Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 118
daher an, dass auch das Abstimmungsverhalten
entsprechend diametral sein wird. – Wir
lehnen den Antrag der Volkspartei ab. Es ist ein zynischer Antrag, der mit dem
Problem überhaupt nicht umgeht, und er wurde auch sehr wenig ambitioniert eingebracht.
Ich hatte nicht den Eindruck, dass GR Hoch diesen selbst massiv vertreten
wollte. Er hat ihn halt so eingebracht, wie von allen Fraktionen immer wieder
einmal Anträge ohne persönliche Betroffenheit eingebracht werden.
Wir fordern nach wie vor – und das gehört auch in diese Geschäftsgruppe, in deren
Rahmen man auch über Armut reden muss – die
Abschaffung des Kleinen Glücksspieles und nicht irgendwelche
Verschönerungsmaßnahmen. Wir wollen, dass sich die Grünen, die Teile der Sozialdemokratie, die das so sehen, die
Teile der Volkspartei, die das so sehen, und – wie ich glaube – der große
Teil der FPÖ, der das so sieht, bundesweit gegen die Novomatic, gegen Admiral
und gegen Teile der zweitgrößten Partei durchsetzen. In diesem Land sind nahezu
alle, bis auf jene paar Leute, die mit den Wirtschaftsinteressen der Novomatic
et cetera verwoben sind, dagegen. Aber auch kein einziger Familienverband, der
der ÖVP nahe steht, ist für das Kleine Glücksspiel! Ganz im Gegenteil! –
Wir wollen, dass alle so weit kommen, dass sie sagen: Wir brauchen das nicht!
Das zerstört tausende Existenzen!
Fünf Bundesländer hat man bis jetzt damit in Ruhe
gelassen. Nun ist eine Bundesnovelle geplant, die die Bundesländer zwingt, dass
sie sich auch damit befassen. Es genügt also nicht, dass wir das Problem in
Wien haben, sondern es wird auch in fünf Bundesländer exportiert, die sich bis
jetzt dagegen gewehrt haben.
Ich weiß, dass da viel Geld und ein großes
Inseratenvolumen daran hängt. Es gibt auch eine Zeitung, die noch nie ein
schlechtes Wort darüber geschrieben hat, und die Novomatic ist auch stolz
darauf und sagt: Wir haben eine Kooperation mit einer Qualitätszeitung! Sie
listet alle Artikel auf, die in diesem Qualitätsmedium in Österreich wie
Werbung erscheinen. Das ist sehr schade, dass heißt aber nicht, dass Sie das so
hinnehmen müssen!
Die Mehrheit der Wiener Bevölkerung will dieses
Kleine Glücksspiel nicht, denn dieses macht arm, und wer Armut ernsthaft
bekämpfen will, sollte sich auch beim Kleinen Glücksspiel daran erinnern, was
der Bürgermeister von Salzburg, Heinz Schaden, ein Sozialdemokrat, dazu gesagt
hat: „Das ist schmutziges Geld! Damit will ich nichts zu tun haben! Ich nehme
mir ja auch kein Geld aus dem Drogenhandel.“ – So der SPÖ-Bürgermeister
aus Salzburg. Er hat diesen Vergleich gezogen, und das ist tatsächlich ähnlich.
Auch wenn die Herrschaften dort alle Anzüge und Krawatten tragen und gepflegt
sprechen, unterscheiden sie sich nicht von vielen anderen, die das Suchtverhalten
von Menschen ausnützen. Nichts anderes ist das! Das ist kein Spaß. Das war
jetzt natürlich kein Angriff auf die Krawattenträger insgesamt, ich wollte
damit nur sagen: Nur weil diese Herrschaften so ausschauen, als ob sie seriös
wären, bedeutet das noch lange nicht, dass man Admiral und Novomatic
entgegenkommen muss. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Wenn man die Diskussion um
Armutszahlen in den letzten Jahre verfolgt hat, dann fällt einem auf, dass es
diese Diskussion nicht schon immer gegeben hat. Als die Armutskonferenz begann,
Pressekonferenzen zum Thema Armut zu geben, haben Journalisten und
Journalistinnen gesagt: Das ist kein Thema für Österreich, das gibt es da gar
nicht! Sie mussten erst daran arbeiten, und man merkt das auch, wenn man die Protokolle
dieses Hauses durchschaut: Vor 2000 finden wir das Wort Armut tatsächlich
selten. Ab etwa 2002 wird das Thema offenbar aktueller. Zu dieser Zeit ist
Armut mehr in den Blickpunkt gerückt, und dann finden wir die Befassung damit
immer öfter.
Selbstverständlich sind
immer alle, die jeweils versammelt sind, dagegen. Dennoch steigen die
Armutszahlen. Es werden mittlerweile auch in Österreich immer mehr Menschen,
die trotz Vollzeitarbeit nicht davon leben können. Fast 70 000 Leute, die
den ganzen Tag arbeiten, leben trotzdem unter der Armutsgrenze. Das Problem
dabei ist: Was sollen sie denn sonst machen? Mehr als voll arbeiten können sie
nicht! Die Zahl steigt jedoch, weil die Löhne entsprechend schlecht ausfallen.
Und trotz dieser
Armutszahlen findet sich ein Positivbericht in den Unterlagen „Grundlage zur
Rechnungsabschlussrede". Ich habe dieses Papier irgendwie in die Hand
bekommen, ich habe aber keine Ahnung, wozu es eigentlich dienen soll. Ich nehme
an, dass die vielen Erfolgszahlen heute noch von jemandem verlesen werden. Und
wenn man liest, wie viele Leute alle möglichen Leistungen erhalten, dann stellt
man natürlich fest, dass es gut ist, dass es diese Leistungen gibt. Es kommt
einem aber vor allem der Gedanke, dass es schade ist, dass so viele Leute diese
Leistungen brauchen.
Ich nehme als Beispiel jetzt
den Heizkostenzuschuss. Man muss schon sehr arm sein, bis man den
Heizkostenzuschuss bekommt. So bekommt ihn etwa eine Alleinerzieherin mit zwei
Kindern, wenn sie 835 EUR netto hat, nicht. Dann ist sie zu dritt, hat
aber zu viel Geld. So niedrig ist das angesetzt! Trotzdem bekommen
50 000 Haushalte einen Heizkostenzuschuss, das heißt, es leben viele
noch schlechter als die Menschen, die ich gerade als Beispiel genannt habe.
Die Zahl der Armen steigt
von Jahr zu Jahr. Es sind jetzt wieder mehr geworden. In Anbetracht dessen
meine ich, dass man nicht sagen sollte, dass es ein Erfolg ist, dass wir so
viel Geld dafür ausgeben. Ich meine, es ist müßig, über einzelne Bereiche zu
reden, uns allen fehlt nämlich der große Wurf. Es wird nur herumgedoktert.
Bei der
SchulderInnenberatung gibt es zu wenig Personal, es sind zwar zwei Leute
dazugekommen, das ist aber immer noch zu wenig. Es gibt lange Wartezeiten, die
Mitarbeiter zerreißen sich, kommen aber mit der Arbeit nicht nach. Dann sind
noch einmal zwei Leute dazu gekommen, diese sind aber genauso überarbeitet und
leiden unter Burn-out. Und das ist kein Wunder, wenn man dort arbeitet! Daran
sind die Leute, die dort arbeiten, nicht selbst schuld.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular