser Stadt Kultur bedeutet. Und
anstatt dass die SPÖ das erkennt und sagt, okay, vielleicht war das keine so
wahnsinnig gute Idee, vielleicht machen wir da einen Fehler, überlegen wir uns
doch, wie wir nach dem Modell von Salzburg vorgehen, wo es freie Flächen gibt,
die, von der Stadt verwaltet, Kulturinitiativen zur Verfügung gestellt werden,
streitet sie jede Verantwortung für diese zentrale Frage ab. Und dann wundern
wir uns, sehr verehrte Damen und Herren, warum die kleinen Kulturinitiativen
weniger Publikum haben als andere. Das ist doch wirklich komisch! Sollen die
doch ein paar Flyer machen, sollen die doch ein paar Plakate drucken! Das ist
doch wirklich seltsam! Warum gehen da weniger Leute hin?
Sehr verehrte Damen und Herren! Sie sind schuld
daran, Sie, die Sie die Mehrheit in diesem Gemeinderat haben.
Und weil wir das alles nicht zulassen wollen und weil
wir uns darüber ärgern, werden wir auch nicht aufhören, dafür zu kämpfen, dass
in der Szene Wien die bisherige Geschäftsführung wieder eingesetzt wird und
dass es im Bereich der Kulturplakate endlich wieder die Möglichkeit gibt,
Sichtbarkeit herzustellen für Kulturinitiativen in dieser Stadt. (Beifall
bei den GRÜNEN.) Deshalb stellen wir folgende zwei Beschluss- und
Resolutionsanträge.
„Der Bürgermeister der Stadt Wien möge auf die
Verantwortlichen für die Neubesetzung der Szene Wien innerhalb der Wien Holding
und der Wiener Stadthalle – Betriebs- und Veranstaltungs- GesmbH einwirken, um
das Team der Szene Wien in seiner bisherigen Form weiterarbeiten zu lassen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung dieses Antrages.“ (Beifall bei den GRÜNEN.)
Den zweiten Antrag haben wir schon mehrmals
eingebracht, und vielleicht ist es ja so, dass die SPÖ heute den Weisheitstrunk
getrunken hat und dem zustimmen wird.
„Der Wiener Gemeinderat fordert den Stadtrat für
Kultur und Wissenschaft Dr Andreas Mailath-Pokorny sowie den Stadtrat für Stadtentwicklung und Verkehr Dipl-Ing
Rudolf Schicker auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Folgendes zu
erreichen: Die Schaffung ausreichender, kostenloser und freier Flächen zur
Plakatierung für mittlere und kleinere Kulturinitiativen; eine transparente
Vergabe freier und öffentlicher Flächen für Werbeplakate im öffentlichen Raum,
die für alle MarktteilnehmerInnen einen fairen Zugang zum Markt sicherstellt;
eine Einberufung eines Runden Tisches der Stadt Wien zur Beseitigung der
aktuellen Situation, die sowohl Arbeitsplätze gefährdet als auch die Existenz
von Unternehmen gefährdet. An diesem Runden Tisch soll eine legale Lösung für
Ankündigungen im öffentlichen Raum erzielt werden. Zu diesem Runden Tisch
sollen VertreterInnen der betroffenen Kulturinitiativen – unter anderem der IG
Kultur, der IG Freie Theater et cetera –, der DienstleisterInnen – unter
anderem Verein Freies Plakat –, VertreterInnen der Fachgruppe Werbung und
Marktkommunikation der Wiener Wirtschaftskammer sowie alle relevanten
EntscheidungsträgerInnen der Gemeinde Wien eingeladen werden; die Demontage der
in Wien montierten Halbschalen, bis eine Lösung für oben genannte Punkte
gefunden wurde.
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung.“ (Beifall bei den GRÜNEN.)
Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Denken Sie
nach, was Sie hier tun! Denken Sie gut darüber nach! Es lohnt sich. – Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Frau GRin Feldmann. Ich erteile es ihr.
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