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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 93

 

Zukunft keinen Platz mehr haben! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste am Wort ist Frau GRin Mag Vassilakou. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zunächst zum eigentlichen Verhandlungsgegenstand: Den Subventionen an die diversen Vereine, die heute zur Beschlussfassung vorgelegt wurden, stimmen wir selbstverständlich zu. Wir stimmen deshalb zu, weil diese Vereine seit vielen Jahren wertvolle Integrationsarbeit für die Stadt leisten, und zwar noch dazu zeitweise unter schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen.

 

Wir stimmen auch deshalb zu, weil viele dieser Vereine aus Eigeninitiative der Betroffenen gegründet wurden. Bei etlichen dieser Vereine stehen zum Teil als InitiatorInnen engagierte SozialarbeiterInnen dahinter, die in mühevoller Arbeit den Verein aufgebaut haben.

 

Und wir stimmen auch deshalb zu, weil es uns tatsächlich ein Anliegen ist sicherzustellen, dass alle Frauen in Wien, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Hintergrund, die Möglichkeit haben, aus patriarchalischen Strukturen auszubrechen, sich zu bilden und auch fortzubilden und irgendwann unabhängig und selbstbestimmt zu leben und auf eigenen Beinen zu stehen. Dazu sind aber Vereine notwendig, die die Frauen kontaktieren und ihnen entsprechende Möglichkeiten bieten, sei es in Form von Alphabetisierungskursen, von Deutschkursen, aber auch in Form der Möglichkeit, sich zu vernetzen, andere Frauen kennenzulernen und innerhalb dieses Raums erste Schritte in die Unabhängigkeit zu tun.

 

In Anbetracht dessen ist es eine Notwendigkeit, dass die Stadt Wien diese Vereine mit finanziellen Rahmenbedingungen unterstützt. Das ist gut so und findet die Unterstützung der Grünen aus vollem Herzen.

 

Ich möchte nichtsdestotrotz an dieser Stelle einmal mehr anfügen, dass unsere Kritik an der Integrationspolitik der Stadt Wien wirklich absolut nichts damit zu tun hat, dass Vereine gefördert werden, und auch nicht damit, welche Vereine gefördert werden, sondern dass es auch andere Bereiche gibt, die von zentraler Bedeutung sind und wo entsprechende Rahmenbedingungen, Konzepte und auch die Gesamtkoordination seitens der Stadt fehlen.

 

Ich sehe, ehrlich gesagt, keinen Sinn darin, jetzt eine Grundsatzdebatte zur Integrationspolitik der Stadt vom Zaun zu brechen. Ich möchte aber in dieser kurzen Rede nicht unerwähnt lassen, dass gerade der Bereich Schule von zentraler Bedeutung ist, weil das jener Ort ist, an dem Kinder, die in Wien geboren werden und in Wien aufwachsen, das mit auf den Weg bekommen, was sie ein Leben lang brauchen werden, nämlich Bildung. Wir wissen, dass unsere Gesellschaft immer mehr auf Bildung aufbauen wird und dass Bildung jener Faktor ist, der in den nächsten Jahrzehnten noch viel mehr als bisher über Erfolg und Misserfolg, über Reichtum oder Armut und darüber, ob man Arbeit hat oder über längere Zeiträume im Leben auf den Sozialstaat angewiesen ist, entscheiden wird.

 

In einer Stadt wie Wien, in der die Hälfte der Kinder eine andere Muttersprache als Deutsch hat und in der – kostenloser Kindergarten hin oder her – immer ein Teil der Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung mit Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache zu kämpfen haben werden, ist es von zentraler Bedeutung, dafür zu sorgen, dass die Wienerinnen und Wiener von morgen allesamt hervorragend Deutsch sprechen, hervorragend die eigene Muttersprache und womöglich auch weitere Fremdsprachen sprechen und mit schulischem Erfolg und einer erfolgreichen Laufbahn rechnen können, die es ihnen auch morgen und übermorgen ermöglichen werden, ihr Leben genauso zu leben und zu entfalten, wie es jedem Einzelnen von uns zusteht und für uns alle eine Selbstverständlichkeit war und ist. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich habe den zentralen Vorwurf an Sie zu richten, dass die Wiener Schulen viel mehr Personal brauchen. Das wissen Sie! Es sind viel bessere finanzielle Rahmenbedingungen für Freifächer, für individuelle Betreuung, für Unterricht in der Muttersprache der Kinder, für Fremdsprachenkurse und für alles, was den Kindern Spaß macht, und für etliches mehr vonnöten. All das wurde aber in den letzten Jahren eingespart oder kaputt gespart.

 

Weiters brauchen die Schulen dringend Sanierungsmaßnahmen, denn wir dürfen nicht vergessen, dass die Kinder jahrelang mehrere Stunden täglich in diesen Schulen verbringen. So gesehen, ist es eine Zumutung, wenn das in desolaten Räumen geschehen muss. Es sind alle denkbaren Modernisierungen vonnöten, über die wir hier tausendfach diskutiert haben, um sicherzustellen, dass irgendwann einmal die Leistungen unserer Schulen sich beispielsweise an dem messen können, was in Finnland Standard sind, damit unsere Schulen eines der reichsten Länder der Welt würdig sind und im Hinblick auf welche wir nicht jahrein, jahraus über traurige PISA-Ergebnisse diskutieren müssen.

 

Ich möchte einmal mehr von dieser Stelle aus betonen, dass es dumm – ja, ich erlaube mir diesen Ausdruck! – beziehungsweise dümmer als dumm ist, eine Trennung zwischen österreichischen Kindern und Migrantenkindern vorzunehmen. Kinder, die in Wien geboren werden, die in Wien aufwachsen und die österreichische Staatsbürgerschaft haben, werden die WienerInnen von morgen sein, unabhängig davon, woher ihre Eltern zufälligerweise gekommen sind, und unabhängig davon, welche Staatsbürgerschaft ihre Eltern einmal hatten oder weiterhin haben.

 

Diese Kinder werden morgen da sein, sie werden in 10 Jahren und in 20 Jahren da sein. Ihre und meine Pension wird von diesen Kindern abhängen. Und es sind alle klug und gut beraten, in diese Kinder zu investieren.

 

Das geschieht aber nicht im ausreichenden Maß. Und alle Beschönigungsworte, was immer man hier auch von sich gibt, reichen nicht, denn die Beweise liegen auf der Hand, nämlich traurigste PISA-Ergebnisse, die es zu korrigieren gilt. Wir müssen Investitionen vornehmen und Augen und Ohren und das Herz vor einer Wirklichkeit

 

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