Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 118
der Realitäten bewegt, mit den Meinungen, Ängsten und Nöten der Bevölkerung befasst. Ich weiß also, dass es diese Befürchtungen betreffend Operationswartezeiten gegeben hat. Es hat immer wieder Behauptungen gegeben, dass Vorreihungen – aus welchen Gründen auch immer – stattfinden. Leider waren aber weder ein Patient noch eine Patientin bereit, obwohl ich oft die diesbezügliche Bitte geäußert habe, sich vor den Vorhang zu begeben und das öffentlich darzustellen. Auch dafür habe ich aber Verständnis, denn jeder, der eine Operation glücklich überstanden hat, ist froh, es gut hinter sich zu haben.
Daher begrüße ich sehr, dass im Jänner unsere
Gesundheitsstadträtin gemeinsam mit dem Krankenanstaltenverbund ein
neues ... (Zwischenruf von GRin Ingrid Korosec.) Ich habe Ihnen
gesagt: Nicht nur Sie reden mit Menschen oder Menschen mit Ihnen! Die Menschen
reden genauso mit uns, und ich würde behaupten: Sie reden mit uns noch viel
mehr! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir können die Entwicklungen, die im Gesundheitswesen
erforderlich sind, auch ohne die Zurufe der ÖVP erkennen! – Es gibt ein
vollkommen transparentes EDV-Anmeldesystem, in dem nach Anmeldungszeitpunkt ein
Termin entsprechend der Dringlichkeit fixiert wird, und dieser Termin kann nur
durch einen Arzt oder eine Ärztin mit einer schlüssigen Begründung geändert
werden. Und um die Wartezeiten zu verkürzen, wurden im Bereich der Chirurgie
die Operationszeiten verlängert. Bis zum Ende des Jahres werden 50 Prozent
der operierenden Einheiten bis 18 Uhr in Betrieb sein. Außerdem wird die
Herz-Thorax-Chirurgie zusätzliches Intensivpflegepersonal bekommen. Das hat
bereits zu einer deutlichen Reduzierung der Wartezeiten geführt und wird weiter
zu einer Verkürzung führen.
Ich möchte betonen, dass sich manche private
Krankenanstalten daran ein Beispiel nehmen könnten! Frau Korosec, die sich
immer so sehr für die Privaten einsetzt und oft auch als deren Anwältin
auftritt, könnte sich auch dort dafür verwenden! Sie könnte zum Beispiel in
einem orthopädischen Privatkrankenhaus dafür sorgen, dass die Anmeldungen dort
auch transparent gestaltet werden! Ich höre nämlich auch aus diesem Bereich
Klagen: Mit Zusatzversicherung sofort, ohne Zusatzversicherung eineinhalb
Jahre. – In diesem privaten orthopädischen Krankenhaus in Wien besteht
auch Handlungsbedarf! Von diesem glauben leider manche Patienten und
Patientinnen, dass das eine Krankenanstalt des KAV ist, und sie wundern sich auch,
dass sie dort ihre Medikamente selbst mitbringen müssen, was ich auch für sehr
eigenartig halte! Dort bestünde wirklich auch Handlungsbedarf!
Ich möchte noch ein sehr innovatives Projekt
vorstellen. Es ist dies ein rot-grünes Pilotprojekt, das ich gemeinsam mit Frau
Kollegin Pilz im 15. Bezirk initiiert habe, und zwar zum Thema
Vorsorgeuntersuchung für türkischsprechende Frauen. Die Ausgangslage war die
Erkenntnis, dass die Lebenserwartung der Frauen im 15. Bezirk am
schlechtesten in ganz Wien ist. Da allgemein bekannt ist, dass die
sozioökonomische Lage direkt mit dem Gesundheitszustand eines Menschen zu tun
hat, dass also, kurz gesagt, Armut krank macht, sind wir davon ausgegangen,
dass vor allem Frauen mit Migrationshintergrund betroffen sind. Wir haben daher
ein türkischsprachiges Angebot im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung
implementiert. Wir haben uns dazu die Vorsorgeuntersuchungsstelle der
MA 15 in der Sorbaitgasse ausgesucht. Der Inhalt des Projektes war ganz
einfach, aber neu: Eine türkischsprechende Ärztin begleitet die Patientin durch
die gesamte Untersuchung.
Das ist eine neue Qualität: Es ist das nicht nur ein
guter Dolmetscher oder eine Dolmetscherin, sondern eine medizinisch geschulte
Person. Das ist sehr hilfreich, denn das Ausfüllen der Anamnesebögen stellt
auch für Menschen, die die Sprache beherrschen, eine gewisse Herausforderung
dar, und vor allem auch die Befundbesprechung spielt eine wesentliche Rolle in
der weiteren Kranken- beziehungsweise Gesundenkarriere eines Menschen.
Zusätzlich wird auf Wunsch psychosoziale Beratung
angeboten, und die Nachfrage war gigantisch, sodass ab Mai 2007 ein zweiter
Standort im 10. Bezirk angeboten wurde. Und ich möchte dir, Frau
Stadträtin, danken, dass du da so flexibel warst und auf den Hilferuf, dass
diese Stelle überfordert ist, sofort reagiert hast! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Ergebnisse: Von den 408 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern – es sind
auch einige Männer gekommen, und wir wollten natürlich nicht, dass diese
abgewiesen werden – waren
82 Prozent weiblich. 81 Prozent waren das erste Mal bei einer
Vorsorgeuntersuchung. 100 Prozent wollen diese weiter empfehlen. Die
Ergebnisse haben wir natürlich begleitend evaluiert, und es wurde in
anonymisierter Form eine Statistik darüber erstellt, was über den
Gesundheitszustand dieser Gruppe zu sagen ist. Im Vordergrund stehen
Übergewicht und Stoffwechselstörungen und damit ein erhöhtes Risiko für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hoher Blutdruck und insbesondere Blutarmut sind
vor allem bei den Frauen relativ stark vertreten, bei beiden Geschlechtern
treten auch Lungenfunktionsstörungen auf. – Dieses Ergebnis zeigt, dass
dieses Angebot genau die richtige Zielgruppe trifft, sodass Risikopatienten und
-patientinnen als solche identifiziert werden und somit möglichst früh einer
entsprechenden Beratung und Behandlung zugeführt werden können.
Aus diesem Grund hat die Gesundheitsstadträtin der
Stadt Wien veranlasst, dass die MA 15 dieses Projekt gemeinsam mit der
Frauengesundheitsbeauftragten und dem FEM Süd in den Regelbetrieb übernimmt.
Und ich möchte mich – Stichwort MA 15 – ganz besonders bei Frau
Mag Pommerening-Schober für ihre Entschlossenheit bedanken, das
durchzusetzen! Wie Sie sich vorstellen können, stößt ein neues Projekt dort, wo
es umgesetzt werden soll, nicht immer auf Gegenliebe, und daher gilt Frau
Mag Pommerening-Schober mein herzlichster Dank für ihre Durchsetzungskraft
und für ihr Durchhaltevermögen. Und ich danke auch der Belegschaft in der
Sorbaitgasse, die sofort mitgetan hat und so flexibel war, das
umzusetzen. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ.)
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