Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 118
beantragt.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Die Frau Vizebürgermeisterin rühmt sich weiters bei der
Präsentation des Rechnungsabschlusses ihrer gezielten Investitionen für
Wirtschaftsförderung, Forschung und Arbeitsmarkt. Sie reden von der unglaublich
erfolgreichen Ansiedlung neuer Unternehmen und jetzt würde ich gerne wissen,
wovon Sie sprechen.
115 neu angesiedelte Unternehmen in Wien, der WWFF
hat selbst davon 10 nur akquiriert, die verbleibenden 105 sind von der
Bundesagentur ABA nach Wien gebracht worden.
Also, 10 Unternehmen haben sie gebracht, und haben
aber gleichzeitig in den letzten Jahren, in den letzten 10 Jahren, renommierte
Unternehmen wie IBM, Novartis, Grundig, Ankerbrot, et cetera, abgesiedelt. Das
heißt, Sie haben locker vom Hocker 5 500 Arbeitsplätze in den letzten 10
Jahren verloren.
Und ich mache jetzt eine Hochrechnung: 2007 haben Sie
bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der ABA verkündet, 1 100
Arbeitsplätze neu zu schaffen. In der ABA-Statistik scheint auf, dass durch die
105 von ihr für Wien akquirierten Unternehmen 1 029 Arbeitsplätze
geschaffen wurden. Das heißt, Wien hat alleine 70 Arbeitsplätze geschaffen. (StRin
Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Ein Wahnsinn!)
Und da reden sie noch von einer Steigerung von
55 Prozent gegenüber 2006. (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager:
Das ist ein Wahnsinn, unglaublich!) Das finden Sie noch toll, also von 30
Arbeitsplätzen auf 75 Arbeitsplätze. Ich gratuliere Ihnen, (Beifall bei der ÖVP.) 5 500 haben
sie verloren, 70 haben sie geschaffen.
Schlimmer schaut es noch in der Sachgüterproduktion
aus, weil da sind die Arbeitsplätze von 228 000 im Jahre 1995 auf
70 000 im Jahre 2008 eingebrochen. Also, wenn Sie sich das vor Augen
halten, es sind zwei Drittel im Sachgüterbereich, im Produktionsbereich,
weggebrochen. Und ich sage Ihnen, wie die Realität hinter ihren Verschleierungsversuchen
aussieht: Bei unselbstständig beschäftigten Frauen in Wien ist von 1995 bis
heute eine Steigerung von 5,7 Prozent anzumerken, Österreich-weit
allerdings 18 Prozent. Das heißt, ihr voller Einsatz für Frauen, oder die
frauenfreundlichste Stadt Europas, stimmt mit der Realität nicht überein.
Die Frauenarbeitslosigkeit im Europavergleich zeigt,
dass alle Länder, egal, welche ich jetzt hier auf der Tabelle mir anschaue,
Prag, Oberösterreich, Niederbayern, Regionen Norditalien, es ist komplett egal,
niedrigere Erwerbslosenquoten für Frauen aufweisen als Wien.
Das heißt, Wien ist nicht nur im
Bundesländervergleich bei der Frauenarbeitslosigkeit extrem schlecht, sondern
auch im gesamteuropäischen Bereich.
Ich komme jetzt zu Ihrer Homepage, die mir sehr gut
gefällt, weil dort verkünden Sie, was Ihnen wichtig ist: Ökonomische
Unabhängigkeit, zukunftsorientierte Ausbildung, eigenes Einkommen,
eigenständige Pension. Und die Krönung ist, Sie behaupten wortwörtlich
Folgendes: „Von allen Bundesländern hat Wien die höchste
Frauenbeschäftigungsquote“ - das stimmt überhaupt nicht, „und einen deutlich
geringern Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen.“ Das stimmt auch nicht.
Ja, woher nehmen Sie das alles. Und dann schreiben Sie noch: „Das ist kein
Zufall, sondern das Ergebnis sozialdemokratischer Frauenpolitik.“ (GRin Mag Nicole Krotsch: So ist es!) Gratuliere!
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Faktenverdrehung. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt gehen wir einmal zur eigenständigen Pension.
Was haben Sie dazu beigetragen? Die große Pensionsreform? Vom Bund, von der
Bundesregierung aus? Diese hat die Frauen beim Pensionserwerb gestärkt, die
Kindererziehungszeiten besser bewertet, die Durchrechnungszeiträume et cetera.
Wie schaut es in Wien aus? Das Armutsrisiko ist eklatant
hoch. Das Armutsrisiko, die Armutsgefährdung von Frauen in dieser Stadt, steigt
weiter an, hervorgerufen natürlich durch die hohe Arbeitslosigkeit, speziell
die Frauenarbeitslosigkeit, vor allem der Alleinerzieherinnen und
Pensionistinnen. 92 Prozent der Teilzeitbedienstenten sind in Wien
beschäftigt und 70 Prozent der geringfügig Beschäftigten. Es gibt einen
der niedrigsten Richtsätze für Sozialhilfe und durch Ihre Lawine an
Gebührenerhöhungen ist die Inflation derart gestiegen, nämlich, ich möchte hinzufügen,
sie haben ja die Österreich-weite Inflationsrate zum Großteil überhaupt
angetrieben, die Inflation ist von Wien gesteuert. Kinderbetreuung in Wien ist
frauenfeindlich, familien- und kinderfeindlich, wir haben die höchsten
Kindergartenbeiträge und es fehlt ausreichende Betreuung bei Krippenplätzen,
bei Kindergartenplätzen und bei den Pflichtschulen. (Beifall bei der ÖVP - GRin Mag Nicole Krotsch: Das stimmt nicht!) Da
haben ein Drittel der Pflichtschulen Nachmittagsbetreuung, das heißt,
vielleicht auch nicht.
Laut
Mikrozensus oder ÖIF-Studie 2006 geben die meisten Frauen an, dass sie
deshalb nicht arbeiten, weil ihnen die Kosten für die Kinderbetreuung zu hoch
sind. Viele Frauen würden Vollzeit arbeiten, wenn es ausreichend
Kinderbetreuung gäbe.
Es gibt eine weitere Studie aus North Carolina, die
jetzt am Max Planck-Institut fortgesetzt wird und die zeigt, wie
familienpolitische Strategien das Armutsrisiko von Frauen beeinflussen. Diese
Studie lege ich Ihnen sehr ans Herz! – Daraus geht hervor, dass die Armut
verringert wird, wenn Väter und Mütter auf dem Arbeitsmarkt und im
Familienleben gleichgestellt sind. Der Schlüssel für die Gleichstellung liegt
jedoch in ausreichender Kinderbetreuung, und diese hat Wien bis heute nicht zur
Verfügung gestellt, und zwar zum Leidwesen aller Mütter mit Kindern und
insbesondere der Alleinerzieherinnen.
Eine kleine Anmerkung am Rande: Von den 33 rot-grünen
Projekten hat kein einziges Frauenbeschäftigung zum Inhalt.
Ich bringe jetzt einen Antrag dazu
ein und hege die kleine Hoffnung, dass die Frauenpolitik als
Querschnittsmaterie behandelt wird, die alle Geschäftsgruppen betrifft. Für die
optimale Koordination wäre eine Stabsstelle möglicherweise hilfreich, damit
eine gezielte
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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