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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 79

 

der Anwesenheit der Frau Yilmaz, in der Anwesenheit von Peko, Anica Matzka-Dojder und anderen Kollegen ständig über Ausländer. Sie schimpfen hier ständig über mich. Und dann erwarten Sie ... (GRin Mag Ines Anger-Koch: Nehmen Sie sich etwas zurück! – GRin Ing Isabella Leeb: Nehmen Sie sich nicht so wichtig! – GR Mag Wolfgang Jung: Sie sind kein Demokrat, sondern ein Pseudodemokrat! Sie schimpfen hier dauernd!) Ich schimpfe ja nicht mit Ihnen. Ich habe nur gesagt, wenn es Ihnen weh tut, dann soll es Ihnen weh tun, dann nehmen Sie es in Kauf, habe ich gesagt, dass wir solche Lehrer haben wie den Herrn Aigner, der über eine Bevölkerungsgruppe herzieht.

 

Da fällt mir auch noch etwas anderes ein. Der Herr Aigner soll ja auch über seine damalige Fraktionskollegin Sirvan Ekici gesagt haben: „Du faule Sau, du Scheiß-Türkin.“ (GR Mag Wolfgang Jung: „Soll“! Im Konjunktiv! – GRin Mag Ines Anger-Koch: Jetzt reicht es aber! – Weitere empörte Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Herr Kollege, ich fordere Sie auf, hier keine Feststellungen über andere Personen zu treffen, die womöglich strafrechtlich relevant sein könnten. Ich ersuche Sie auch, sich im Sinne eines ordnungsgemäßen Ablaufes dieser Sitzung entsprechend zu mäßigen. (Die Gemeinderäte und Gemeinderätinnen der FPÖ verlassen den Sitzungssaal. – GR Godwin Schuster: Wir haben genau das in der Präsidiale besprochen. Warum machst du das jetzt?)

 

GR Senol Akkilic (fortsetzend): Ja, das ist nachzulesen in Wikipedia. Die Freiheitliche gehen, okay. Schauen Sie, ich bin ein gewählter Volksvertreter, und zu mir kommen Kinder und Jugendliche und sagen, mein Lehrer ist ein Ausländerfeind. – Ich glaube dem nicht 100-prozentig, ich sage auch diesen Kindern: Du darfst nicht alles schwarzmalen. Vielleicht liegt die Schwäche an dir, du darfst dich nicht immer über deine Herkunft aufregen. – Aber wenn ich dann höre, dass Lehrer, die im Gemeinderat sitzen, wirklich solche Sachen von sich geben, dann muss ich das auch zur Sprache bringen. Das heißt ja nicht, dass ich ihm seine Qualifikation abspreche, sondern ich bringe ein Problem zum Ausdruck. Auch wenn die Leute nicht die Geduld haben zuzuhören und der Herr Vorsitzende mich jetzt gemahnt hat, das sind Probleme, die mich beschäftigen und die gewisse Teile der Bevölkerung beschäftigen, und das muss angesprochen werden. Bitte um Geduld und um Verständnis. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich habe nach meiner gestrigen Gemeinderatsrede E-Mails bekommen. Ich lese nicht alle E-Mails vor, die ich bekomme, aber dieses möchte ich Ihnen vorlesen, weil es mit dem Antrag Deutsch vor Schule beziehungsweise Sonderklassen zu tun hat. Ein gewisser Herr Frank schreibt mir Folgendes: „Für Sie wäre es besser, Sie gehen wieder zurück in die Türkei. Für diesen Unsinn, den Sie hier verzapfen, gehört Ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt.“

 

Nicht, weil ich nicht Deutsch kann, meine Damen und Herren, liebe KollegInnen, weil ich mich kritisch äußere, soll mir die Staatsbürgerschaft aberkannt werden? Was ist jetzt die Voraussetzung für die Staatsbürgerschaft? Deutsch können oder kritisch sein? Deutsch können oder Meinung äußern? Wo soll die Gesellschaft hingehen, wenn wir so weitermachen, wie die Freiheitlichen das jetzt in diesem Antrag eingebracht haben? Demnächst wird es heißen, ja, der Herr Akkilic spricht zwar Deutsch, aber sein Verhalten passt unserer Gesellschaft nicht.

 

Daher denke ich, meine Damen und Herren, man soll gewisse Hetze führende Meinungen nicht hinter Deutsch verstecken. Ich habe es einmal gesagt, ich sage es noch einmal: Deutsch ist eine sehr schöne Sprache, die ich gerne lese, die ich gerne schreibe, die ich gerne höre. Und es stimmt nicht, dass in migrantischen Familien nicht Deutsch gesprochen wird, das stimmt einfach nicht. Ich unterhalte mich mit meinem Neffen in Deutsch, ich unterhalte mich mit meinem Kind in Deutsch. Meine Tochter kann sehr gut Deutsch und studiert in England gewisse Fächer in Deutsch. Das ist eine sehr wertvolle Sprache, eine sehr gute Sprache, sie hat hervorragende Schriftsteller und Schriftstellerinnen hervorgebracht. Aber ich mag es nicht, wenn man ständig Deutsch missbraucht, missbraucht als Machtinstrument gegenüber Migranten und Migrantinnen, gegenüber sozusagen anders Aussehenden, wie es der Kollege Blind gestern mit diesem Foto gezeigt hat.

 

Ich möchte Deutsch sprechen, ich möchte auch, dass unsere Kinder, alle unsere Kinder gut Deutsch können, sehr gut Deutsch können, wenn es geht, perfekt Deutsch können, aber ich möchte auch, dass die anderen Fähigkeiten unserer Kinder berücksichtigt werden. Ich möchte, dass auch die Sprachen, die die Kinder in der Familie erlernen, die Erstsprachen, aufgewertet werden. Weil die Aufwertung dieser Fähigkeit ist auch eine Aufwertung der Person. Es ist eine Wertschätzung gegenüber Kindern und Jugendlichen, wenn ich sage, hey super, du kannst ja zwei, drei Sprachen. Und ich, als Bildungsstadtrat oder als Regierung, greife das gerne auf, weil ich weiß, dass dich das zum einen aufwertet und es zum anderen ja ein Schlüssel für den Weltmarkt ist. Jede Sprache ist ein Schlüssel für den Weltmarkt. Jede Sprache, die wir zusätzlich können, eröffnet uns neue Türen. Und warum soll ich diese Fähigkeit der Kinder nicht aufwerten?

 

Das Klima, das wir in diesem Land haben, oder das eine Partei versucht zu erzeugen, ist jenes, dass man sagt, die Fähigkeiten dieser Kinder braucht man nicht, wer braucht schon Türkisch, wer braucht schon Serbokroatisch, wer braucht schon Urdu oder Sonstiges? – Manche vielleicht nicht, weil sie für solche Sprachen nicht aufnahmefähig sind, weil sie es einfach nicht schaffen, weil ihre Grundeinstellung ihnen das nicht erlaubt. Aber ich möchte, dass mein Kind vier, fünf Sprachen kann, ich möchte, dass mein Kind sämtliche Länder und sämtliche Kulturen in dieser Welt kennt. Und ich möchte, dass meine Kinder eine Bildung bekommen, eine Allgemeinbildung, eine Grundausbildung, die ihnen neue Türen und Fenster öffnet und sie nicht verschließt.

 

In diesem Sinne denke ich, vom Integrationsressort her, dass wir mit der Schwerpunktsetzung für nächstes Jahr, Mehrsprachigkeit, auch einen Verbündeten in StR Oxonitsch finden werden.

 

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