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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 29.04.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 89

 

das Volumen - schlechter geworden, weil immer mehr andere Tätigkeiten durchgeführt worden sind. Das heißt, wir haben heute steigende Zahlen bei der Delogierung, aber weniger Prävention in dem Bereich. 1 000 Delogierungen im Gemeindebau, und 4 000 sind es insgesamt in Wien: Sie haben einfach ein Viertel der Wohnungen, und Sie haben ein Viertel der Delogierungen.

 

Da kann man natürlich sagen: Okay, im Gemeindebau wohnen auch Leute, die im Durchschnitt etwas weniger Geld haben. Im Schnitt stimmt das natürlich. Aber Sie haben um keinen Deut weniger Delogierungen als die Privaten! Jede vierte Delogierung gehört Wiener Wohnen, Tendenz steigend. Da muss man sich überlegen, ob diese Delogierungsprävention nicht besser verlaufen soll.

 

Momentan läuft es so: Bis es die MA 40 hört, hätte es Wiener Wohnen längst gewusst - einmal Miete nicht gezahlt, zweimal nicht. Wenn man diese Delogierungsprävention näher bei Wiener Wohnen ansiedeln würde, dann hätte man einen schnelleren Zugang und könnte die Krux den Leuten früher sagen: Jedes Jahr zahlt ihr einmal die Miete nicht, und dann dauert es wieder. Das erfährt die MA 40 nicht, die kommt erst spät dran, ein bisschen früher als wir, weil wir die Leute meistens erst dann bekommen, wenn es heißt: Morgen kommt der Delogierungswagen. Das ist dann wirklich reichlich spät.

 

Ich glaube, dass da eine Verkürzung des Weges von Wiener Wohnen zur MA 40 etwas nützen würde, vor allem angesichts der dramatischen Zahlen, die ja tatsächlich steigen. Das möchte ich jetzt gar nicht irgendjemand Einzelnem anlasten, aber die bisherigen Instrumentarien reichen nicht mehr aus. Damals haben wir uns aufgeregt und gesagt: Es sind 1 200, da sind auch Kinder dabei.

 

Das würde ich überhaupt nicht nur einmal hinterfragen, sondern ich glaube, dass man ein Kind nicht delogieren kann - fertig, aus! Ich hätte gerne überhaupt keine Delogierungen, aber als Anfang wäre einmal zu sagen: Wieso wird ein Kind delogiert? Den Fall haben wir: eine Frau, die halbtägig arbeiten geht, vier Kinder zu Hause, sie kommt mit dem Geld nicht über die Runden, Wiener Gemeindebau - delogiert!

 

Wir hatten einen Fall, den sogar viele hier im Haus kennen: Peter Kern, der Regisseur und Schauspieler, der ein Ehrenzeichen im Haus bekommen hat, hat bei dieser Verleihung das Ehrenzeichen genommen und es zwei Kindern gegeben, die in der ersten Reihe gesessen sind. Er hat eine Geschichte dazu erzählt, warum er das macht: Die zwei Kinder wohnen im Gemeindebau, im gleichen wie Peter Kern, er trifft den Vater dieser zwei Kinder im Jänner dieses Jahres auf dem Gang - es ist kalt - mit einer Zange in der Hand und fragt ihn: Was machst du da eigentlich?

 

Dazu muss man noch erzählen - es ist leider wahr und macht die Geschichte noch viel schlimmer -, die Mutter dieser Kindern ist vorher an Krebs gestorben. Jetzt ist dort der Vater und sagt: Ich gehe mit dieser Zange in den Keller, weil man mir Strom und Gas abgedreht hat. - Da muss man schon hinterfragen, ob das im Gemeindebau tatsächlich auch sein kann, dass dort zwei Kinder, die nicht einmal zehn Jahre alt sind, in einer Wohnung sitzen, der Vater steht auf dem Gang und sagt: Meine Kinder frieren!

 

Es tut mir leid - und ich weiß schon, dass das Geld nicht auf den Bäumen wächst, und so weiter -, aber das geht nicht: Ein Kind darf auf der ganzen Welt nirgends frieren! Aber im Wiener Gemeindebau, der eine spezielle Funktion hat, geht Wienstrom her und dreht ihnen dort Strom und Gas ab, und die frieren in ihrer Wohnung. Heute ist es ja warm, aber mir wird schlecht bei so einer Geschichte. So etwas müsste man nachgehen, und da muss man sich überlegen, was man alles tun kann. Die Delogierungsprävention, wie sie gehandhabt wird, funktioniert nicht mehr ausreichend, und es sind auch zu wenige Personen, die dort arbeiten dürfen.

 

Die Arbeiterkammer Wien sagt insgesamt zu den Wohnkosten - da trifft es dann vor allem die Familien, da gibt es eine Studie, die heuer herausgekommen ist -: Jüngere ArbeitnehmerInnenhaushalte sind extrem belastet. Junge Familien - eine repräsentative Studie der Arbeiterkammer - geben 43 Prozent von dem Geld, das sie im Monat insgesamt haben, fürs Wohnen aus. Fast die Hälfte des gesamten Haushaltseinkommens ist weg, sobald mehr als drei Personen in diesem Haushalt wohnen. Damit sind sie doppelt so stark belastet wie alle anderen Gruppen.

 

Auch hier sehe ich überhaupt keine Lösungen. Am liebsten würde ich nur sagen, die Arbeiterkammer hat ungefähr zehn Vorschläge dafür, was man machen muss. Da sind vermutlich ohnehin die meisten, die diese Studie geschrieben haben - zumindest die, die sie da vertreten, von Herrn Köppl abwärts -, Mitglieder der Sozialdemokratie. Na, schreiben Sie einfach bei Ihren Kollegen und Kolleginnen ab, und machen Sie das!

 

Sie können die neue Fassung von 2010 nehmen: Zuschläge zum Richtwert in den Mietvertrag hineinschreiben. Das steht ja nirgends drin! Sie haben nur einen Mietvertrag, da steht eine Summe, und kein Mensch weiß in Wirklichkeit, was er zahlt, außer dass er die Zahl kennt. Welche Zuschläge bezahle ich überhaupt? Das weiß ich nicht, das steht nirgends.

 

Jetzt macht ihr Tür und Tor auf - das weiß man ja auch - für Zuschläge, die man irgendwo einklagen kann. Dann landet man bei einer Schlichtungsstelle, die überfordert ist. Das dauert drei Monate, dann ist das Verfahren woanders, und es kostet schon wieder Geld. Schlichtungsstellen müssen entsprechend ausgestattet sein, und da braucht es mehr Leute.

 

Das Wichtigste scheint mir zu sein, dass man bei den Sanierungen, weil es sehr viele davon gibt, neue Modelle findet. Sonst können Sie die Sanierungen nicht mehr machen. Wenn Sie die Leute darüber abstimmen lassen, wundert es mich nicht, wenn das mit einem Nein ausgeht, denn ich hätte auch keinen Bock darauf, das Vierfache im Monat für eine Wohnung zu zahlen. Da geht es nicht darum, ob die Leute wollen oder nicht, das ist schier nicht möglich angesichts der knappen Kassen, die die einzelnen Leute haben.

 

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