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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 126

 

Zusammenhang zweifellos, was mit den öffentlichen Mitteln geschieht, wofür und wie sie vergeben werden und wie die Verwendung der Mittel kontrolliert wird. Das sind die eigentlich entscheidenden Fragen, wenn man über öffentliche Mittel, also über Steuergelder, zu entscheiden hat.

 

Wofür diese Mittel vergeben werden, ist im Lichte des Rechnungsabschlusses 2007 ganz einfach zu sagen: Für die Verwaltung der Wiener Subventionsnehmer, und zwar je nach Rechnung. Man kann verschiedene Rechnungen anstellen. Wir sehen, dass 60 bis 80 Prozent der Fördermittel einfach durchgereicht werden. Die Mittel sind bei der Budgeterstellung schon vergeben, und da besteht offenbar keinerlei Möglichkeit einzugreifen. Die bekannten Großsubventionsnehmer, von den Vereinigten Bühnen Wien über die Symphoniker bis zum Volkstheater, bekommen ihr Geld, und der Rest wird dann auch noch irgendwie verteilt.

 

Das Volkstheater ist ein sehr gutes Beispiel für die in Wien geübte Förderpraxis. Am 20. September 2007 hat der Gemeinderat einen Beschluss gefasst, dass das Volkstheater für das Budgetjahr 2008 im Rahmen einer Dreijahresförderung 5,7 Millionen EUR zu bekommen hat. Am 10. Juni 2008, also wenige Monate danach, wurde dem Kulturausschuss ein Antrag vorgelegt, dem die Mehrheitsfraktion naturgemäß zugestimmt hat, dass eine weitere Betriebssubvention von 312 000 EUR für 2008 notwendig sei. Auf unsere Frage, wie es dazu kommen kann, dass das soeben beschlossene Budget schon wenige Monate später wieder nicht ausreicht, hat es geheißen. dass man sich die Notwendigkeit der Finanzierungsmittel anschauen und extern überprüfen lassen werde, dass es jetzt aber notwendig sei, einmal in die Tasche zu greifen und dem Volkstheater Geld zu geben.

 

Der kaufmännische Direktor Stöphl weiß offenbar, wie man zu Subventionen kommt! Vielleicht wäre es einmal ganz gut, wenn er sich mit anderen überlegen würde, wie man zu Mitteln kommt, die vielleicht nicht nur die öffentliche Hand aufzubringen hat. Vielleicht bestünde auch die Möglichkeit, einmal mit Sponsoren zu verhandeln! Vielleicht könnte der rote Stern auf dem Dach, der ja an sich ein verschwitzter Maturantenspaß ist, dazu führen, dass San Pellegrino, der Mineralwasserhersteller, als Subventionsgeber oder als Sponsor einspringt, dann hätte das Ganze wenigstens einen Sinn!

 

Der Rechnungshof hat Kritik am Volkstheater geübt und gesagt, dass es keine rechtzeitige Budgeterstellung gibt. Außerdem habe es Mehrkosten durch eine Doppelbesetzung der kaufmännischen Direktion gegeben, und es seien hohe Beamte des Kulturamtes in den Volkstheatergremien in Doppel- und Dreifachfunktionen tätig. Darauf hat man entgegnet, dass man das bei Gelegenheit ändern werde, derzeit sei es aber eben so. – In Anbetracht dessen frage ich: Wie soll hier effektiv kontrolliert und darauf geschaut werden, dass die Mittel sparsam verwendet werden? Das ist offenbar egal, denn es wird ja gezahlt!

 

Ein ähnlicher Befund liegt – wie von Marie Ringler schon angesprochen wurde – beim Kontrollamtsbericht über die Vereinigten Bühnen Wiens vor. Auch dort gab es vernichtend getrickste Budgets, Quersubventionen sowie nicht nachvollziehbare Finanzströme.

 

Ich bringe nur ein Zitat, das die gesamte Problematik der Wiener Kulturpolitik auf den Punkt bringt, und zwar aus dem offiziellen Kontrollamtsbericht: „Durch die Umwandlung des Theaters an der Wien in ein Opernhaus erhöhte sich der jährliche Subventionsbedarf der Vereinigten Bühnen Wien von 18,92 Millionen EUR auf derzeit 40 Millionen EUR. Im Theater an der Wien fanden im Jahr 2006 rund 130 Veranstaltungen auf Grund der Stagione-Bespielung statt. Für 57 Opernveranstaltung war bei 54 484 zahlenden BesucherInnen jede Karte mit rund 220 EUR zu subventionieren. Bei 16 Konzerten und 14 432 zahlenden BesucherInnen ließ sich eine Subvention je Karte von rund 81 EUR und für 11 602 zahlende BesucherInnen des Osterklangs und Klangbogens eine Subvention von rund 46 EUR je Karte ermitteln. Durch einen höheren Werbemitteleinsatz beziehungsweise durch das Angebot verschiedenster Abonnements – 15 Varianten – wurde versucht, das Einspielergebnis zu erhöhen. Da durch Eigenerträge, Kartenerlöse, Sponsoring-Erlöse nicht einmal die Gemeinkosten in der Sparte Oper abgedeckt werden können, verursacht jede zusätzliche Vorstellung einen zusätzlichen Subventionsbedarf.“

 

Das ist das Ergebnis der Kulturpolitik. Hier zeigt sich in wenigen Sätzen des Kontrollamtes ganz genau die Problematik, vor der wir stehen. Das hindert Sie jedoch nicht daran, sozusagen den Europameistertitel im Schönreden immer wieder zu erlangen.

 

Wenn die Frau Vizebürgermeisterin in ihrer Darstellung davon spricht, dass eines der wichtigsten Kulturprojekte des vergangenen Jahres Cash for Culture gewesen sei, also die Förderung junger Kreativer zwischen 13 und 20 Jahren, so möchte ich drei Punkte dazu anführen: Erstens ist das eine sicherlich lobenswerte Initiative, zweitens wurde diese von Schweden abgekupfert und drittens ist sie insgesamt mit 60 000 EUR dotiert. – Wenn der Schwerpunkt der Kulturpolitik darin besteht, dass einerseits Initiativen mit 60 000 EUR subventioniert werden, andererseits aber 20, 30 oder 40 Millionen mit leichter Hand ausgegeben werden, dann kann man wirklich von einer gescheiterten Kulturpolitik sprechen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dieses „Verwalten statt Gestalten“ der Wiener Kultur hat auch dramatische Auswirkungen. Ich nenne Ihnen nur zwei Beispiele, mein Kollege Bernhard Dworak wird dann noch auf andere Großbaustellen der Kulturpolitik zu sprechen kommen.

 

Erstens: Der Altstadterhaltungsfonds ist überschuldet. Er muss saniert werden, indem es weniger Leistungen gibt. Zweitens: Die Hochschuljubiläumsstiftung ist gleichfalls überschuldet. Hier gibt es Einschränkungen bei den Stipendien beziehungsweise bei den Unterstützungen der eingereichten Arbeiten. – Das sind nur zwei Beispiele, wonach dotierte Fonds auf Grund der Politik der vergangenen Jahre in die Krise geraten sind. Und jetzt wird bei den Leistungen gespart, um die

 

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