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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 111

 

handlung? - Es gibt meines Erachtens zwei Dinge, die eine Wahlhandlung ausmachen: Das eine ist, ob ich überhaupt wähle oder nicht. Und der zweite Punkt ist, was ich wähle. Aber beides ist gleich wichtig. Und wenn ich die Entscheidung treffe, nach Vorliegen eines Ergebnisses überhaupt erst zu wählen, dann ist das genauso zu beurteilen, wie wenn ich nach Vorliegen des Ergebnisses die Entscheidung treffe, wen ich wähle. Und die letztgültige Entscheidung, ob ich wähle oder nicht, die erfolgt mit der Abgabe meiner Stimmkarte, und nicht vorher. Und die Problematik, die sich daraus ergibt, ist - ohne noch irgendjemandem etwas Böses unterstellen zu wollen -, dass mehr als hunderttausend Wiener und Wienerinnen die Entscheidung, ob sie sich überhaupt an der Wahl beteiligen wollen, erst nach Vorliegen des ersten vorläufigen Endergebnisses getroffen haben. Und das ist zutiefst problematisch.

 

Die bundesgesetzliche Regelung - nur um darauf auch hinzuweisen - wurde aus einem einzigen Grund bis zum 8. Tag gelegt: um den Auslandsösterreichern bei österreichweiten Wahlen das Wahlrecht zu ermöglichen und den Postweg, der aus manchen Ländern der Welt tatsächlich länger dauern kann, einzukalkulieren. Das ist der einzige Grund. Bei dieser Volksbefragung wie auch bei der Gemeinderatswahl und Landtagswahl im Herbst handelt es sich nicht um österreichweite Wahlen. AuslandsösterreicherInnen - unter Anführungszeichen - haben auch nicht die Möglichkeit mitzustimmen, sondern es geht um die Meldung in Wien. Und wer in Wien gemeldet ist, hat immer die Möglichkeit, bis zum Wahlabend seine Stimme abzugeben. Und das ist dasjenige, was meines Erachtens in einem geordneten Wahlsystem auch tatsächlich durchgeführt werden sollte.

 

Aber jetzt kommen wir zur Beteiligung. Es ist ja schon faszinierend, dass wir am Abend des 16. Februar eine Wahlbeteiligung von knapp 26 Prozent hatten – das sind jene Briefwahlkarten, die zu 99 Prozent vor Wahlschluss abgegeben wurden. Am Mittwoch kommen knappe 30 000 Stimmkarten dazu. Das sind die, die mit größter Wahrscheinlichkeit noch am Montag oder am Dienstag eingeworfen wurden. Am Donnerstag kommen plötzlich zusätzliche 55 000 Stimmkarten dazu. Das sind die, die größtenteils am Dienstag oder am Mittwoch, wo die gesamte Diskussion über die niedrige Wahlbeteiligung läuft, eingeworfen wurden. Und da sagt einem der gesunde Menschenverstand, dass von diesen 80 000 Menschen nicht jeder die Wahlkarte vorher ausgefüllt hat! Und ich werde das jetzt auch mit ein paar anderen statistischen Daten belegen, angesichts deren OECD-Wahlbeobachter, wenn sie gefragt werden und diese statistischen Daten sehen, zunächst einmal sagen werden, hier stimmt etwas nicht. (GR Godwin Schuster: Aber du meinst doch nicht, dass die SPÖ das organisiert hat?)

 

Godwin, nein, die SPÖ hat ein einziges Interesse, und ich sage jetzt ganz bewusst: Es ging nicht darum, wie die Fragen ausgehen, sondern die SPÖ hatte lediglich das Interesse, dass die Wahlbeteiligung hoch ist, um in einer irgendwie gearteten Form die extremen Werbeausgaben für Öffentlichkeitsarbeit in der Größenordnung von 4,5 Millionen EUR zu legitimieren.

 

Und dazu folgender Punkt. Wenn nach der Wahl ein Inserat geschaltet wird: „Wir setzen es um! - Michael Häupl, Bürgermeister", finanziert von der Stadt Wien, und einen Tag später ein Inserat: „Michael Häupl wird das umsetzen!", finanziert von der SPÖ - sagen wir einmal, da sind gewisse gegenseitige Nutzen durchaus irgendwie möglicherweise für die SPÖ drinnen, die die SPÖ der Stadt Wien aber nicht zurückzahlt. Die SPÖ macht mit der Gleichsetzung „Stadt Wien ist SPÖ" Werbung und benutzt das Geld der Stadt Wien für ihre eigene Werbung. - Das ist eine Sauerei! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein kurzer Punkt dazu: Wir haben für heuer einen Gebarungsabgang von 800 Millionen EUR budgetiert - und die Wiener Stadtregierung hält es für sinnvoll, mehr Geld für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit auszugeben als die gesamte Bundesregierung zusammen! Das ist grob fahrlässig! (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Normalerweise gehört in so einem Zusammenhang, wenn das eine Firma wäre, dem Prokuristen sofort die Prokura entzogen. Entschuldigung, so mit dem Geld der Menschen umzugehen, ist absurd!

 

Aber jetzt zur Wahlbeteiligung. – Das Erste sind einmal die 35,9 Prozent. Wir haben 35,9 Prozent angebliche Wahlbeteiligung. Im Endeffekt, seien wir ganz ehrlich, sind es nur 32,37 Prozent. Denn dass man auf die Idee kommt, nicht einbezogene Stimmkarten in die Wahlbeteiligung mit einzubeziehen, das ist absurd! Entweder sie werden einbezogen, oder sie werden nicht einbezogen! Aber die nicht einbezogenen Stimmkarten, das ist jeder Schmierzettel, den - hypothetisch gesagt - jeder einwerfen hätte können, nachdem er vorher Wahlkarte oder Stimmkarte draufgeschrieben hat. - Nicht einbezogen heißt, nicht dabei! Ich weiß, was die formalen Kriterien sind, damit es nicht einbezogen wird.

 

Und jetzt kommen wir zu ein paar ganz seltsamen Auffälligkeiten. - Jetzt nehme ich die Stimmkarten, diese knapp 80 000, die Mittwoch und in Folge eingelangt sind, oder knapp 100 000 – nein, Entschuldigung: 134 000 sind es, die nach dem Stopp am Dienstag eingelangt sind. Da merkt man auch, wie groß die Schwierigkeit der Menschen beim Ausfüllen war, denn der durchschnittliche Anteil der nicht einbezogenen Stimmkarten liegt in der Gesamtsumme bei 9,83 Prozent. Wenn man es bis Dienstag rechnet, liegt er bei 7,77 Prozent. Von den letzten Stimmkarten, den letzten 134 000 Stimmkarten wurden 14,08 Prozent nicht einbezogen.

 

Und jetzt erklären Sie mir, wie das möglich ist: Von den letzten 134 000 verteilen sich auf den 12. Bezirk 6 244. Davon wurde mehr als ein Viertel nicht einbezogen, 27,67 Prozent! - Im 13. Bezirk haben wir 5 287. Von denen wurden 1,87 Prozent nicht einbezogen. – Entschuldigt: Da wurden unterschiedliche Maßstäbe in der Bezirkswahlbehörde angelegt! (GR Godwin Schuster: Sitzen da die GRÜNEN drinnen?) Nein! (GR Godwin Schuster: Warum nicht?) Wir bekamen nicht einmal eine ... - Ich habe im Volksbefragungsgesetz nachher gelesen, dass die Möglichkeit bestünde, von sich aus aktiv

 

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