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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 91 von 126

 

Es gibt mittlerweile mehrere Spielanalysten in Österreich. Manche sind sehr gut und manche sind weniger gut. Also ich höre schon lieber den Prohaska Spiele analysieren als Sie, Herr Woller, muss ich ganz ehrlich sagen, zumal die Gegner auf der ganzen Welt sind. Da frage ich mich schon, ob Sie reisen. Ich denke einmal, schon. Wien steht in einem durchaus harten Konkurrenzverhältnis zu vielen Städten Europas und der Welt. In vielen Städten Europas und der Welt wird auch hervorragende Kunst und Kultur gemacht. Ich sage es einmal so, ein 9:0 ist es nicht, außer wenn man ein Spielanalytiker, aber nicht neutral ist. Der Vorteil von Prohaska ist, wenn er ein Spiel wie zum Beispiel Niederlande gegen Slowakei analysiert, dass er neutral ist. Ich würde auch nicht neutral analysieren. Ich glaube, ein SPÖ-Gemeinderat über einen SPÖ-Teamchef, das funktioniert auch nicht!

 

Aber es haben nicht nur Prohaska und Woller etwas gemeinsam. Jetzt stelle ich einmal eine Frage: Was haben der 11. September, der Mord an John F Kennedy und ein Kulturdebattenbeitrag von Herrn Woller gemeinsam? Sie gebären Verschwörungstheorien. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Ernst Woller: Das haben Sie nicht verstanden!)

 

Das macht in dem Fall nichts, weil da frage ich einmal ganz konkret: Herr Kollege Wolf, kennen Sie einen Geheimpakt? Herr Kollege Lasar, kennen Sie einen Geheimpakt? Das ist der Einzige, den ich gerade ansprechen kann. Oder, Herr Kollege Maresch, kennen Sie einen Geheimpakt? Dieser Geheimpakt, Herr Kollege Woller, ist so geheim, dass wir ihn alle nicht kennen! (GR Ernst Woller: Wir haben die Fotos in der Zeitung gesehen!) Ich wäre jetzt wirklich neugierig. Zeigen Sie mir einmal diesen Geheimpakt zwischen der verschwörten Opposition gegen die Verschwörungstheoretiker der SPÖ! (GR Godwin Schuster: Sie brauche nur im Protokoll nachzulesen!)

 

Aber ich kann Sie beruhigen. Ich habe gerade die Psychologie zu Verschwörungstheorien bekommen, einen ganz interessanten Beitrag aus dem „Spiegel". Ich habe eine sehr positive Nachricht: „Verschwörungstheorien zu entwickeln, ist keine Geisteskrankheit." – Das steht hier. – „Daran zu glauben, ist kein Anzeichen einer Geisteskrankheit. Von einer paranoiden Persönlichkeitsstörung spricht man erst, wenn die Beziehungen eines Menschen zu seiner Umwelt durchgehend von Misstrauen und Ängsten geprägt sind. Die Verschwörungsideen von Schizophrenen sind meist bizarr, instabil und von außen nicht nachvollziehbar. Gewöhnliche Verschwörungen und ihre kleinen Schwestern, die Intrigen, begegnen uns hingegen jeden Tag in Firmen, Familien, Vereinen, Parlamenten und Regierungen.", wie hier steht. (GR Godwin Schuster: Kollege Schreuder, kann es sein, dass Sie nicht vorbereitet sind?)

 

Ich muss jetzt auf den Geheimpakt hinweisen. Es wurde hier behauptet, es gibt einen Geheimpakt zwischen FPÖ, ÖVP und GRÜNEN. Das stimmt einfach nicht! Das ist eine Verschwörungstheorie, die es ausschließlich bei der SPÖ gibt, weil ihr selbst daran glauben wollt! Aber es gibt sie nicht! (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Godwin Schuster: Lesen Sie das Protokoll!)

 

Jetzt hört mir einmal genau zu: Er behauptet, es gibt eine Verschwörung zwischen uns. Ich darf hier wohl replizieren, wenn er das behauptet! (GR Godwin Schuster: Es wurde aber gesagt, Sie werden über die Parteigrenzen hinaus zusammenarbeiten! Sie haben doch alle unterschrieben!) Aber ich weiß um Ihre Aufregung, weil es gibt noch einen interessanten Hinweis auf die Psychologie von Verschwörungstheorien. Eines haben die Autoren aller Verschwörungstheorien gemein, sie richten ihre Botschaft immer nur an ihre eigene Gruppe. (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Jetzt reden wir wieder über Kulturpolitik, würde ich vorschlagen. Ich gebe zu, bei dem von dir bezeichneten 9:0 war ich selbst dabei. Das war der Kongress „Wien denkt weiter". Ich habe viele Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der SPÖ, der GRÜNEN und auch der ÖVP, leider keine von der Freiheitlichen Partei, dort gesehen. Ich denke mir, das ist ein wichtiger neuer, auch demokratiepolitisch wichtiger, Impuls, dass wir alle darüber diskutieren. Aber meine Kollegin Marie Ringler hat sich hier schon zum interkulturellen Thema geäußert. Tatsache war auch, dass man dann ein Podium findet, auf dem über Interkulturelles gesprochen wird, ohne dass eine einzige Migrantin oder ein einziger Migrant dort sitzt. Das muss sich wirklich aufhören! Es ist wirklich an der Zeit, dass, wenn wir hier über Interkulturelles sprechen, auch wirklich mit MigrantInnen und nicht über MigrantInnen sprechen! (Beifall bei den Grünen.)

 

Es liegt bekanntlich schon längst eine Studie beim Herrn Kulturstadtrat. Diese wartet eigentlich mit ganz klaren Forderungen auf Umsetzung in Wien, wie man Integrationspolitik – jetzt läuft mir die Zeit wirklich davon – gut machen kann, auch im Kulturbereich. Eines ist Kulturpolitik nicht, sie dient nie nur sich selbst. Kulturpolitik ist nicht nur eine Frage, welchem Verein oder welchen Kulturschaffenden ich wie viel Geld gebe. Kulturpolitik muss immer auch Integrationspolitik sein, Kultur muss immer auch Sozialpolitik sein, Kultur muss immer auch Gender-Politik sein, Kultur muss auch immer jugendpolitisch sein, um nur vier Beispiele zu nennen.

 

Was allerdings auch bemerkbar war beim Kongress „Wien denkt weiter", war, dass vieles ein bisschen in die Richtung hindeutet, es bleibt alles so, wie es ist. Weil was ist das Problem, das wir in der Kulturpolitik in den letzten Jahren haben? Wir haben einen hohen Rahmen. Wir jammern durchaus auf hohem Niveau. Wir haben ein hohes Kulturbudget im internationalen Vergleich. Aber man kann es noch besser machen! Das ist die Aufgabe der Opposition, darauf hinzuweisen, wo man es besser machen kann. Ich sehe zumindest meine Aufgabe als Oppositionspolitiker in diesem Bereich. Interkulturelles haben wir genannt.

 

Ein anderes Beispiel haben wir auch schon genannt: Die Musikschulen, auch ein ressortübergreifendes Projekt, wo es ganz klar um die Aufgabe der Bildung geht. Gar noch nicht gesprochen haben wir darüber, wie Kreativität in Wiens Schulen eigentlich beigebracht wird. Auch eine Querschnittmaterie.

 

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