Gemeinderat, 20. Sitzung vom 26.03.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 38
zu Beginn der heutigen Sitzung ansieht. Meine Damen und Herren, wir leben in einer Zeit, in der wir es mit einer massiven Politikerverdrossenheit zu tun haben, und das, was hier nach einer halben Stunde Sitzung abläuft, ist das beste Argument für genau so eine Politikverdrossenheit.
Erlauben Sie, Herr Vorsitzender, wenn ich Ihnen sage, der Begriff oder der Zwischenruf Lügner ist prinzipiell etwas Ehrenrühriges. Jetzt möchte ich gar nicht auf das Thema eingehen, aber ich bin doch ein bisschen überrascht, dass ehrenrührige Zwischenrufe mittlerweile einer inhaltlichen Wertung seitens des Vorsitzenden unterzogen werden. Ich bin mir nicht sicher, ob das sinnvoll und erstrebenswert für die Zukunft ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Prinzipiell halte ich es aber für ganz, ganz wichtig, dass wir uns heute einem ganz eklatant wichtigen Thema für diese Stadt widmen: der Wirtschaft- und Budgetpolitik hier in Wien. Nachdem langsam, wirklich langsam, aber doch auch die Repräsentanten der politischen Linken draufgekommen sind, es gibt die Richtigkeit einer einfachen Lebensweisheit, nämlich man kann auf Dauer nicht mehr ausgeben, als man einnimmt, stellt sich nun eigentlich nur die Frage, wie wir diese Stadt auf wirtschaftlich gesunde Beine stellen, wie wir es schaffen, unseren Kindern und Enkeln Zukunftsperspektiven und nicht nur Schulden zu übergeben.
Zu diesem Thema gibt es ja bekanntlich zwei ganz unterschiedliche Lösungsansätze. Zum einen die alte sozialdemokratische Schule: Rauf mit den Steuern, rauf mit den Gebühren, rauf mit den Abgaben, um mehr Geld zum Umverteilen zu haben, mehr Geld – ich sage es ganz offen – für Klientelpolitik.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch an Aussagen des Herrn Bürgermeisters, von dem ich auch bedaure, dass er heute nicht bei uns ist, anlässlich der Erstellung des Reformpakets auf Bundesebene erinnern. Er hat noch vor wenigen Wochen verlangt, dass 70 Prozent des Reformvolumens über neue Steuern kommen, über neue Gebühren. Das hat er ganz ungeniert in Presseinterviews gesagt. Ich kann Ihnen sagen, glücklicherweise geht es nicht überall nach ihm. Eine verantwortungsvolle ÖVP auf Bundesebene hat nämlich das durchgesetzt, was, wie ich denke, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, nämlich sparsam mit dem Geld der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen umzugehen.
Ohne ÖVP hätte es wahrscheinlich auch auf Bundesebene das gegeben, was die Wiener und Wienerinnen nach einem Jahr Rot-Grün in dieser Stadt schmerzvoll am eigenen Leib erleben müssen: eine Steuer- und Gebührenlawine ungeahnten Ausmaßes. Von Vermögenssteuern war da die Rede, von Erbschaftssteuern, Schenkungssteuer, Erhöhung der Körperschaftssteuer, ja selbst eine absurde Akademikersteuer war ja nicht absurd genug, um nicht von Seiten der Sozialdemokratie platziert zu werden.
Rot und Grün wollen die Menschen aussackeln, wollen abkassieren, abzocken, die Menschen damit in Abhängigkeit bringen und unfrei machen. Und dort, wo sie das können, hier in unserer wunderschönen Heimatstadt Wien, tun sie das auch mit Hemmungslosigkeit, sie tun das mit Begeisterung. Sie verteuern das Wasser um 33 Prozent, die Müllgebühr, das Abwasser, die Hundeabgabe um schlanke 65 Prozent, die U-Bahn-Steuer um bescheidene 177 Prozent, die ORF-Landesabgabe, die Ortstaxe, die Kurzparkscheine um 66 Prozent. Und dann nehmen sie ganz viel Geld in die Hand und inserieren. Ein System, das offensichtlich hier in Wien erfunden wurde und das von einem ehemaligen Wohnbaustadtrat dieses Hauses ganz offensichtlich zur Perfektion gebracht wurde. (Beifall bei der ÖVP.)
Liebe rot-grüne Landesregierung! Sie haben keine Hemmung dabei, die Verteuerung der Parkscheine in einer sündteuren Inseratenkampagne damit zu erklären, dass es dadurch weniger Lärm in dieser Stadt gäbe. Anders gesagt: Sie pflanzen die Wiener, und die dürfen dafür noch brav zahlen. (Beifall bei der ÖVP. – GR David Ellensohn: Das stimmt ja gar nicht!) Da steht sehr wohl, dass die Teuerung ... (Neuerlicher Zwischenruf von GR David Ellensohn.) Wir können das nachher klären. Ich kann Ihnen gerne die Inserate zeigen. (Zwischenruf von GR Mag Rüdiger Maresch.) Lieber Kollege Maresch, auch Sie sollten wissen, dass die Wahrheit zumutbar ist (GR Mag Rüdiger Maresch: Ja, genau! Die Wahrheit über die ÖVP!), und wenn ich Ihnen das sage, dann können Sie mir das glauben. (GR Mag Rüdiger Maresch: Da sage ich nur, Strasser!) Jetzt hören Sie zu! Ich glaube, es wird noch viel Interessantes für Sie dabei sein. (GR Mag Rüdiger Maresch: Ja, Strasser!)
Die Wiener ÖVP steht nämlich für einen gänzlich anderen Weg. (GR Mag Rüdiger Maresch: Harald Himmer, sage ich da nur!) Die Wiener ÖVP steht für Sparsamkeit. (Ironische Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Jetzt regen Sie sich nicht auf! Die Wiener ÖVP steht für eine schlanke, effektive Verwaltung, und die Wiener ÖVP steht für Gerechtigkeit. (GR Mag Rüdiger Maresch: Harald Himmer!) Aufpassen! Wir stehen für Gerechtigkeit. Das ist das, was Sie alle so gerne plakatieren, das ist das, was Sie so gerne inserieren, obwohl Sie nicht Gerechtigkeit meinen, sondern Gleichheit. Sie wollen die Menschen gleich machen. (GR Mag Rüdiger Maresch: Nein!)
Und ich sage Ihnen, es ist nicht gerecht, wenn es keine Fairness gegenüber jenen gibt, die dieses Sozialsystem finanzieren. Ich bin für Hilfe für alle, die Hilfe benötigen, ich bin für die christlich-sozial motivierte Hilfe zur Selbsthilfe (GR Mag Rüdiger Maresch: Aha!), ich bin aber auch für Gerechtigkeit für jene, die die Hilfe ermöglichen. Ich bin nicht dafür, dass die Fleißigen in dieser Stadt permanent nur geschröpft werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Und wenn wir von Gerechtigkeit reden, meine sehr geehrten Damen und Herren, frage ich Sie: Ist es gerecht, dass es in dieser Stadt zwei verschiedene Arten von öffentlich Bediensteten gibt? Ist es gerecht, dass die Pensionsreform der Beamten in Wien erst am Sankt Nimmerleinstag nachvollzogen wird? Nein! Es ist zutiefst
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