«  1  »

 

Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 91

 

der Schlüssel für ein gutes Zusammenleben ist, setzt Wien konsequent eine Sprachoffensive mit leistbaren und leichtzugänglichen Deutschkursen fort." – Ein bisschen weiter drunter steht: „Wien erkennt den Wert der Muttersprache als Potenzial und fördert sie daher für diejenigen, die das brauchen.“

 

Jetzt haben wir von Frau Wurzer gestern gehört, dass zwei Drittel derjenigen, die schlecht Deutsch sprechen, inländische Jugendliche sind – in Anlehnung an die PISA-Studie. Also, für wen sind jetzt die Deutschkurse? Dazwischen steht wieder beim Integrationsmonitor: Sprachkenntnisse der ZuwanderInnen werden künftig laufend gemessen.

 

Welche Sprachkenntnisse? Die muttersprachlichen Kenntnisse oder die deutschsprachlichen Kenntnisse oder welche Sprache auch immer? Die Sprache ist aus diesem Schreiben nicht eindeutig herauslesbar.

 

Dann kommen wir zum Rassismus. Rassismus ist ganz klar: Wenn jemand auf Grund seiner Herkunft, Religion et cetera schlecht behandelt wird, oder wie auch immer. Ist Rassismus dann das, wenn ein österreichischer Schüler in der Klasse dafür Geld bezahlen muss: Entweder er redet Türkisch, oder er zahlt? Ist das Rassismus, den Sie meinen? Oder wenn man auf der Schaukel schaukeln möchte und das Kind mit 5 EUR zum Spielplatz kommen muss, weil der Spielplatz sonst gesperrt ist? Das gibt es in vielen anderen Bereichen auch, wo man ganz einfach nur auf Grund der Herkunft im Bereich der Jugendlichen und jungen Menschen schlechter und wirklich rassistisch behandelt wird. (Zwischenruf von GRin Barbara Novak.) Meinen Sie diesen Rassismus? (Zwischenruf von GR Senol Akkilic.) Den gibt es. Ich glaube, dass Sie wissen, Herr Akkilic, dass das sehr häufig vorkommt. (GRin Barbara Novak: Welche Lösungsvorschläge haben Sie? –GR Senol Akkilic: Ich lehne auch das ab!)

 

Ja, aber wo sind die Maßnahmen dagegen? Wenn über Rassismus geredet wird, drehen sich alle in die Richtung und reden in Richtung FPÖ: rassistisch, Fremdenfeindlichkeit und, und, und. Warum sprechen Sie nicht? Warum hängen Sie Ihre nationalen Türken uns um? (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.) Warum sagen Sie, wir sollen uns mit ihnen auf ein Packl hauen? Warum machen Sie das nicht selbst? (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die Fremdenfeindlichkeit, na klar, die Fremdenfeindlichkeit: Oma und Opa am Fensterpolster sind fremdenfeindlich und schimpfen in den Hof vom Gemeindebau. Wissen Sie, wie viele fremde Menschen in Österreich derzeit von der Polizei Schutz bekommen, weil sie mit dem Leben bedroht werden – aber nicht von denen hier, vom Herrn Jung oder wem immer, von den Bösen der Gesellschaft? Nein, sie werden von Migranten oder von Zuwanderern, von Fremden oder aus dem Ausland bedroht.

 

Da gibt es Menschen, die sich vor ihrer eigenen Gesellschaft fürchten. Mir fällt jetzt der Namen nicht ein. Da hat eine türkischstämmige deutsche Schriftstellerin ein Buch geschrieben, die – wie ich glaube – im „Club 2" gesagt hat, sie fürchtet sich nicht vor den bösen Deutschen, sondern sie fürchtet sich vor den eigenen Landsleuten, denn die wollen sie umbringen, weil sie ein Buch geschrieben hat. Sie werden wissen, wie sie heißt! Ich glaube, Kelek oder so ähnlich. Ich muss mich entschuldigen, dass mir der Name jetzt nicht so geläufig ist!

 

Was wir uns vorstellen und was wir uns wünschen, ist ganz einfach: In dem Abkommen steht eigentlich nur etwas von den neu Zugewanderten. Also, bei allen, die jetzt neu kommen, gehen wir es an. Wie bei der Tafel: Wir wischen die alte Kreide weg, und wenn sie sauber ist, fangen wir mit dem Schönschreiben an. Das ist falsch. Was machen wir mit den vielen, die schon da sind? Wie geht man mit diesen Menschen um? Wie bringt man sie dazu, dass sie sich ein wenig in unsere Gesellschaft, in die üblichen Werte einfügen und eingliedern? Wie macht man das?

 

Da gibt es überhaupt keine Lösungen dazu. Es gibt zwar etwas dafür, was man mit den Neuen macht und was die alles kriegen und wie viele finanzielle Mittel man da aufwendet, dass diese sich dann wirklich hier wohlfühlen. Aber was macht man mit den vielen, vielen, die schon sehr lange da sind und die überhaupt keine Lust haben, nach 30 Jahren jetzt eine gemeinsame Sprache zu lernen, was immer das für eine ist?

 

Ich glaube, dass diese ständige Bevormundung von Zuwanderern und die ständige Nachsicht bei Grunderfordernissen unweigerlich zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. Wenn man dauern in der Kindersprache spricht, so wie Sie das in dem Beispiel angeführt haben, wo die Eltern wie ihre eigenen Kinder behandelt werden, wenn man dauernd sagt: Dann kommst du, und dann kriegst du, und du brauchst gar nicht!, dann nehme ich die Menschen nicht für voll, und das stört sie vielleicht. Ich glaube, es gibt sicherlich Menschen, die sagen: Ich will nicht so behandelt werden! Ich will ganz normal behandelt werden, nämlich wie der Österreicher, die Österreicherin auch!

 

Das wird nicht gemacht. Diese permanente Nachsicht, diese permanente Rücksicht verkommt letztendlich zur Inländerfeindlichkeit. Diese sprechen wir an, diese wollen wir ansprechen. Wir wollen nicht hetzen, wir wollen nicht die Gesellschaft gegeneinander aufbringen, überhaupt nicht! Ich wohne, wie gesagt, im 20. Bezirk. Ich bin dort aufgewachsen. Seitdem ich dort lebe, lebe ich mit Gastarbeiterkindern, wie sie zuerst geheißen haben. Jetzt heißen sie Migranten oder Zuwanderer oder wie auch immer. Auf jeden Fall liegt es mir sehr fern, dass ich da einen Keil hineinbringe.

 

Ich darf Ihnen versichern, dass sicherlich mindestens die Hälfte derjenigen Menschen, mit denen ich mich sehr gut verstehe, Zuwanderer oder ehemalige Gastarbeiter sind. (GR Mag Klaus Werner-Lobo: Warum haben Sie vorher gesagt, der 20. Bezirk ist ein mit Zuwanderern belasteter Bezirk?) Er ist belastet, weil ganz einfach in unserem Bezirk eine leichte Ghettoisierung bemerkbar ist! Diese wird aber nicht wahrgenommen, oder man will sie nicht wahrnehmen. Es gilt ja nur dann, dass man über Ghetto spricht, wenn es aus den Zuwandererkreisen selbst kommt. Dann hat es Gültigkeit. Wenn wir es sagen oder wenn es ein Österreicher sagt, dann gilt es nicht.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular