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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 13.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 126

 

dann hat das nichts mit individuellem Versagen zu tun, sondern dann ist es ein Systemfehler. Diesen Systemfehler gilt es zu beseitigen. Eines dieser Probleme ist, dass wir unsere Schüler und Schülerinnen zum Teil am Nachmittag alleine lassen, weil es viel zu wenig Ganztagsschulen gibt, und dass wir unsere Schüler und Schülerinnen tatsächlich überfordern.

 

Was ich mir wünsche, was ich mir tatsächlich wünsche, ist, dass wir endlich einmal weg von diesem überholten, familienpolitischen Ideal kommen, wo ich manchmal das Gefühl habe, das ist immer noch etwas, was sie anstreben, nämlich: Die Kinder gehen zu Mittag heim, und daheim sitzt dann die Mama und lernt mit dem Kind, und dann funktioniert das. – Nein, die Realität sieht anders aus!

 

Die Realität sieht so aus, dass es uns gelingen muss, dass Schüler und Schülerinnen in der Schule das beigebracht bekommen, was notwendig ist, und dass sie aber auch heimgehen können und nicht mit einem Rucksack belastet sind: Man muss noch dort für den Test, man muss noch dort für die Schularbeit et cetera lernen. Das würde ich mir wünschen.

 

Der andere Punkt ist, dass man endlich aufhört mit dieser jenseitigen Differenzierung bei Zehnjährigen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Macht die Schulform die Kinder gescheiter?) Wir alle wissen, wie unterschiedlich sich Kinder entwickeln, wir alle wissen, wie unterschiedlich sich gerade Kinder in der Altersgruppe zwischen zehn und zwölf Jahren entwickeln. Die PISA-Studie beweist: In den Ländern, wo es eine gemeinsame Schule der 10- bis14-Jährigen gibt, sind die Ergebnisse besser. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie haben es nicht verstanden!)

 

Deshalb ist es unsere zentrale Aufgabe – und dem wird meines Erachtens nach im Wiener Budget Rechnung getragen –, Geld für Bildung bereitzustellen, Geld für die Armutsbekämpfung bereitzustellen, Geld für den Umweltschutz bereitzustellen. All diese Sachen geschehen. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Kürzung vor allem der Naturwacht!)

 

Es ist unsere Aufgabe – und da können Sie uns dann gerne in die Pflicht nehmen –, sich in einem Jahr auch an unseren Vorstellungen messen zu lassen. Aber ich bin froh darüber, dass es in Wien Rot-Grün gibt und nicht Blau-Schwarz. – Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner ist Herr StR DDr Schock zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.33.37StR DDr Eduard Schock|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Es ist ja ein durchaus erhebendes Gefühl, hier wieder einen freiheitlichen Vorsitzenden bei uns zu sehen! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!

 

Das ist ja zu erwarten: Wenn eine Stadträtin hier herauskommt und ihr Budget verteidigt, in den schönsten Zahlen darstellt, das alles rosig darstellt, dann kennen wir das ja auch. Aber wenn dann der Herr Margulies da herauskommt, wenn ein Grüner herauskommt, der jahrelang hier alles kritisiert hat, der an diesem Budget überhaupt nicht mitgewirkt hat, der sich über den Tisch hat ziehen lassen, wenn der Herr Margulies da herauskommt und nur ablenkt, der in 20 Minuten kein einziges Wort über dieses Budget da sagt, der über Vermögenssteuern spricht, über die Reichen, über PISA, der nur ablenkt, ablenkt und ablenkt, dann zeigt das, Herr Margulies: Sie haben sich in dieser Koalition über den Tisch ziehen lassen, Sie haben überhaupt nichts zu plaudern hier! Und das heute ist ein Armutszeugnis für Ihre Politik, Herr Margulies! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren, jetzt zur Finanzstadträtin: Sie hat heute wiederholt gemeint: Wien ist gut durch die Krise gekommen, bei uns ist alles nicht halb so schlimm! Gleichzeitig legt sie veraltete Zahlen vor. Frau Finanzstadträtin, Sie haben heute ausschließlich Zahlen aus dem Jahr 2009 vorgelegt, Wirtschaftszahlen nämlich, über das Wirtschaftswachstum, über die Arbeitslosen, aber keine einzige aktuelle Zahl aus dem letzten Quartal oder aus dem vorletzten von mir aus. Da frage ich mich: Warum, Frau Stadträtin?

 

Wie schaut denn die Wirklichkeit aus? Die Wirklichkeit schaut ja so aus – und das sagen uns die Wirtschaftsforscher zu diesem Budget –, dass Wien auf Grund der Wirtschaftsstruktur später als die anderen Bundesländer in diese Krise hineinkommt, weil die Struktur der Wiener Wirtschaft nicht exportorientiert ist und die exportorientierten Bundesländer zum Beispiel zuerst getroffen werden. Weil unsere Wirtschaftsstruktur eher inlandsorientiert ist, darum trifft uns die Krise später als die anderen.

 

Wenn Sie die Zahlen von 2009 nehmen, dann haben sie recht, Frau Stadträtin! Da war das so, dass die anderen, die Exportorientierten zuerst getroffen worden sind. Wenn Sie aber die aktuellen Zahlen nehmen, Frau Stadträtin, dann ist das Gegenteil der Fall! Dann sieht man, dass die Konjunkturrezession, dass der Wirtschaftsabschwung jetzt gerade die Wiener Wirtschaft erst zu treffen beginnt, weil eben Wien von dieser Krise später getroffen wird.

 

Frau Stadträtin, schauen wir uns die aktuellen Zahlen an! Da ist die Industrie in Wien mit einem Rückgang bei der Beschäftigung, mit einem Rückgang des Produktionsindex ausgewiesen. Was Sie gesagt haben, sind veraltete Zahlen aus dem Jahr 2009, sind lauter Märchen.

 

Das trifft auch auf die Gesamtinsolvenzen, die Insolvenzsituation zu. Die gehen ja in anderen Bundesländern jetzt Gott sei Dank zurück: im Burgenland um 14 Prozent, in Oberösterreich um 9 Prozent und so weiter. Aber bei uns, Frau Stadträtin, gehen die Insolvenzen nicht zurück. Da haben wir keine Entlastung bei den Insolvenzen, weil die Wiener Wirtschaft gerade jetzt erst getroffen wird.

 

Frau Stadträtin, auch die Arbeitslosenstatistik zeigt das. Im 3. Quartal etwa hat es in der Wiener Wirtschaft mehr Arbeitslose gegeben. Das Wirtschaftsforschungsinstitut – glauben Sie wenigstens den Experten, Frau Finanzstadträtin, wenn Sie das uns schon nicht glauben! – analysiert daher, dass die Wiener Wirtschaft später erst von dieser Krise getroffen wird und dass es einfach ein Märchen ist, wenn Sie uns hier weismachen wollen,

 

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