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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 79

 

Und es geht nicht nur um die Essenslieferung. Vielleicht sind Sie wirklich nicht so sensibel, dass Sie das begreifen können! Es geht nämlich vor allem um den täglichen Kontakt mit der Außenwelt. Und Seniorinnen und Senioren vereinsamen dank der rot-grünen Regierung nun leichter in der Großstadt, weil ihr einziger sozialer Kontakt wirklich oft die Person war, die ein Mal am Tag gekommen ist, um das Essen zu liefern. Wir alle wissen, wie wichtig für Senioren das Essen ist. Daran sparen Sie jetzt, aber Sie sparen nicht bei Versorgungsposten in Form von unzähligen Beauftragten, und man kann sich nur wundern, wofür die alle eingesetzt werden. Ich glaube, schön langsam werden wir jetzt einen Beauftragten für die Beauftragten brauchen! Aber für Sozialleistungen, die unbedingt notwendig wären, haben Sie kein Geld und streichen ungeniert. Ich halte das für inakzeptabel, und ich halte das für schäbig! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte jetzt noch einen Antrag betreffend den Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung einbringen.

 

Meine Damen und Herren! Das ist mir wirklich ein Herzensanliegen, denn unheilbar Kranke und Sterbende müssen die Möglichkeit haben, in ihrer gewohnten Umgebung Hilfeleistung zu bekommen, um in Würde sterben zu können. Wenn Sie in einer Organisation wie dem Seniorenbund Vorsitzende sind, dann haben Sie tagtäglich mit Menschen zu tun, die in dieser Situation sind. Und ich meine, eine Gesellschaft wird daran zu messen sein, wie sie einerseits ihre Kinder ins Leben hereinbegleitet, wie sie aber andererseits auch ihre Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, also ihre alten Lieben aus dem Leben hinausbegleitet.

 

Ich bringe daher einen gemeinsamen Antrag der zwei Oppositionsparteien betreffend Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Wien ein: Wir erwarten, dass ein entsprechendes Konzept erarbeitet wird und Maßnahmen gesetzt werden, dass ein Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Wien erfolgt. – In formeller Hinsicht wir die sofortige Abstimmung verlangt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zusammenfassend kann man sagen: Man hört immer von der Regierungsfraktion: Wien ist die Sozialhauptstadt Österreichs. – Ich kann nur sagen: Wenn man Insider ist und mit Gesundheit und Sozialem viel zu tun hat, dann weiß man: Sozial mag die äußere Ansicht sein. In vielen Bereichen sind Sie aber im Inneren eiskalt. Daher werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich habe jetzt das Konto der ÖVP um 2 Minuten verringert, denn Sie haben um 2 Minuten länger gesprochen. Es ist aber ausreichend Restzeit vorhanden. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GR Hebein. Ich erteile ihr das Wort. Auch sie hat 12 Minuten selbstgewählte Redezeit, und ich logge diese ein.

 

16.06.53GRin Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus)|: Vielen Dank, werter Herr Vorsitzender! Werte Frau Stadträtin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

 

Lassen Sie mich, bevor ich auf Frau GR Korosec eingehe, noch einmal grundlegend festhalten, damit wir das nicht aus den Augen verlieren: Das Ziel jeder Sozialpolitik ist es, dass wir in einer Gesellschaft ohne Armut, ohne Angst, ohne Ausgrenzung leben wollen.

 

Die Zahlen, die Herr Minister Hundstorfer gestern veröffentlicht hat, zeigen sehr deutlich, dass wir noch einen weiten Weg dorthin haben. Die Armutszahlen sind tatsächlich enorm erschreckend. Die Zahl jener, die in manifester Armut leben, hat sich seit 2005 verdoppelt. Das heißt, 10 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen leben in Armut. Und man spricht auch von der sogenannten monetär verfestigten Armut, und zwar dann, wenn zwei von sieben Merkmalen auftreten wie zum Beispiel, dass man die Heizung oder gesundes Essen nicht zahlen kann. Dann spricht man von monetärer Verfestigung, und das betrifft vor allem Jugendliche und Familien. – Das sind erschreckende Zahlen!

 

Keine sozialpolitische Diskussion kann ohne die Verteilungsfrage beziehungsweise Gerechtigkeitsfrage geführt werden. Gleichzeitig zu der erwähnten Entwicklung werden nämlich die Reichen in diesem Land immer reicher. 5 Prozent verfügen über 50 Prozent des Vermögens in diesem Land. 50 Prozent verfügen über 4 Prozent des Vermögens in diesem Land. Und wenn wir dann, wie gestern, über Wohnungspolitik reden – die auch ein Teil der Sozialpolitik ist – und sagen, dass wir aufpassen müssen, dass alle leistbare Wohnungen haben, auf dem privaten Markt jedoch die Preise explodieren und wir regulieren müssen, dann hört man, Frau GRin Korosec, von Ihnen nur, dass das Kommunismus ist. – Offensichtlich haben Sie das Grundprinzip einer gerechten Gesellschaft und der Verteilungsgerechtigkeit noch nicht verstanden! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Es genügt nicht, nur Worte zu sprechen, die Frage ist, welche Taten man konkret setzt und was wir in Wien tatsächlich tun.

 

Beim Sozialbudget ist es uns darum gegangen, dass die Qualität aufrechterhalten wird, dass wir sicherlich nicht auf Kosten der Armen kürzen, sondern dass uns das Gegenteil gelingt, und wir haben das Sozialbudget faktisch zumindest um 100 Millionen EUR erhöhen können.

 

Ja, es stimmt, wir haben die Mindestsicherung, und die Zahlen steigen. – Frau GRin Korosec! Da haben Sie tatsächlich recht! Das ist erschreckend! Aber ich bitte Sie doch, genauer hinzuschauen! Welche Menschen trifft das denn? Und das ist das letzte soziale System, das wir zur Verhinderung von Armut in dieser Stadt haben! Sie haben gesagt, dass es das Ziel war, dass die Leute wieder in die Arbeitswelt kommen. – Das stimmt schon! Wenn Sie aber genauer hinschauen, dann werden Sie bemerken, dass immer mehr Menschen betroffen sind, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können! Wir haben hier prekäre Arbeitsverhältnisse! Und wenn Sie wirklich etwas dagegen tun wollen, dann lade ich Sie herzlich ein: Reden wir über Stundenlohnerhöhungen, Mindestlöhne, Umverteilung! Reden wir darüber, dass die Menschen in diesem Land wieder eine Arbeit haben, von der sie leben können. Reden wir darüber! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) – Das ist der eine Punkt.

 

Der andere Punkt: Sie sprechen irrsinnig viel von Kälte. – Wenn wir die Entscheidung treffen, dass wir die

 

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