Gemeinderat, 28. Sitzung vom 29.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 79
jetzt nicht in aller Breite skizzieren werde, auch nicht für den Kollegen von der FPÖ. Zu einigen Punkten möchte ich aber schon Stellung nehmen.
Einer ist die Seestadt Aspern. Man kann zwei Vorwürfe an Stadtentwicklungsgebiete machen. Das eine ist, man entwickelt etwas, und der öffentliche Verkehr kommt erst Jahre später hin. Dann heißt es, wie könnt ihr nur etwas entwickeln, das abseits vom öffentlichen Verkehr liegt. Darum hat man das richtigerweise bei der Seestadt so gemacht, dass zu Beginn der Besiedlung bereits eine U-Bahn dort hinausfährt, um von Anfang den Leuten Anreize zu geben, die U-Bahn zu nützen. Denn das ist sozusagen über fünf Jahre schwer nach Monaten synchronisierbar. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber die Realisierung klappt nicht so schnell!) – Bitte? (GR Mag Wolfgang Jung: Die Realisierung klappt nicht so schnell!) – Die Realisierung klappt hervorragend. (GR Mag Wolfgang Jung: Die U-Bahn schon, aber sonst nichts!) – Die Realisierung klappt hervorragend, erkundigen Sie sich, Herr Kollege! Ende nächsten Jahres wird die U-Bahn dort eröffnet werden, gleichzeitig sind die Wohnbauten schon weit in der Entwicklung.
Diese erste Entwicklung wird weitergehen, aber ein wichtiges Teilgebiet Wiens ist die gesamte U2-Achse. Ich glaube, dass die Stadtentwicklungsachse U2 im Bewusstsein noch nicht wirklich in dem Ausmaß verankert ist. Da tut sich enorm viel.
Ich möchte Ihnen hier eine allerjüngste Zahl zur Kenntnis bringen – ich glaube nicht, dass sie schon in den Zeitungen stand –: Wir rechnen in der langfristigen Entwicklung jährlich mit 15 000 Menschen mehr in Wien. Die Zahl des letzten Jahres – jetzt soll man nicht nur ein Jahr nehmen, denn es kann Ausreißer nach oben und unten geben, aber da waren alle überrascht –, von Anfang September 2011 bis Anfang September 2012, ich habe mir die Zahl genau angeschaut: 24 255 Personen, die in einem Jahr mehr in Wien gemeldet sind. 24 255! Das zeigt eines: Wien ist hochattraktiv, um hier zu leben, zu wohnen und zu arbeiten.
Ich spare mir jetzt die Polemik, weil sie nicht nur, aber auch mit Politik zu tun hat. Das einzige Bundesland, wo die Bevölkerung zurückgeht und unter anderem Menschen aus diesem Bundesland nach Wien ziehen, ist Kärnten. Im „long run“ geht die Bevölkerung in Kärnten zurück, und nirgendwo steigt sie so wie in Wien. Eine stärkere Abstimmung darüber, wo man leben will, kann es ja gar nicht geben, als dass man hier nach Wien kommt.
Rechnen Sie nur einmal in 10 Jahren: 24 000 mal 10 sind 240 000 Menschen; in den letzten 10 Jahren waren es 170 000. Es deutet alles darauf hin, dass das weitergehen wird, und insofern ist es eine besondere Herausforderung, die notwendige Bürgerbeteiligung – da werde ich nun ein paar Beispiele bringen – mit der Stadtentwicklung zu synchronisieren.
Was war allein in der letzten Woche? Ich glaube, es waren einige Kollegen von der Opposition, auch Bezirksräte, dort. Es gibt ein ganz großes Stadtentwicklungsgebiet im 21. Bezirk, das ist das ehemalige Gaswerk, ein sehr großes Gebiet mit einem sehr schönen denkmalgeschützten Gebäudebestand auf der einen Seite und großen möglichen Entwicklungsflächen. Dieses Gebiet ist auf der einen Seite von der Schnellbahn erschlossen und auf der östlichen Seite von der U1-Endstation Leopoldau.
Was haben wir gemacht? Und was heißt für uns Bürgerbeteiligung? Eben nicht eine Ja- oder Nein-Demokratie: Soll man, soll man nicht? Es gab eine BürgerInnenversammlung, lange bevor eine erste Überlegung, was denn dort passieren könnte, formuliert wird. Hier startet ein kooperatives Verfahren, beim dem von Anfang an BürgerInnenvertreter dabei sind.
Das hat sich dort so abgespielt – wir waren auch gespannt, denn es gibt ja sozusagen kein Patentrezept dafür, wie man unstrittig eine BürgerInnenbefragung organisiert –: Von den ungefähr 150 Anrainern haben sich spontan 10 Anrainer und Anrainerinnen gemeldet, die gerne bei diesem Prozess, der in etwa ein Jahr dauert, dabei wären. Drei wurden gewählt, und die werden jetzt von Beginn an dabei sein und Anrainerinteressen, natürlich in einem Spannungsverhältnis, vertreten. Und machen wir uns nichts vor – das sage ich auch an unsere Fraktion und natürlich auch an die Sozialdemokratie, die das kennt –, die Interessen der Anrainer und Anrainerinnen auf der einen Seite sind verständlicherweise nicht in erster Linie: Wir sind der Ort, wo Wien wachsen soll!, sondern in erster Linie herrschen hier auch Befürchtungen vor: Das heißt mehr Verkehr. Wie hoch wird das?
Da will ich einen spannenden Gedanken aufgreifen, den der Kollege Dworak aufgeworfen hat – (da dieser nicht im Saal ist) macht nichts, er hat heute schon gesprochen, da kann er gerne Mittagessen gehen –: Ist es wirklich sinnvoll – und das ist eine Grundsatzfrage der Stadtplanung –, wenn wir historisch gewachsene Einfamilienhausgebiete haben, dass dann die Dichte nur über hunderte Meter langsam ansteigend zunehmen soll, oder kann es, wenn dazwischen ein Grünareal liegt, nicht auch sinnvoll sein, dass es auch höhere Dichten gibt, wo vielleicht in etwa 200 Meter Entfernung auch Einfamilienhäuser sind? Auch wenn das manche verständlicherweise nicht freut, aber jetzt haben wir es mit Ökonomie und mit Stadtwachstum zu tun. Und diese Regierung – ich habe es schon ein paar Mal gesagt, aber ich betone es noch einmal – fühlt sich jenen verpflichtet, die in drei, vier, fünf Jahren eine Wohnung suchen, sei es, dass sie Kinder von in Wien geborenen Menschen sind, sei es, dass sie aus Kärnten oder aus Niederösterreich stammen und sich entscheiden wollen, nach Wien zu ziehen, sei es, dass sie aus Deutschland kommen oder aus einem anderen Land der Europäischen Union, oder von wo auch immer her. Genauso wie es unsere Kinder in Anspruch nehmen, nach dem Studium oder nach der Arbeit oder zwischendurch in ein anderes Land zu fahren.
Das ist eine der ganz großen Errungenschaften der Europäischen Union, und das möchte ich hier jetzt auch einmal in diesem Kontext sagen, weil wir eine Generaldebatte haben: Dass es in Europa möglich ist, sich heute zu entscheiden, in ein anderes Land zu fahren, dort oft
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