«  1  »

 

Gemeinderat, 47. Sitzung vom 25.05.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 88

 

hier insbesondere auch das Verbot, die Gräueltaten aus der Nazi-Vergangenheit zu leugnen und last but not least eine besondere Sensibilität im Umgang mit dem jüdischen Volk und im Umgang mit dem Staat Israel. Ich bin davon überzeugt, und nicht nur ich sehe es so, sondern zigtausende Menschen in Österreich sehen es so, dass ein Land mit einer vorbelasteten Geschichte selbstverständlich zwar dort kritisieren darf, wo es etwas zu kritisieren gibt, aber selbst diese Kritik mit besonderem Respekt und einer besonderen Sensibilität im Umgang, wie gesagt, anbringen sollte.

 

Wir alle wissen, dass es in diesem Haus auf jeden Fall drei politische Kräfte gibt, die sich innerhalb dieses Grundkonsenses bewegen, die diesen achten und diesen auch hochhalten. Wir wissen auch, dass wir zunehmend mit einem Problem konfrontiert werden, nicht nur hier in Wien, sondern insgesamt in der politischen Landschaft Österreichs, weil es eine politische Kraft gibt, die auch in diesem Haus vertreten ist und die sich bewusst, wiederholt und bedauerlicherweise in letzter Zeit zunehmend nicht nur abseits dieses Grundkonsenses stellt, sondern wiederholt und ebenfalls vermehrt Handlungen setzt, von denen ich mich allmählich frage, ob sie nicht bewusst gesetzt werden, um diesen Grundkonsens in die Luft zu sprengen.

 

Ich halte es für eine Verantwortung, die wir, die wir in diesem Haus sitzen, zu tragen haben, dem einen Riegel vorzuschieben und ganz klar abzugrenzen, nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten, und ganz klar aufzuzeigen, dass wir mit dieser Art von Politik nicht nur nichts anfangen können, sondern auch alles tun werden, was im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt, um das hintanzuhalten!

 

Wovon spreche ich? Ich möchte jetzt ganz konkret ein paar Beispiele aus der letzten Zeit bringen, einfach nur, damit sozusagen jedem und jeder von uns wieder in der Erinnerung aufgefrischt wird, was sich in Wien alles zugetragen hat, nicht zuletzt in diesem Wahlkampf in den letzten Wochen. Wir haben es also mit einer Kraft zu tun, die frei von jedem Skrupel nicht nur seit Jahr und Tag gegen Zuwanderer hetzt, gegen andere Nationen hetzt, gegen andere Völker, gegen andere Länder, gegen andere Religionen hetzt, sondern neuerdings auch - und das ist eine neue Komponente - offen beginnt, gegen Minderheiten zu hetzen, sie zu stigmatisieren und das Leben, das für manche Minderheiten ohnehin schon sehr schwer ist, noch viel schlimmer zu machen.

 

Wenn Sie ein Beispiel haben möchten, bitte sehr, die „Neue Freie Zeitung" titelt in einem Beitrag: „Kampf der Zigeunerkriminalität". Ich gehe davon aus, dass jeder und jede, der und die in diesem Haus sitzen, weiß, wenn man von „Zigeunerkriminalität" spricht, ist es beleidigend, abschätzig und es stigmatisiert. Jeder Mensch, der sich in Österreich als zivilisiert und aufrechten Demokrat bezeichnen möchte, nimmt bewusst Abstand von solchen Ausdrücken einer sehr verfolgten Minderheit gegenüber, die noch dazu in der dunklen Vergangenheit mit Folter und Tod konfrontiert war.

 

Übrigens findet sich in der „Neuen Freien Zeitung" in derselben Ausgabe ein paar Seiten weiter folgendes Inserat: „Wien hat das Mehr". Ich finde es toll, dass Wien das Mehr hat, und zwar mit h und nicht mit doppel-e, aber nichtsdestotrotz finde ich es grundfalsch, es innerhalb dieses Blattes hinauszuposaunen. Ich glaube einfach, dass diese zwei Dinge nicht zusammengehen. Diese zwei Dinge können nicht zusammengehen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es die Stadt Wien auf sich nimmt, mit Inseraten, die wir schalten, schlussendlich mitzufinanzieren, dass solche Publikationen entstehen und weiterverbreitet werden können. Für mich wäre es das Mindeste, dass wir, bevor wir Inserate in diversen Zeitungen und Blättern schalten, überprüfen, welche Blattlinie dieses Blatt verfolgt, welche Zwecke damit verfolgt und welche Resultate auf diese Art und Weise erreicht werden.

 

Ich gebe ein weiteres Beispiel. Wir wissen, dass wir es mit einer Kraft zu tun haben, die zunehmend von Rechtsradikalen und Neonazi-Kräften unterwandert wird. (GR Mag Dietbert Kowarik: Was Sie alles wissen!) Wir wissen es deshalb, weil wir das wiederholt bei Veranstaltungen und Demonstrationen gehabt haben, zu denen die FPÖ aufgerufen hat. Wir haben das vor einem Jahr im 20. Bezirk gehabt. Dazu gibt es ausreichendes Fotomaterial. Einmal mehr, ich habe es Ihnen in der Früh gesagt, ich wiederhole es jetzt, jeder hat es gesehen. Diese Fotos können Sie jederzeit, wenn es Sie interessiert, auch bei uns einsehen. Nur, Sie haben es nicht gesehen und haben es bis zum heutigen Tag nicht für wert befunden, sich davon zu distanzieren und dafür zu sorgen, dass solche Kräfte bei Veranstaltungen von Ihnen nicht auftauchen beziehungsweise aufgefordert werden, diese sofort zu verlassen.

 

Sie wissen auch, und das sage nicht ich, sondern das sagt das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, dass der Ring Freiheitlicher Jugend ebenfalls zunehmend von Neonazis unterwandert wird. Das gibt es Schwarz auf Weiß. Man weiß, dass hier rechtsradikale Kräfte ebenfalls Unterschlupf finden. Man weiß auch, dass das Ganze in der Zwischenzeit Früchte trägt, da auch der RFJ sozusagen dazu übergegangen ist, sich beispielsweise auf die Meinungsfreiheit - unter Anführungszeichen - zu berufen und dafür zu plädieren, dass das Leugnungsverbot bei Gräueltaten aus der nationalsozialistischen Vergangenheit aufgehoben wird.

 

Sie haben also in diesem Zusammenhang ein Problem, das Sie nicht kennen möchten, das Sie nicht zur Kenntnis nehmen möchten, von dem Sie sich keinesfalls distanzieren und wo auch nichts getan wird, um es in irgendeiner Art und Weise anzugehen und zu lösen, wie ich es von jeder demokratischen Kraft in diesem Haus erwartet hätte.

 

Ein drittes Beispiel aus der letzten Zeit, aus der jüngsten Vergangenheit: Inserate gegen den EU-Beitritt Israels. Ich glaube, es spricht Bände und ich werde es auch dabei belassen, dass die Zeitung „Kurier" sich geweigert hat, ein derartiges Inserat abzudrucken, mit der Begründung, dass es zu weit geht, dass eine empfindliche Schmerzgrenze überschritten wird. Jede

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular