«  1  »

 

Gemeinderat, 28. Sitzung vom 29.10.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 79

 

grenzten Platz. Bei Überschwemmungen bei der Donau oder bei anderen Flüssen hat man sich damit beholfen, dass man ein Entlastungsgerinne gebaut hat, nämlich für den Fall, dass zu viel Wasser kommt, für den Fall einer Überschwemmung. Auch das hat nur eine Zeit lang geholfen. Beim Straßenbau hat man es beispielweise mit der Südosttangente versucht, aber auch sie ist keine Entlastung mehr. Sie ist täglich verstopft, weil einfach viel zu viele Menschen auf begrenztem Straßenraum, der nicht vermehrbar ist, unterwegs sein wollen. (StR Mag Manfred Juraczka: Dann muss man wegreißen, Herr Kollege!)

 

Das Wegreißen ist ein gutes Beispiel. In der Verkehrspolitik oder in der Stadtplanungspolitik in den 1970er Jahren und auch schon in den 1960er Jahren hat man ja tatsächlich wesentlich breitere Straßen gebaut. Als Vorbild hat man Amerika gesehen. An manchen Stellen in Wien merkt man noch, dass viele Grünflächen plötzlich im ersten Moment unmotiviert da sind, beispielweise in der Liechtensteinstraße im Bereich der Lichtentaler Gasse – ich habe dieses Beispiel schon einmal gebracht, weil ich mich in meinem Bezirk am besten auskenne. Dann schaut man in alten Flächenwidmungsplänen nach, dann sieht man genau: Hier wollte man eigentlich die Straße um 20 m verbreitern. Das war nun mal die Verkehrsphilosophie, die man sich von Amerika abgeschaut hat. Aber das wollen wir hier in Wien und in Österreich heutzutage nicht mehr.

 

Es gibt allerdings – weil schon so viel vom Kommunismus die Rede war – Diktaturen, wo das problemlos möglich ist. So war das etwa in China der Fall, beispielweise in der Zeit vor der Weltausstellung und vor der Olympiade. Ich war im Jahr 2004 dort. Dort hat man gesehen, dass tatsächlich ganze Stadtviertel abgerissen wurden, nur um die Straßen zu verbreitern. Das machen wir in Wien ganz sicher nicht! Der Straßenraum ist begrenzt. Er sollte zur Verfügung stehen für parkende Autos und auch für fahrende Autos, aber eben in Abstimmung mit allen anderen Verkehrsteilnehmern. Das sind Fußgänger, das sind Radfahrer, das sind Öffi-Benützer etc. Dass wir in dieser Hinsicht auf einem guten Weg sind, sieht man auch daran, dass in der Zwischenzeit nur mehr 29 Prozent der Menschen den täglichen Arbeitsweg mit dem PKW zurücklegen.

 

Ich war ganz erstaunt, dass Herr Jung auch heute wieder zum Thema Verkehr gesprochen hat. (GR Mag Wolfgang Jung: Wir können gern darüber reden!) Die Mobilitätsberatung – ich nenn es einmal Mobilitätsberatung – ist natürlich etwas, das man verstärkt ausbauen sollte. Es gibt sehr viele Applikationen für Handys und für den Computer, wo man nachschauen kann, wie man irgendwo hinkommt. Es ist natürlich schwer für jemanden, der immer mit dem Auto gefahren ist, zu sehen, aha, mit dem Auto wüsste ich es, aber wie komme ich jetzt öffentlich dorthin? Darum kommt der Herr Jung auf die absurde Idee, zu sagen, von Kaltenleutgeben fahr ich drei Stunden bis zum Rathaus.

 

Ich habe mir jetzt die Mühe gemacht nachzuschauen. Applikation „qando“ heißt das, falls da jemand nachschauen möchte, sie lässt sich leicht herunterladen. Da biete ich Ihnen beispielsweise zwei Alternativen an. Sie könnten mit dem Postbus 255 nach Liesing fahren. (GR Mag Wolfgang Jung: Wie oft fährt er? Sie müssen zwei Mal umsteigen!) Dort könnten Sie in die Schnellbahn einsteigen. Mit der Schnellbahn fahren Sie bis zum Südtiroler Platz. Am Südtiroler Platz steigen Sie in die U1 ein, fahren bis zum Karlsplatz und dann mit der U2 zum Rathaus: gezählte 52 Minuten. Sie können das nachvollziehen. 52 Minuten! Und der Herr Jung erzählt uns hier, er fährt drei Stunden. Drei Stunden! (GR Mag Wolfgang Jung: Sie haben ja keine Ahnung! Fahren Sie mal!)

 

Ich biete ihnen sogar noch eine Alternative an. Sie könnten mit dem Bus 255 fahren, wieder nach Liesing zur Schnellbahn. Dann fahren Sie damit nach Meidling, fahren mit der U6 bis zur Josefstädter Straße, und mit der Linie 2 fahren Sie herunter bis zur 2er-Linie. (GR Mag Wolfgang Jung: Das zeigen Sie mir mal vor! Fahren wir gemeinsam!) Das ist noch schneller und würde Ihnen noch dazu die charmante Gelegenheit bieten, alle Arten von Verkehrsmitteln, die es in Wien gibt, kennen zu lernen: Sie können mit dem Autobus fahren, Sie können mit der U-Bahn fahren und Sie können mit der Straßenbahn fahren. Also machen Sie das einmal! 45 Minuten, 47 Minuten, 52 Minuten in eine Fahrtrichtung – und Sie sagen, Sie brauchen drei Stunden.

 

Das zeigt ja schon, wie absurd die Argumentationen der FPÖ in diesem Zusammenhang sind. Man muss das einfach nur nachvollziehen. Manche Behauptungen sind schwerer nachzuvollziehen, manches ist sehr leicht beweisbar. Wie gesagt, man braucht also nur nachzuschauen.

 

Es gibt in der Popmusik oder in der Rockmusik den Begriff One-Hit-Wonder. Ich möchte Ihnen erklären, was das ist. Als One-Hit-Wonder bezeichnet man im angelsächsischen Raum eine Platte oder einen Interpreten, der genau ein einziges Mal in der Hitparade war, mit einem Song großen Erfolg hatte, aber nie wieder daran anschließen konnte. Ein Beispiel ist Scott McKenzie, der vor Kurzem gestorben ist, mit dem Lied San Francisco – hat auch mir sehr gut gefallen. Aber es gibt Hunderte andere sogenannte One-Hit-Wonder.

 

StR Juraczka ist meiner Meinung nach so ein One-Hit-Wonder. Er hat – in seinen Augen – einen großen Erfolg gelandet. Die Medien sind aufgesprungen, und zwar deshalb, weil man geglaubt hat, das sei eine scheintote Partei. Man hat sie so bei 9 oder 10 Prozent vermutet und gezweifelt, ob da überhaupt noch etwas kommen kann. Das hat die Medien so fasziniert, dass sie geschrieben haben: Ah, der Herr Juraczka ist jetzt die Rettung der ÖVP. Er wird die ÖVP wieder in die Höhe bringen, und so weiter und so weiter. Aber irgendwie verpufft langsam alles und es gelingt ihm kein Nachfolgehit. Er legt daher immer wieder die gleiche Platte auf, nämlich die mit den Unterschriften, die er gesammelt hat, vergisst aber immer wieder dazuzusagen, dass ein Drittel dieser Unterschriften einfach ungültig war. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Aber 110 000 waren gültig!)

 

Es ist ja auch leicht zu erklären, warum die ungültig sind: Die sind unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gesammelt worden! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular