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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 113

 

ihm.

 

13.35.18

GR Erich Valentin (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!

 

Ich habe eigentlich geglaubt, dass ich nach der langen Zeit, in der ich im Umweltausschuss tätig sein darf, von einer Rechnungsabschlussdebatte oder einer Budgetdebatte nicht mehr überrascht werden kann. Aber ich muss der FPÖ-Fraktion durchaus ein Kompliment machen: Sie haben es geschafft. Sie haben es tatsächlich geschafft, dass ich mich gefragt habe, wo ich hier sitze und ob wir jetzt wirklich über die Geschäftsgruppe Umwelt reden. Ich bin Gott sei Dank nicht Lehrer von Beruf, das ist mein Kollege von den Grünen. Wenn er jetzt eine Note geben müsste, wäre es eine Themenverfehlung.

 

Ich diskutiere gerne mit der Kollegin Schütz über Lampen und Beleuchtung in dieser Stadt, über den Schwarzenbergplatz, über andere Dinge wie den Konsumentenschutz oder Ähnliches – wir können uns auch gerne nachher in der Cafeteria zusammensetzen –, nur hat das nicht rasend viel mit der Geschäftsgruppe zu tun, das fällt nicht in deren Kompetenz.

 

Ich denke, man soll die Erwartungen im ersten Jahr nicht allzu hoch ansetzen. Da freut man sich schon, wenn man den Saal, die Veranstaltung gefunden hat. Über das Thema werden wir uns in den restlichen fünf Jahren vielleicht auch noch einigen können, aber es ist schon ein bisschen schwierig. Nicht böse sein, das möchte ich vorweg sagen, ohne bösartig zu wirken. Kollegin Wehsely wirft mir im Bezirk immer wieder vor, ich wäre etwas zu hart. (Heiterkeit bei GRin Mag (FH) Tanja Wehsely.) Ich versuche, es nicht zu sein. Auch mir gefällt nicht jeder Kandelaber, aber sei’s drum.

 

Zumindest zu Beginn meiner Wortmeldung möchte ich mich auf gesichertem Terrain bewegen und zu denjenigen, die im Saal noch übrig geblieben sind – ich schätze, es sind hauptsächlich Beamtinnen und Beamte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu denen ich neben den Damen und Herren im Internet spreche – über den 26. Mai 2010 sprechen. Da fühle ich mich wohl, da fühle ich mich sicher.

 

Am 26. Mai 2010 ist etwas passiert. Damals ist eine Gruppe an die Weltpresse getreten. Man hat gesagt, man habe 221 Metropolen verglichen und festgestellt, dass Wien die lebenswerteste Stadt ist. Da ging es um Ressourcen, Nachhaltigkeit, Daseinsvorsorge, um Dienstleistungen wie Sauberkeit und Ähnliches.

 

Wenn ich darauf repliziere, dann finde ich mich ein bisschen mehr als die Kollegin von den Freiheitlichen in der Geschäftsgruppe der Frau StRin Sima wieder. Ich möchte ihr dafür gratulieren, aber ebenso möchte ich auch den Damen und Herren, die in dieser Geschäftsgruppe arbeiten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an der Front die Arbeit machen, den AbteilungsleiterInnen, die die strategische Arbeit machen, herzlich gratulieren und ihnen namens der Wienerinnen und Wiener für diese hervorragende Arbeit danken! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Jetzt kann man sagen: So eine Agentur kann sich irren. Mein Gott, was tun diese Leute schon? Sie fahren in der Welt herum, machen Umfragen, taxieren das – sie können sich irren. Aber die zig Millionen TouristInnen, die diese schreckliche Stadt aufsuchen – die gar so grauslich und verschmutzt ist, wo man sich gar so fürchten muss –, irren sich nicht, denn sie zahlen Geld dafür. Das sind nicht die von den Freiheitlichen gefürchteten Wirtschaftsflüchtlinge, die sich „einschleichen", das sind Leute, die gutes Geld dafür zahlen, dass sie nach Wien fahren. Wenn sich auch diese Leute irren – mein Gott, wer hat dann noch recht?

 

Der langen Rede kurzer Sinn: In dieser Frage glaube ich Mercer und den Millionen Touristen mehr als der Opposition, denn Touristen sind unverdächtiger und zahlen sogar dafür, dass sie hierherfahren dürfen, wo angeblich alles so schlecht ist. Diese Leute können sich nicht rasend irren, meine Damen und Herren, dies sei einmal mehr gesagt.

 

Lassen Sie mich diese Grundsatzthemen aufarbeiten. Ich habe so ein bisschen gehört – oder was heißt, ein bisschen, ganz massiv –, dass Kollege Stiftner von einer Politik der Gags gesprochen hat. Gags hast du es genannt? (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Roman Stiftner.) Ja, okay. – Etwas Ähnliches hat auch Kollegin Schütz gesagt. Sie meinte, dass die Umweltstadträtin jeden Tag ein paar Inserate absondert, um im Lichte der Öffentlichkeit besser dazustehen.

 

Die Bilanz zeigt jedoch, dass das nicht stimmt. Bei einer dieser angeblich einsamen Aktionen waren gemeinsam mit dieser angeblich so einsamen Umweltstadträtin, die Inserate schaltet, um die Gunst der Menschen zu erlangen, dieses Jahr 11 600 Menschen unterwegs. Die haben rund 273 Initiativen bei „Wien putzt sich heraus!" mitgemacht. – Gar so einsam ist diese Geschichte also nicht!

 

Ich kann die Kritik ja verstehen: Da ruft eine Politikerin die Leute zu etwas auf, und es kommen 11 600 Menschen – das sind nicht wenige, es gibt Bezirke, die fast weniger Einwohner haben – und machen da mit. Das kann beunruhigen, das sehe ich ein.

 

Eine dieser PR-Aktionen oder Gags, wie du das genannt hast, hat 200 000 Menschen bewegt. So viele haben nämlich gegen Mochovce unterschrieben. Wenn diese Frau, die hinter mir sitzt und für die Umwelt dieser Stadt verantwortlich ist, das nicht ins Leben gerufen hätte, wenn wir damit auf den Umweltminister der Bundesregierung gewartet hätten, dann hätten wir lange gewartet; und wenn wir auf die FPÖ gewartet hätten, würde es noch länger dauern.

 

Der langen Rede kurzer Sinn: 200 000 Menschen. Ist auch das wenig und schäbig? Ist auch das eine Geschichte, die niemanden bewegt hat, wo man an den Interessen der Menschen vorbeigearbeitet hat?

 

Okay, Mercer irrt sich, es irren sich die zig Millionen Touristen, es irren sich die 11 600 Menschen, die eine Stadträtin an ihren Arbeitsplätzen, an der Schulbank motiviert mitzumachen, es irren sich die 200 000. – Wenn sich so viele irren, dann würde ich als Opposition langsam Angst bekommen.

 

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