Gemeinderat,
35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 126
Befürchtung, dass das dieses Jahr nicht der Fall sein würde. Wir bitten ja jedes Jahr darum, dass wir ihn etwas früher bekommen, aber so spät kam er noch nie.
Und ich möchte auch von meinen Kolleginnen und
Kollegen Folgendes ausrichten: Den Wissenschaftsbericht bekommt jedes Mitglied
des Gemeinderats. Den Kunst- und Kulturbericht aber bekommen nur die Mitglieder
des Kulturausschusses. Meine Kollegin Susi Jerusalem, meine Kollegin Sigrid
Pilz und meine Kollegin Waltraut Antonov, sie alle haben schon zu mir gesagt:
Wieso bekomme ich das nicht? - Es würde also alle Mitglieder des Hauses sehr
interessieren, und es wäre eine nette Geste, und es wäre auch ein Zeichen
dafür, dass Kulturpolitik schlussendlich jedes Mitglied des Gemeinderats
betrifft - man stimmt ja auch hier dazu ab -, dass jedes Mitglied des
Gemeinderates diesen Kulturbericht bekommt. Darum bitte ich hiermit. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Des Weiteren bitte ich auch darum - und das machen
wir auch jedes Jahr, und ich werde nicht müde, darum zu bitten, zwecks der
Vorbereitung -: Wenn dieser Bericht in Druck geht, müsste es das doch eigentlich
schon als PDF geben. Und das geht ganz einfach: Es gibt ohnedies eine
Verteilerliste, die auch für die Versendung der Einladung zum Ausschuss
verwendet wird. Da kann man diesen Verteiler nehmen, nimmt das PDF –
„Attachment" nennt sich das - und schickt es aus, eine Woche vorher, zum
Beispiel. Das wäre doch nicht zu viel verlangt! - Bitte können wir diesen
Kunst- und Kulturbericht, so, wie es unserer Aufgabe auch entspricht, vorher
lesen?
Danke, Herr Kollege Wolf, für das Zitat von Isolde
Charim - ein super Zitat! Ich habe das noch nicht entdeckt, weil einfach noch
keine Zeit war, aber danke für den Hinweis. Womit ich schon beim ersten Thema
bin: der öffentliche Raum.
Eine der größten und aus meiner Sicht schlimmsten
Erfahrungen, die jetzt kleine Kulturinitiativen in dieser Stadt machen müssen -
und darüber müssen wir reden, wenn wir über eine Bilanz 2007 reden -, ist, dass
sie nicht mehr im öffentlichen Raum sichtbar sein können. Es gibt mittlerweile
die von einer Tochterfirma der Gewista installierte Firma KULTUR:PLAKAT,
gemeinsam mit Muff Sopper - damit wären wir gleich beim nächsten Thema, worüber
auch schon diskutiert worden wäre -, und diese Firma hat jetzt das einzige Monopol des öffentlichen Raums,
und sie alleine darf entscheiden, welche Plakate dort affichiert werden und
welche nicht, zu welchen Konditionen und in welchen Bezirken.
Nun ist es ja nicht so,
dass es so toll war, als das noch gar nicht geregelt war. Allerdings: Eine
Regelung zugunsten einer einzigen Firma, die jetzt ein Monopol hat, und das zu
ungunsten von kleinen Kulturinitiativen, die jetzt im öffentlichen Raum nicht
mehr sichtbar sein können, ist inakzeptabel. Und bei dieser Meinung bleiben
wir, und das werde ich Ihnen hier so lange sagen, bis das gelöst ist und es
auch für kleine Kulturinitiativen freie Plakatflächen gibt. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Zweites
Thema: die Szene Wien – es gibt einen nahtlosen Übergang von KULTUR:PLAKAT zur
Szene Wien. Es ist schon sehr bedauerlich, dass in der Wiener Kulturpolitik
derzeit Machtspielchen oder Freundschaften eine größere Rolle spielen als
kulturpolitische Überlegungen. Ohne Ausschreibung, ohne grundsätzliche
Überlegung, welches Profil die Szene Wien hat, wurde einfach Muff Sopper
bestimmt, dort das Programm spielen zu können - ohne kulturpolitische
Notwendigkeit, ohne kulturpolitische Diskussion, ohne Ausschreibung, ohne
Diskussion über die Frage, was das Haus kann, was das Haus soll. Es gab dort
eine Frau, die hervorragende Arbeit geleistet hat und einfach abgesetzt wurde -
und dann kommt, so wie im letzten Gemeinderat, ein Antrag hier herein, dass
dort dasselbe passieren soll wie früher. Völlig absurd! - Das ist für uns nicht
akzeptabel. Das ist keine Kulturpolitik, wie wir sie uns vorstellen.
Ebenso wenig - und meine Kollegin,
Frau Ringler, hat das schon angeführt - der Selbstbedienungsladen, den
mittlerweile das Kulturbudget für parteinahe Vereine darstellt. Im letzten
Kulturausschuss: 2,38 Millionen EUR an parteinahe Vereine, und davon
2,28 Millionen EUR an SPÖ-nahe Vereine! - Das ist ja kein Zufall.
Gleichzeitig - und darüber
müssen wir dringend diskutieren, wenn wir über kulturpolitische Beiträge reden
– haben wir, beziehungsweise nicht wir, sondern der Gemeinderat hat für das
Volkstheater beschlossen, auch im Ausschuss, dass es Zusatzsubventionen geben
wird. Und auch Sie, Herr Stadtrat, haben im Zusammenhang auch mit der
Josefstadt gesagt, das sei notwendig, weil teilweise Gehälter unter dem
Kollektivvertrag ausbezahlt worden sind und man das anpassen musste. - Das sehe
ich ein.
Gleichzeitig werden die
kleinen Initiativen dermaßen behandelt, dass sie keine Inflationsabgeltung
bekommen; obwohl das Produzieren von Programmheften, von Internetauftritten
inflationsmäßig genauso teuer wird wie für die anderen auch, bekommen sie nicht
mehr.
Und dann kam ein
interessanter Hilferuf des Jüdischen Filmfestivals, ein Brief, in dem man auch
ganz klar und offen gesagt hat: Wir wissen nicht, wie wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlen
können! Wir wissen nicht, wie wir das zuwege bringen können!
Und es
ist doch eine ganz wichtige Frage bei Subventionen: Wie arbeiten die Leute in
diesen Kulturinstitutionen? Arbeiten sie ehrenamtlich? Verlangt die Stadt Wien,
dass Menschen, die Kultur leisten, die Kunstschaffende sind oder
KunstvermittlerInnen sind oder Festivals organisieren, dass sie das
selbstausbeutend machen? Oder sollte man nicht auch darauf schauen, dass die
ein dementsprechendes Einkommen haben, dass ihre Arbeit auch entlohnt wird?
Soll man nicht auch schauen, dass bei den Subventionen, die wir verteilen,
vergeben, diese Grundvoraussetzungen gegeben sind? - Und Sie waren
es, die eine Grundsicherung in Wien abgelehnt haben. Mit einer Grundsicherung
zum Beispiel wäre schon viel geholfen. Aber wir haben diese Grundsicherung in
Wien nicht, und die Frage der Kulturschaffenden, der Kunstschaffenden, der
Künstlerinnen und Künstler in Wien ist in großem Ausmaß prekär. Und dieses
Prekariat in der Kulturszene wird eines der großen Themen sein, deren
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