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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 125

 

inhaltliche Auseinandersetzung auf Unwahrheiten und Unkenntnis basiert. Ich habe daher beschlossen, eine Vorlesung zu machen, tatsächlich eine ... (GR Mag Wolfgang Jung: Professor Margulies!) Nein, eine Vorlesung des roten Rechnungsabschlussbuches! Es reicht ja, wenn man es liest, um einmal über Schuldenstände, aber auch über Vermögen zu sprechen. (GR Mag Wolfgang Jung: Na ja, das Vermögen und Ihre Bewertung ...) Nein, reden wir über die Aktiva der Stadt Wien! Es werden immer nur die Schulden erwähnt: Wir haben 4 Milliarden an Schulden. Ich rede einmal über die Aktiva der Stadt Wien.

 

Aktien und sonstige Beteiligungen: 727 Millionen EUR. Ausleihungen, Weitergegebenes, also wo wir als Stadt Geld bekommen (GR Mag Wolfgang Jung: Hoffentlich!): 4,47 Milliarden EUR. (GR Mag Wolfgang Jung: Von wem?) Unterschiedlich: Darlehensübernahme in der Wohnbauförderung, Siedlungswasserwirtschaft, Bezugsvorschüsse, Darlehen und Betriebskredite, zinsenfreie Darlehen, Landesdarlehen anstelle von Kapitalmarktdarlehen, Darlehen im Rahmen der Wohnbauförderung. - Wertpapiere: 576 Millionen EUR. Forderungen, vergleichbar mit Verbindlichkeiten (GR Mag Wolfgang Jung: ... können wir verkaufen?): 1,4 Milliarden EUR. Guthaben bei Banken: 1,9 Milliarden EUR. (GR Johann Herzog: Es war schon einmal mehr, nicht?) Also in Summe: Aktiva in einer Größenordnung von 9 Milliarden EUR.

 

Diesen Aktiva stehen tatsächlich Schulden gegenüber - ja, so ist es! (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Sie sagen immer, man soll sich ansehen: Wie agiert die Wirtschaft? Ich halte prinzipiell die Vergleichbarkeit öffentlicher Haushalte mit der Wirtschaft nur für sehr bedingt machbar, weil tatsächlich die Aufgaben gänzlich unterschiedliche sind. Aber was nicht geht, ist das Rosinenpicken! Sozusagen das Rosinenpicken, alles, was Schulden et cetera bei den öffentlichen Haushalten betrifft, als böse hinzustellen und die Forderungen und das Vermögen der Stadt zu verschweigen - und demgegenüber (GR Mag Alexander Neuhuber: Aber hat sich das Vermögen auch verdreifacht?) im Privatbereich so zu tun, als wäre alles happy. (GR Mag Alexander Neuhuber: Na, hat sich das Vermögen auch verdreifacht?) Und wir sehen, wie viel Konkurse es bedauerlicherweise in einer Situation gibt, wo die Weltwirtschaft angespannt ist, wo in Österreich die Wirtschaftslage angespannt ist und wo sich selbstverständlich Wien nicht abkoppeln kann.

 

Mir geht auch diese Rederei am Nerv: Wer ist der Beste in der Arbeitslosenstatistik oder nicht? (GR Mag Wolfgang Jung: Ach so?) Wir wissen, Wien ist ein Zentralraum. Wir wissen - Sie sagen das selber in der Argumentation -, wir haben 350 000 Einpendler, oder 250 000, die täglich nach Wien kommen und hier Arbeitsplätze finden. Und dann regen Sie sich auf, dass in Wien die Arbeitslosigkeit so hoch ist! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es gibt zentralörtliche Aufgaben, die nimmt Wien wahr. Und natürlich ist die Situation von Wien nicht vergleichbar mit der Situation von Gigritzpatschen - ist so! Gott sei Dank haben wir in Wien Städte. (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Vergleichen wir mit Linz!)

 

Sie reden darüber, dass Wien nicht lebenswert ist, und gleichzeitig kommt: Nein, alles ist schrecklich in Wien, alles wird teurer, niemand hat Interesse an Wien - und gleichzeitig wächst Wien jährlich um 18 000 bis 20 000 Personen. Vor allem Inlandsnachzug, Inlandsmigration! Das heißt, nicht Menschen aus dem Ausland strömen massiv nach Österreich, sondern Menschen, die zuerst in Oberösterreich gewohnt haben, in Niederösterreich gewohnt haben, in der Steiermark gewohnt haben, im Burgenland gewohnt haben, in Vorarlberg gewohnt haben, die kommen nach Wien, weil Wien lebenswert ist! (Zwischenruf von GRin Anica Matzka-Dojder.) Unter anderem deshalb, weil Wien einen öffentlichen Verkehr finanziert, der es ermöglicht, flächendeckend und günstig um 365 EUR mit der Jahreskarte zu fahren. Sie können davon träumen in jedem einzelnen anderen Bundesland und selbst in jeder einzelnen Stadt, auch nur annähernd ein so gutes Verkehrsnetz von öffentlichen Verkehrsmitteln zu finden wie in Wien. Aber Sie jammern Wien zu Tode! Sie werfen Wien vor, dass in einer Zeit - nein, ich vergesse die Schulenbefragungen.

 

Der Anteil Wiens an den Gebühren und Leistungen bewegt sich einnahmenseitig bei dem gesamten Budget - Sie wissen jetzt, 12 Milliarden sind Darlehenseinnahmen, Rücklagen, alles dabei - bei knapp 1,4 Milliarden EUR, die Wien überhaupt nur selbst bestimmen kann. Die eigenen Steuern firmieren zwar im roten Bücherl schön unter „Eigene Steuern", aber das wissen Sie: Von den rund 800 000 fremdbestimmt durch den Bund bleiben über die Gebühren, bleiben über die Einnahmen für Leistungen. Was ist denn passiert von 2008 bis jetzt mit den Ertragsanteilen des Bundes? Sind sie auch nur annähernd im Sinne der verpflichtenden Ausgaben der Stadt Wien gestiegen? Nein! Sie liegen jetzt, 3 Jahre später, knappe 100 Millionen über den Ertragsanteilen von 2008 vor der Krise. Um das jetzt umzurechnen: Das würde bedeuten - jährlich, hätte es die Krise nicht gegeben - um 300 bis 400 Millionen EUR mehr an Ertragsanteilen!

 

Die Krise war da. Was bewirkt eine Krise in solchen Zentralorten wie Wien? Bewirkt denn die Krise, dass in Wien automatisch die Ausgaben geringer werden? Ich frage Sie - Sie sind ja alle studiert im Bereich Volkswirtschaft und kennen sich alle so gut aus -: Bewirkt eine Krise, dass automatisch die Kosten der Stadt sinken? Nein, genau das Gegenteil! Sie wissen es ja selber, weil es insbesondere im Sozialbereich Aufgabe einer Stadt ist, für die Sozialhilfe - jetzt Mindestsicherung - zu sorgen. Und selbstverständlich, wenn die Krise da ist und die Anzahl der Arbeitslosen steigt, schlägt das dann auch auf die Mindestsicherung durch.

 

Wien ist aber auch verantwortlich für eine hervorragende Spitalsleistung, Gesundheitsleistung. Wien deckt doch - das wissen auch Sie so gut wie wir - das Umfeld mit ab in manchen Bereichen!

 

Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen: Was 2008 dazugekommen ist, das ist der Gratiskindergarten. Vergleichen Sie die Kosten, die die Stadt Wien

 

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