«  1  »

 

Gemeinderat, 18. Sitzung vom 26.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 76

 

Veranstaltung, wo er am Podium gesessen ist, und da hat er mindestens drei Mal Wien explizit gelobt und sonst niemanden und kein anderes Projekt und so weiter, und so fort. In den letzten neun Monaten hat er mit Sicherheit, für das würde er sich wahrscheinlich auch schämen, nicht mehr geleistet als Wien seit 1996. Er macht gute Arbeit. Und mehr als die Hälfte der neun Monate, die er jetzt im Amt ist, hat er eigentlich die Scherben wegräumen müssen, die die Frau Innenministerin Fekter hinterlassen hat. Das hat auch sehr viel Zeit weggenommen.

 

Wenn wir zur FPÖ kommen, die ist sehr einfach. (Heiterkeit bei StR David Lasar.) Ja wirklich, ganz einfach. Sie definiert sich über ein einziges Thema, nämlich „Wir und die“. Wir, das sind die Funktionärinnen und Funktionäre der FPÖ, ein Haufen verunsicherter Wienerinnen und Wiener, und die, das sind alle anderen, und die sind böse. So funktionieren Märchen, einfache Themenstellung, einfache Einteilung in Gut und Böse, einfache Handlung. Zum Beispiel: Österreich ist gut, EU ist schlecht, besser gesagt, böse. Schnitzel ist gut, Kebab ist böse. Hunde sind gut, Radfahrerinnen und Radfahrer sind böse. Autofahren ist gut, Öffis sind böse. Goldhaube ist gut, Kopftuch ist böse. Das kann man jetzt x Mal ausführen, aber dafür ist zu wenig Zeit. Ich glaube ja, dass die FPÖ-Funktionärinnen und -Funktionäre ein kleines Handbücherl haben, wo alles aufgelistet ist, was Gut und Böse ist (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Ich gebe es Ihnen nachher!), und wenn etwas Neues ins Spiel kommt, dann gibt es dort eine Telefonnummer. Da kann man den Herrn Kickl anrufen und fragen, ob das jetzt gerade böse ist oder nicht. Das ändert sich ja auch, zum Beispiel Diplomatenpässe. Die waren vor Kurzem ganz böse. Aber Herrn Straches Diplomatenpass, der ist okay, wieso nicht, der ist gut. Oder Orden: Steuergeldverschwendung, ganz böse. Aber jetzt, wo Herr Strache das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern bekommt, sind Orden eigentlich ganz gut.

 

Und ganz simpel, sehr geehrte Damen und Herren, funktioniert das Gut und Böse beim Thema Integration. Da kann sich der einfachste Geist der FPÖ nicht verstolpern. Zuwanderer sind böse. Das ist die Querschnittsmaterie der FPÖ. Das kann sich dann jetzt von Parkplatzpolitik über die PISA-Studie, Probleme in der Außenpolitik, Hundezonen, Schanigarten durchziehen. Das kann man durchspielen. Zuwanderer sind schuld. Und, sehr geehrte Damen und Herren, genau das ist das Gegenteil von verantwortungsbewusster Integrationspolitik. Das ist permanente Hetze und permanenter Wahlkampf auf Kosten der Wienerinnen und Wiener. Wer der FPÖ die Integrationspolitik geben will, die Zuständigkeit dafür geben will, der kann gleich einem Dackel die Aufsicht über eine Knackwurst anvertrauen.

 

Was ist eigentlich Integration? Ich zitiere aus einem Lexikon: „Integration hebt den Zustand der Exklusion und der Separation auf. Integration beschreibt einen dynamischen, lange andauernden und sehr differenzierten Prozess des Zusammenfügens und Zusammenwachsens.“ Das ist gut so. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen dies erreichen. Das ist aber nicht leicht. Jede dritte Wienerin, jeder dritte Wiener hat einen Migrationshintergrund. Wien ist bunt und vielfältig, umso vielfältiger müssen Maßnahmen zur Integration sein.

 

Vielleicht einen kleinen Ausflug zur Definition Migrationshintergrund. Das haben ein paar gescheite, gefinkelte Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland erfunden beziehungsweise erschaffen. Damals, als noch der Eiserne Vorhang war, hat es ja diese Deutschaussiedler in Deutschland gegeben. Die kamen nach Deutschland, bekamen sofort die Staatsbürgerschaft und den Pass, konnten aber kein Wort Deutsch und gingen in die Schule. Es gab in keinem Ressort Geld, damit die Deutsch lernen können, weil sie ja Deutsche waren. Das Geld war für Menschen aus Drittstaaten. So hat man sich den Kopf zerbrochen: Wie können wir jetzt die deutschen Staatsbürger ohne Deutschkenntnisse oder mit null Deutschkenntnissen auch in diese Maßnahmen bringen? Und da wurde dieser Begriff Migrationshintergrund geschaffen. Und weil die Definition Ausländer, Gastarbeiter schon sehr unsympathisch ist, haben wir das auch übernommen, bis etwas Sympathischeres als Migrationshintergrund kommt und wir es vielleicht gar nicht mehr brauchen sollten. Jetzt irgendwann reicht es einmal auch, Menschen in der dritten Generation nach ihrer Herkunft zu definieren.

 

Ich sagte, Wien ist bunt und vielfältig und unsere Maßnahmen sind genauso vielfältig. Das müssen sie auch sein. Wir haben als erste Weltstadt eine Magistratsabteilung für Integration und Diversität gegründet. Wir haben unterschiedliche Zugänge. Wir holen die Menschen dort ab, wo sie stehen, im Kindergarten, am Arbeitsplatz, in der Schule, in der Wohnhausanlage. „Durch das Reden kommen die Leut’ z’samm.“ - eine altes Wiener Sprichwort. Wenn unterschiedliche Kulturen miteinander leben, kann es zu Missverständnissen kommen und die gibt es auch sehr oft. Darum helfen zum Beispiel die Wohnpartner, um diese Missverständnisse aufzuklären.

 

Wir, sehr geehrte Damen und Herren, fördern Vereine, die beraten. Wir fördern Vereine, die helfen. Wir fördern Vereine, die informieren. Wir gehen auf die Menschen zu und bieten Ihnen an, ihre Lebens- und Karrierechancen zu verbessern. Wir bieten jeder Zuwanderin und jedem Zuwanderer durch den Wiener Bildungspass Sprachkurse, Beratung und Hilfestellung an. Das macht das Leben für alle leichter, wenn ZuwanderInnen verstehen, wie Wien tickt, was Wien von ihnen erwartet und was sie von Wien erwarten können. Umgekehrt wäre das natürlich auch nicht schlecht. Es würde das Verständnis für andere wecken. Denn wenn wir uns für die anderen interessieren, interessieren sie sich für uns. Das ist weder von mir noch von Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger, das ist vom römischen Dichter Publius Syrus vor 2 100 Jahren gesagt und geschrieben. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Aber das Römische Reich ist untergegangen durch die Zuwanderung bekanntlicherweise!) Ja, aber nicht wegen ihm. (Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular