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Gemeinderat, 52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 95

 

eine hohe Erwartungshaltung an die Institution Kindergarten.

 

Die Zeit, um all diese Aufgaben – die auch von den KindergartenpädagogInnen als sinnvoll erachtet werden – zu erfüllen, reicht jedoch nicht aus. Dazu kommen die Rahmenbedingungen, über die wir hier in diesem Haus schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, diskutieren, nämlich die zu großen Gruppen und der jetzt neu beziehungsweise nicht mehr ganz neu hinzu gekommene Personalnotstand.

 

Seit Jahren weisen wir, aber auch andere, darauf hin, dass es im Kindergartenbereich zu Personalmangel kommen wird, und jetzt ist diese Situation bereits eingetreten. Wir wissen nicht, wo wir KindergartenpädagogInnen hernehmen sollen, weil wir jahrelang verschlafen haben, deren Ausbildung zu reformieren und den Beruf attraktiver zu machen.

 

Wenn wir uns anschauen, wie viele AbsolventInnen der KindergartenpädagogInnenschulen wirklich diesen Beruf ergreifen, dann müssen wir uns schon fragen: Warum ist das so? – In Wien sind es 70 bis 80 Prozent, die zwar die Schule fertig machen, gut absolvieren und gute Abschlüsse haben, dann aber den Beruf nicht ergreifen und nicht in den Kindergarten gehen.

 

Die Politik ist sehr wohl gefordert, sich die Frage zu stellen: Warum ist das so? Liegt es an der unzureichenden Ausbildung? – Ich glaube nicht, dass es an der Ausbildung liegt, denn die KindergartenpädagogInnen selbst sagen, dass die Ausbildung an sich gut ist. Sie ist aber offensichtlich so gut, dass sie sich für einen anderen Beruf entscheiden müssen und zum Teil auch entscheiden.

 

Liegt es am Alter, in dem die Ausbildung begonnen wird? – Auch viele ExpertInnen meinen, dass es zu früh ist, mit 14 diesen Berufsweg einzuschlagen, mit 19 zu entscheiden, dass man das machen will, und dann auch auf gleicher Augenhöhe mit den Eltern auftreten zu können.

 

Es könnte aber auch am schlechten Image liegen, das KindergartenpädagogInnen nach wie vor haben. Ist es nicht nach wie vor so, dass der Kindergarten als Institution gesehen wird, wohin die – unter Anführungszeichen – bösen Rabenmütter ihre Kinder bringen, weil sie unbedingt arbeiten müssen? Ist es halt doch nach wie vor „eh nur ein Frauenberuf“, für den man ein bisschen Kochen, Aufräumen, Basteln und Spielen lernt? Das Image ist sicherlich nicht eines der besten! Immer wieder wird versucht, das zu transportieren.

 

Hinzu kommt auch die schlechte Bezahlung, die mit ein Grund dafür ist, warum sich viele ausgebildete KindergartenpädagogInnen gegen den Beruf entscheiden.

 

Vielleicht sind es auch die unzureichenden Rahmenbedingungen, nämlich die zu großen Gruppen, die Ferienregelungen, die möglichen Zeiten für Supervision, Fortbildung und Weiterbildung. All das geht sich im Moment nicht aus. Oder liegt es an den Zukunftschancen, die es vielleicht gibt oder auch nicht?

 

Ich glaube, es gibt zu wenige Zukunftschancen, die mit der gegenwärtigen Ausbildung möglich sind. Die Aussichten für 14-Jährige, die sich für diesen Beruf entscheiden – und damit sind praktisch nur Frauen und nicht Männer gemeint, denn Männer in diesem Bereich sind mit der Lupe zu suchen –, sind nicht groß. Man entscheidet sich mit 14 für einen Beruf, den man dann bis zur Pension ausübt, und hat eigentlich keine Möglichkeiten und berufliche Herausforderungen. Wenn man diesen Beruf ergreift, hat man zudem auch das Problem, dass die Rahmenbedingungen bekannt sind. Man hat KollegInnen, macht Praxis in den Kindergärten und kann sich vor Ort ein Bild machen. Dabei stellt man fest, dass viele KindergartenpädagogInnen, aber auch Assistentinnen ausgepowert sind, nicht mehr können, dass sie nicht mehr richtig motiviert sind, um ihre Arbeit zu leisten und dass es folglich Langzeitkrankenstände gibt.

 

Wir glauben – und das hat man auch bei der Demonstration am 17.10. gesehen –, dass es jetzt reicht. Hier muss sich etwas ändern! Es geht nicht an, dass wir diesen verantwortungsvollen Bereich der frühkindlichen Pädagogik in der ersten wichtigsten Bildungseinrichtung einfach so hindümpeln lassen und den Menschen, die dort arbeiten, keine Perspektiven aufzeigen, seit Jahren aber allen erklären, dass eh alles super ist und eh alles passt.

 

Es gibt angeblich 140 bis 160 offene Planstellen, und es kommen keine oder zu wenige AbsolventInnen aus den Kollegs und aus den BAKIP. Wir befinden uns in der Situation, dass zwar jetzt über die drei Ausbildungslehrgänge AssistentInnen ausgebildet werden, die Assistentinnen steigen aber bei der Stadt Wien mit einer handwerklichen Einstufung in das Gehaltsschema ein. Das heißt, sie werden, obwohl sie zum Teil als PädagogInnen eingesetzt werden, nach einem niedrigen Gehaltsschema bezahlt, das der Profession, die sie mittlerweile ausüben, nicht mehr entspricht.

 

Unserer Meinung nach ist gerade bei den AssistentInnen eine Diskussion über das Berufsbild notwendig. Ist es das, was es vor 20 oder 30 Jahren war? Damals bestand die einzige Qualifikation, die man ihnen schmackhaft machte, darin, dass man gesagt hat: Das kann eh jede Frau, ein bisschen Putzen und Zusammenräumen bekommt ohnedies jede Frau mit. Dieses Bild wurde damals vermittelt. Das ist es aber jetzt nicht mehr! AssistentInnen übernehmen mittlerweile, bedingt durch den Personalnotstand, pädagogische Aufgaben, haben jedoch wenig bis gar keine Ausbildung dafür und sind dadurch auch überfordert. Dafür sind ein entsprechendes Berufsbild und eine eigene Einstufung in ein Gehaltsschema, das dem Berufsfeld im Moment auch entspricht, notwendig.

 

Ich möchte noch einmal zurückkommen zur Demonstration vom 17.10.: Es war sehr eindrucksvoll, dass Menschen – vor allem Frauen, aber es waren auch ein paar Männer dabei –, die jetzt jahrelang versucht haben zu tun, was geht, und die sich ausgebeutet haben – und ich verwende absichtlich dieses Wort, denn es ist zum Teil Ausbeutung –, um all diese Anforderungen zu erfüllen, bei dieser Demo einmal auf die Straße gegangen sind. Bisher waren sie bestrebt, in Gesprächen und

 

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