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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 125

 

Und wenn Sie davon sprechen, dass Gerechtigkeit und der soziale Friede so wichtig sind, dann sag ich, ja, in der Tat, ich bekenne mich vorbehaltlos zu einem sozialen Netz, das notwendig ist, um den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Wenn ich mir aber ansehe, dass bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung von 180 000 Beziehern in Österreich mittlerweile fast 130 000 in dieser Stadt zu Hause sind, dann stellt sich die Frage: Wie verfehlt ist auch die Sozialpolitik in Wien? Wie verfehlt wird hier mit den öffentlichen Mitteln umgegangen? Wird hier nicht genügend geprüft? Macht Wien arm? Viele Fragen, die sich bei dieser Thematik auftun.

 

Lassen Sie mich zu einem weiteren Thema kommen, das diese Stadt ja in den letzten Wochen und Monaten nicht unwesentlich prägte, die Verkehrspolitik. Wir haben 2011 eine Parkometerrücklage von 130,5 Millionen EUR stehen. Mittlerweile, und da sind wir jetzt bei der grünen Handschrift, die sehr wohl ablesbar ist, werden gerade mal 2 Millionen für Stellplatzschaffung, für Garagenbau ausgegeben, ein Minus von 90 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, weil 2010 waren es immerhin noch 20 Millionen. Und wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass wir Stellplätze brauchen und es vielleicht aber sinnvoller ist, sie unter die Erde zu verlegen, weil davon auszugehen ist, dass es parkplatz- oder parksuchenden Verkehr gibt, dann ist auch das eine verkehrspolitische Bankrotterklärung. Hoch interessant vielleicht auch die Ausgaben des Jahres 2011 aus der Parkometerrücklage, aus Park and ride: Es sind satte null Euro! Sie sagen ja selbst, nein sie ist leider nicht mehr da, aber es ist in letzter Zeit wiederholt gesagt worden, 350 000 Pendler haben wir in dieser Stadt und derzeit 9 000 Park-and-ride-Plätze. Was tun wir? Wir bauen keine Park-and-ride-Plätze, weil, wie der Kollege Maresch mir erst unlängst in einem Gespräch erklärt hat, das einfach zu teuer ist und es uns eigentlich ganz offensichtlich relativ gleichgültig ist, wie diese Arbeitskräfte, die wir in Wien am Arbeitsmarkt auch durchaus gerne sehen, in diese Stadt kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich verhehle nicht, Frau Vizebürgermeisterin, dass es mich freut, dass Sie in Ihren Ausführungen vom U-Bahn-Bau und von der U-Bahn als Wirtschaftsader sprechen. Gott sei Dank tun Sie das. Ich frage mich nur, um auf die Park-and-ride-Thematik zurückzukommen, warum wir die große Chance beim Ausbau der U1 nach Favoriten verwirken, nicht nur bis zur Therme Oberlaa die U-Bahn auszubauen, sondern einige Hundert Meter weiter Park-and-ride-Plätze zu installieren, um hier große Pendlerschübe, die aus dem Süden in die Stadt drängen, rechtzeitig abzufangen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wien, und da stimmte ich sogar mit der Vizebürgermeisterin überein, hat auf Grund seiner geopolitischen Lage alle Chancen, ein zentraler Standort, ein starkes wirtschaftliches Herz im Zentrum dieses unseres Europas zu werden. Es mangelt aber aus unserer Sicht an den richtigen Schwerpunkten, den starken politischen Akzenten und nicht zuletzt am Mut, um diese große Chance auch zu nutzen. Wien braucht echte Standortpolitik und aktive Arbeitsmarktpolitik! Eine Arbeitslosenrate von 9,2 Prozent, Schlusslicht im Bundesländervergleich, ist hier wirklich ein Armutszeichen. Wien braucht aber auch aktive Integrationspolitik, die sich auch am Arbeitsmarkt orientiert und jungen Menschen, denen diese Hoffnung derzeit vielleicht noch fehlt, Hoffnung und Chancen aufzeigt. Wir können, wir sollten und wir wollen es uns nicht leisten, auf viele bislang unerkannte Talente auch in diesem Bereich zu verzichten.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wien ist wunderschön. Machen wir es endlich auch genauso erfolgreich! Dazu brauchen wir eine mutige Politik, wenig Arbeitslose und ein ausgeglichenes Budget. Alle drei Dinge sind mit diesem Rechnungsabschluss derzeit leider noch meilenweit entfernt. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Kollege Ellensohn. Ich erteile es ihm.

 

10.00.09

GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus)|: Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!

 

Rechnungsabschluss ist auch immer die Möglichkeit - es heißt ja auch Rechnungsabschluss -, nicht nur einen Blick nach vorne, sondern einen Blick auf das abgelaufene Jahr zu machen. Was ist gut gelaufen? Was kann man besser machen? Was lernen wir daraus für die Zukunft? Ich werde meine Rede dazu nützen, genau das ein klein wenig zu tun, aber nicht nur darüber zu reden, wo wir als Stadt Wien stehen, sondern wo wir stehen, die wir hier sind, nämlich die Politiker und Politikerinnen auf Grund vieler Vorfälle der letzten Monate, des letzten Jahres, und am Abschluss einen kleinen Ausblick zu geben, wie man das zukünftig besser machen kann.

 

Nachdem ich jetzt, sagen wir einmal, die Details in der Rede des ÖVP-Stadtrats vermisst habe, dass ich ganz genau auf alle Zahlen eingehen könnte, weil so viele waren es nicht, fange ich einfach mit den Erfolgen an, auf die in der Rede der Volkspartei vergessen wurde. Renate Brauner hat die guten Ergebnisse des vergangenen Jahres ausgeführt. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir jetzt, auch wenn sich nicht alle von den Konservativen und von rechts außen darüber freuen, um 365 EUR eine Jahreskarte anbieten, um 1 EUR pro Tag mit den öffentlichen Linien in Wien fahren können. Das ist ein Riesenerfolg, der nicht einmal in allen anderen Städten, die kleiner sind, möglich ist. Bei dem Riesennetz der Wiener Linien und bei dem riesigen Angebot ist das ein Riesenerfolg. Das zeigt sich auch daran, dass wir 60 000 Menschen haben, die heuer zusätzlich eine Jahreskarte gekauft haben. So einen Boom des öffentlichen Verkehrs hat tatsächlich in ganz Österreich nur Wien. Darauf sind wir alle gemeinsam stolz. (Beifall bei den GRÜNEN und von GR Dr Kurt Stürzenbecher.)

 

Wir haben im Bereich des öffentlichen Verkehrs das Jugendticket, das wir uns sehr lange gewünscht und jetzt mit zwei Bundesländern umgesetzt haben, die dazugehören, nämlich Niederösterreich, Burgenland und

 

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