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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 01.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 35

 

würde und daher von der Bundesregierung, von SPÖ und ÖVP, nicht vertreten wird, weil die in erster Linie Bankeninteressen vertreten und hier ihre Interessen natürlich bedroht sehen. Entgegen der Parteitagsrhetorik des Herrn Bundeskanzler Werner Faymann ist das der Kern der Politik der Bundesregierung. Die Bankenrettung, Bankeninteressen sind das, was hier einem Haircut entgegensteht, was eine nicht ganz unvernünftige Regelung wäre, wenn sie vernünftig durchgeführt wird, weil nämlich alle jene Spekulanten, die bisher Geld von der EZB mit, was weiß ich, 1 Prozent, 2 Prozent Zinsen genommen haben und sich bei griechischen Schrottpapieren mit einer Verzinsung zwischen 16 und bereits 25 Prozent eingekauft haben, ein gutes Geschäft gemacht haben im klaren Wissen, dass ihnen nichts passiert, weil der Steuerzahler letztendlich, wenn es schiefgeht, dafür haftet. Das heißt also, die Gewinne werden privatisiert und die Verluste sozialisiert und das ist der Kern sozialdemokratischer Politik! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Weiters natürlich der Austritt aus der Eurozone. Das hat bereits der Klubobmann angesprochen. Weiters Umschuldung. Umschuldung ist ein weites Feld. Da kann man alle möglichen Maßnahmen setzen. Ich möchte nur feststellen, dass die „Financial Times Deutschland“ am 16. Mai festgestellt hat: „Griechenland muss umschulden. Kein privater Investor wird dem Land frisches Geld geben. Es droht eine Dauersubventionierung.“ Und ich fürchte, damit haben sie recht.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte aber ganz kurz auch darauf eingehen, dass die gesamte Wirtschaftswissenschaft in Deutschland zumindest, aber auch teilweise in Österreich, sich mit riesigen Mehrheiten, 80 bis 90 Prozent, klar gegen diese Politik der deutschen Bundesregierung, der EU und damit auch der österreichischen gestellt hat. Es wurden gemeinsame Manifeste verfasst, die veröffentlicht wurden. Es haben sich zum Beispiel - das werde ich noch ein bissel versuchen vorzulesen, wenn die Zeit dazu reicht - im „Handelsblatt“ zwölf führende Wirtschaftsleute der Bundesrepublik klar dagegen ausgesprochen, interessanterweise auch der Rechnungshof, der offensichtlich andere Kompetenzen hat als hier in Österreich. Und da wurde festgestellt: „Ein Bericht des Bundesrechnungshofes hat die Abgeordneten aufgeschreckt. Die finanziellen Risiken für Deutschland mit der Errichtung des künftigen Eurorettungsschirmes sind größer als bislang bekannt. Die Einschätzung der Bundesrechenprüfer ist, dass das unbegrenzte Zahlungen in den Rettungsfonds bedeuten wird ohne dass das der Bundestag noch beeinflussen kann.“

 

Das ist ein entscheidender Unterschied zur österreichischen Politik. Das Parlament, der Bundestag lässt sich im Unterschied zum Nationalrat nicht entmachten und kaltstellen. Kein ÖVP- oder SPÖ-Abgeordneter hat meines Wissens nach irgendwo eingefordert, dass man endlich hier auch im Parlament darüber redet, dass man im Parlament Beschlüsse macht. Merkel wurde gezwungen, dass so was selbstverständlich passieren muss in Deutschland.

 

Genauso wie es hoffentlich feststeht, dass auch das Einzelabrufen von Beiträgen in den nächsten Jahren selbstverständlich nur mit dem Bundestag geht. Ich glaube nicht, dass ein ÖVP- oder SPÖ-Abgeordneter in irgendeiner Form bis heute auch nur irgendwo so etwas versucht hat zu erreichen. Weiters gibt es einen hochinteressanten Artikel eines sehr bekannten Mannes, des Markus C Kerber, einer der führenden Wirtschaftstheoretiker Europas. Der sagt eben, Maastricht wollte eine Währungsunion souveräner Staaten schaffen mit klaren Regeln, keine kollektive Haftung der Mitglieder. Das hab’ ich eh schon gesagt. Die vertragliche Basis der EU, der Lissabon-Vertrag und eben auch Maastricht, sollen fundamental geändert werden. Die legalisierte Transferunion ist ein Bruch der EU-Verfassung. Es wurde lange Zeit von Merkel versprochen, aber das ist ein bundesdeutsches Problem, dass es keine Verlängerung dieses Rettungsschirms geben wird. Stattdessen gibt es jetzt sogar eine Verfestigung und Einführung eines Primärrechtes. Es ist ganz interessant, dass der wissenschaftliche Beirat beim deutschen Finanzministerium, das ist ein höchstrangiges Gremium, Minister Schäuble brieflich gleich Folgendes wissen ließ: „Mit dem ESM wird eine Institution geschaffen, die zwar kurzfristig eine Stabilisierung der Finanzmärkte bewirkt, gleichzeitig aber die Fehlsteuerung in der Finanzpolitik und auf den Kapitalmärkten befestigt. Finanzhilfen fließen in Länder mit maroden Staatsfinanzen. Diese Hilfen werden von den Steuerzahlern der Länder mit soliden Staatsfinanzen getragen. Das nimmt der Politik die Anreize, Verschuldung von Finanzkrisen vorzubeugen. Zudem behalten private Investoren ein falsches Risikoverhalten bei. Wir haben es schon gesagt, die legen an und sind sicher, dass sie, wenn es schiefgeht, gerettet werden. Es werden hier vom wissenschaftlichen Beirat des Finanzministeriums ebenso die Sozialisierung der Verluste und die Privatisierung der Gewinne beklagt. Auch in Österreich, ganz nebenbei, hat es also entsprechende Gutachten gegeben. Fünf Institute haben Studien gemacht, die ETH Zürich und auch das österreichische IHS waren dabei und kommen zu den gleichen Schlüssen, dass die Politik der EU, Deutschlands und Österreichs eine falsche ist.

 

Ich darf noch ganz kurz, viel Zeit bleibt ja nicht mehr, darauf hinweisen, dass eben hier ein gemeinsames Manifest im „Handelsblatt“ vom, warten Sie einmal, 18. April festzustellen ist. Da wird festgestellt: „Zwölf gegen Merkel.“ Es gibt also hier, ich kann das ja eh nicht voll vorlesen, aber ein bisschen: Clemens Fuest, Ökonomieprofessor in Oxford. sagt, dass die privaten Gläubiger ungeschoren bleiben und dass die Hilfen des ESM nur mit einem Schnitt möglich gemacht werden sollten. Weiters Charles B Blankart ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirates beim Bundeswirtschaftministerium und der stellt fest, dass hier das Parlament Etatentscheidungen so großen Umfanges nicht auf unbestimmte Zeit den prüfenden Behörden und auch nicht der Regierung überlassen darf. In Österreich gibt es hier in ÖVP und SPÖ offensichtlich eine andere Meinung. Er spricht von Krisenszenarien und sagt, dass die 110 Milliarden EUR schwere Griechenlandhilfe vom April 2010 die Bundesregierung in Deutschland hätte stutzig machen müssen: „Die Bewältigung vorangegangener Staatsbankrotte,

 

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