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Gemeinderat, 27. Sitzung vom 04.10.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 70

 

ginnen gefallen. Das ist dir sehr gut gelungen. Ich glaube wirklich nicht, dass irgendjemand hier in diesem Raum – und jetzt bin ich beim Grundsätzlichen zur „Wienwoche“ –, ich glaube nicht, dass wir als Vertreter und Vertreterinnen der Politik das Recht haben und auch nicht das Pouvoir haben, uns lustig zu machen (GR Mag Wolfgang Jung: Ach so! Dazu haben wir Sie gebraucht, um das zu wissen!) oder – ich sage es einmal wertfrei – zu werten, wie und in welcher Form künstlerische Darbietungen in unserer Stadt zu erfolgen haben. (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, Künstler, die Geld kosten. Aber wir haben viele arme Leute, die kein Geld bekommen und keine Gemeindewohnung!)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl (unterbrechend): Herr Kollege Jung, ich darf Sie bitten, wenn Sie zu diesem Thema was zu sagen haben, geben Sie bitte eine Wortmeldung ab, dann können wir Ihnen auch alle zuhören. (GR Mag Wolfgang Jung: Den Zwischenruf haben alle gehört!) Ich ersuche Sie auch, Ihre Zwischenrufe etwas zu reduzieren. (GR Mag Wolfgang Jung: In der letzten Sitzung gab es 49 Zwischenrufe!)

 

GR Petr Baxant, BA (fortsetzend): Reißen Sie sich Ihnen einmal z'amm, Herr Jung! (Ruf: Deutsch sollte man können!) Ich habe es ganz bewusst so gesagt, das gehört so. Ich kenne mich schon aus mit den deutschen Fällen, das ist kein Problem, obwohl ich Deutsch erst ab dem siebten Lebensjahr gelernt habe oder lernen durfte. Meiner Meinung nach ist Deutsch übrigens die schönste Sprache der Welt. (Beifall bei der FPÖ.) Gut.

 

Jedenfalls noch einmal zum Grundsätzlichen. Wir Politiker und Politikerinnen haben uns nicht mit der Qualität der künstlerischen Darbietungen auseinanderzusetzen, das machen andere, das machen nämlich jene, die sich im Kunst- und Kulturbereich betätigen. Unsere Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen und, ja, Geld zur Verfügung zu stellen. Dazu bekenne ich mich auch.

 

Ich persönlich finde zum Beispiel die Bondage-Performance von Herrn Phettberg absolut uninteressant, es gibt mir auch nichts, ich bin auch nicht hingegangen. Ich habe mir übrigens auch nichts durchgelesen, weder in den sogenannten Qualitätsmedien noch in den Boulevardmedien, weil ich denke, das gibt mir quasi nichts, trotzdem fühle ich mich als Politiker, als Verantwortlicher im Kulturausschuss, der darüber abstimmen soll, nicht in der Lage zu sagen, nein, das taugt mir nicht, und deswegen kein Geld. Das ist ein Kultur- und Kunstverständnis, das absolut überhaupt nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Wir sind wesentlich weiter.

 

Da möchte ich schon etwas hervorstreichen, was für mich sehr interessant ist und wo ich glaube, dass die „Wienwoche“ etwas vorwegnimmt, wo wahrscheinlich die Kunst- und Kulturpolitik der Zukunft liegen wird. Da wird nämlich versucht – es wird versucht, vielleicht wird es nicht geschafft, aber der Anspruch ist da –, dem Ideal der Freiheit der Kunst absolut gerecht zu werden. Das ist, glaube ich, etwas, was man auf jeden Fall respektieren sollte, auch wenn man nicht einer Partei angehört, die diese Initiative unterstützt.

 

Ganz bewusst: Ja, es ist keine politische Parteiinitiative, aber natürlich ist Kunst und Kultur immer politisch und soll es auch sein. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und vor allem: Kunst und Kultur soll aufregen, soll intervenieren, Kunst und Kultur muss uns alle irgendwie ärgern, sonst bewegt sich ja nichts weiter. Oder glauben Sie, dass sich wegen unserer so interessanten Diskussionen hier die Welt weiterbewegt? Ich glaube, dass vor allem Künstler und Künstlerinnen, die Kulturschaffenden der Motor der gesellschaftlichen Weiterentwicklung sind. Und deswegen ist etwas zu schützen, und zwar von uns allen, nämlich die Freiheit der Kunst, denn ohne die Freiheit der Kunst wird es auch keine Freiheit der Gesellschaft geben. Ganz einfach.

 

Wenn man sich hierherstellt und sagt, ich möchte bitte diese Kunstinitiative oder weil mir vielleicht zum Beispiel die „Fledermaus“ unglaublich gut gefällt, soll die Initiative, die die „Fledermaus“ aufführt, soundso viel Geld bekommen, aber die „Wienwoche“ nicht, dann ist das nicht unser Recht. Das ist nicht unser Recht, uns da quasi einzumischen. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Herr Jung, ich rede nicht mit Ihnen. Wir können uns nachher einen Termin ausmachen, aber es ist für mich nicht erhellend, was Sie mir zu sagen haben. (GR Mag Wolfgang Jung: Für mich auch nicht!) Okay, dann müssen Sie ja nicht zuhören, wenn es für Sie nicht erhellend ist.

 

Das heißt, das Ideal der Freiheit im Geistesleben ist etwas, wo wir, glaube ich, langfristig sowieso hinkommen müssen. Der Kulturstadtrat hat diesen Weg schon wesentlich früher eingeschlagen. Ich sehe zum Beispiel in der Theaterreform, wo eine von der Politik unabhängige Jury, die ausschließlich mit Experten und Expertinnen besetzt ist, darüber entscheidet, wer wie viel Geld bekommt, eigentlich etwas, was wahrscheinlich zukunftsweisend ist. Die „Wienwoche“ ist auch etwas, was zukunftsweisend ist, denn da wird Geld zur Verfügung gestellt von der Politik, und ab dem Zeitpunkt, wo das Geld fließt, hat sich die Politik nicht mehr einzumischen.

 

Meine Vision ist eine Freiheit des Geisteslebens, wo die Politik zahlt und die Kultur entscheidet, und zwar ganz eigenständig. Ich glaube – und das sage ich auch als einer, der der Regierungspartei angehört –, dahin sollten wir kommen, und die „Wienwoche“ und zum Beispiel auch die Theaterreform sind ein Weg dorthin.

 

Ganz kurz zu unserer Reise. Ich habe mich auch unglaublich darüber gefreut, an dieser Reise teilnehmen zu dürfen, vor allem deswegen, weil ich so viele Museen besucht habe wie noch nie in meinem Leben. Ich bekenne mich dazu, ich bin kein begeisterter Museumsbesucher, aber ich muss sagen, ich bin in dieser Woche ein begeisterter Museumsbesucher geworden. In weiterer Folge freue ich mich sehr über die Atmosphäre und über die Stimmung, die im Laufe dieser Woche in Deutschland und in England geherrscht hat. Über die Parteigrenzen hinweg sind, glaube ich, sehr interessante Gespräche geführt worden, sehr erquickliche Gespräche, sehr erhellende Gespräche. Ich habe sehr viel gelernt über die Hintergründe eines Museumsneubaus oder des richtigen Standortes eines Museums.

 

Ich glaube, dass wir da alle gemeinsam sehr viel ge

 

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