«  1  »

 

Gemeinderat, 60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 102

 

Stadtverfassung verweisen. In diesen Bestimmungen ist das Fragerecht der Gemeinderatsmitglieder geregelt, und in dem Abs 2 wird normiert, dass sich das Fragerecht nur auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs bezieht. Es bezieht sich keinesfalls auf die vor allem privatrechtliche Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit, selbst wenn die Gemeinde daran beteiligt ist oder die Gemeinde in deren Organen vertreten ist. In diesen Fällen liegt keine Gemeindeverwaltung vor.

 

Die Stadt Wien ist weder an der AVZ - korrekterweise Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten - beteiligt noch ist sie in deren Organen vertreten. Selbst bei großzügigster Auslegung des Fragerechtes ist es augenfällig, dass sich ein Großteil der Fragen nicht auf Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung bezieht. Die Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten ist, wie der Name schon sagt - auch ohne sich dazu besonders erkundigt zu haben oder eine entsprechende Ausbildung zu haben -, eine Privatstiftung und somit eine selbstständige juristische Person, die vollkommen unabhängig von der Stadt Wien ist.

 

Nun komme ich zu den Fragen, soweit die Antwort zulässig ist.

 

Die Fragen 1 bis 2 fallen schon eindeutig nicht in den Wirkungsbereich der Gemeinde. Sie betreffen allerdings auch kein Geheimnis: Sowohl die Jahresbilanz der Stiftung ist öffentlich einsehbar, die Stiftungsurkunde ebenso. Wenn man sich also wirklich für Dinge interessiert und nicht nur billige Vorwahlpolemik betreiben wollte, hätte man sich das alles anschauen können.

 

Zur Frage 3 muss ich etwas weiter ausholen. Sehr geehrte Damen und Herren, zur Erläuterung muss ich anführen, dass diese Haftung in Form einer Ausfallsbürgschaft besteht. Das heißt, dass die Stadt Wien erst herangezogen werden kann, wenn gegen den beziehungsweise die Schuldner erfolglos Exekution geführt wurde. Dies stellt somit die risikoärmste Form einer Bürgschaft dar.

 

Der Ursprung der Haftung resultiert aus der seinerzeitigen Gründung der Zentralsparkasse im Jahr 1907. Die Zentralsparkasse war eine Gemeindesparkasse, an deren Eigenschaft sich bis heute diverse gesetzliche Verpflichtungen knüpfen. Einschlägig hiefür sind die bundesgesetzlichen Bestimmungen des Sparkassengesetzes, im Besonderen die Bestimmungen des § 2 Sparkassengesetz. Darin wird normiert, dass die Gemeinden im Falle der Zahlungsunfähigkeit der von ihr gegründeten Gemeindesparkassen grundsätzlich für alle bis zum 2. April 2003 entstandenen Verbindlichkeiten als Ausfallsbürgen gemäß § 1356 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch haften.

 

Für alle nach dem 2. April 2003 bis zum 1. April 2007 entstandenen Verbindlichkeiten haftet die Gemeinde nur dann als Ausfallsbürge, wenn die vereinbarten Laufzeiten nicht über den 30. September 2017 hinausgehen.

 

Bei Zahlungsunfähigkeit einer Sparkassen-Aktiengesellschaft, die durch Einbringung des Geschäftsbetriebes einer Gemeindesparkasse entstanden ist, erstreckt sich die Haftung der Gemeinde auch auf die Verbindlichkeiten der Sparkassen-Aktiengesellschaft. Wird die einbringende Sparkasse allerdings in eine Privatstiftung umgewandelt, beschränkt sich die Haftung der Gemeinde auf jene Verbindlichkeiten, die vor dem der Eintragung der Umwandlung im Firmenbuch folgenden Bilanzstichtag entstanden sind, einschließlich von dem Grunde nach schon bestehenden vertraglichen Verpflichtungen auf Anwartschaften im Sinne des § 2 Abs 2a des Sparkassengesetzes.

 

Im Konkreten haftet die Gemeinde somit auf Grund der mit Rechtswirksamkeit vom 18. April 2001 erfolgten formwechselnden Umwandlung der Anteilsverwaltung Zentralsparkasse, der ehemaligen Zentralsparkasse, in eine Privatstiftung für jene Verbindlichkeiten der Bank Austria, die bis zum 31. Dezember 2001 - erwähnter Bilanzstichtag - entstanden sind.

 

Die Haftungen wurden daher nicht aus einer Laune heraus übernommen, sondern die Übernahme ergibt sich ex lege auf Grund der Bestimmungen des Sparkassengesetzes. Diese Haftung verringert sich zudem auf Grund des oben erwähnten Stichtages kontinuierlich. Die Stadt Wien hat sehr verantwortungsvoll gehandelt, indem sie alle gesetzlichen Möglichkeiten der Haftungsminimierung, Verkürzung des möglichen Haftungszeitraums sowie des Haftungsumfangs durch die Gründung einer Privatstiftung ausgeschöpft hat.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass einerseits die Haftung für die bereits 1907 gegründete Gemeindesparkasse nicht aus einer Laune heraus übernommen wurde, sondern dass sie ex lege auf Grund der Bestimmungen des Sparkassengesetzes - wie ich, denke ich, ausführlich erläutert habe - besteht, und dass zum anderen die gesetzlichen Möglichkeiten der Haftungsminimierung - wie erwähnt: Verkürzung des möglichen Haftungszeitraums und des Haftungsumfangs durch die Gründung einer Privatstiftung - ausgeschöpft wurden. Gerade durch die Entscheidung der Stadt Wien, die AVZ in eine Privatstiftung umzuwandeln, war es möglich, die Haftungen deutlichst zu reduzieren.

 

Das aktuelle Haftungsvolumen beträgt nunmehr nur noch ein Zehntel des Ausgangswerts 2001 und ist weiter abschmelzend. Ohne diese weitblickenden Maßnahmen der Stadt Wien - im Übrigen weit vor der Finanzkrise - würde das Haftungsvolumen aktuell etwa 160 Milliarden EUR betragen. Die Haftung wird nur dann schlagend, wenn vorher alle anderen Möglichkeiten bis zum Mittel der Exekution erfolglos ausgeschöpft wurden. Die maximalen Haftungsvolumina sind keine Verbindlichkeiten, die Inanspruchnahme ist - im Übrigen auch von den Prüfern jährlich bestätigt - äußerst unwahrscheinlich.

 

Zu den Fragen 4 und 5: Auf Fragen hinsichtlich der Personalpolitik der Bank Austria in Bezug auf ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kann ich Ihnen beim

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular