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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 30.01.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 97

 

anschauen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Zwei Punkte möchte ich noch ansprechen, die mich besonders fuchsig machen, und zwar nicht politisch, sondern einfach die Entwicklung. Dem stehen wir oft mit einer gewissen Hilflosigkeit gegenüber. Es handelt sich hiebei um grünlandgewidmete Hoffnungsgebiete, von welchen wir wissen, dass die Menschen, denen das gehört, längst nicht mehr Bauern, sondern zum Beispiel Freiberufler sind, also Leute, die ihr Geld anlegen wollen. Sie sagen: Ich kaufe jetzt Grünland und kann warten. Und wenn dann ein Wohnbauträger Interesse hat oder auch – ich kenne jetzt einen konkreten Fall, ich werde aber die Adresse nicht nennen – ein Unternehmer einen Industriebetrieb erweitern möchte und fragt, ob das möglich wäre, dann werden nach Widmung Grünlandpreise verlangt, die astronomisch hoch sind. Und eigentlich würde ich jetzt gern hinausschreien beziehungsweise tue es jetzt auch, wohl wissend, dass das nicht Regierungslinie ist: Das Eigentum an Grund und Boden im städtischen Bereich, das zur Spekulation eingesetzt wird, stiftet Schaden und nicht Nutzen! (Beifall bei den GRÜNEN. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

 

Ja, das stiftet Schaden! Wir sind über den Widmungsbereich mit vielen in Verhandlungen, Herr Kollege! Zum Glück kenne ich mich mit der Branche ein bisschen aus, und das iPhone beziehungsweise jedes Phone hat heutzutage einen kleinen Rechner dabei. Wenn wir dann fragen, ob das für den sozialen Wohnbau nicht möglich wäre, wissend, dass das bei 230 EUR liegt, dann lachen die uns aus. Und ich muss dann diesen Besitzern von Äckern, Brachen et cetera vorrechnen, dass sie nur 2 oder 3 Millionen EUR bekommen. Nur 2 oder 3 Millionen EUR: Das sei doch eine Zumutung, denn wenn sie das wirklich auf dem freien Markt verkaufen würden und die Widmung bekämen, dann wäre der Betrag doppelt oder dreifach so hoch! – Das stiftet keinen Nutzen! Kollege Aichinger kennt das aus dem Bereich der Wirtschaftskammer. Er weiß, wie schwierig es oft ist, bei Erweiterungen günstige Grundstücke zu bekommen.

 

Wir haben keine kurzfristige Lösung, aber eine Strategie, die es in Holland immer schon gegeben hat, dass eigentlich die Nutzungsrechte am Boden verkauft oder gehandelt werden, aber nicht das Eigentum. Diesbezüglich muss uns etwas einfallen, denn die Grundstückskosten galoppieren davon, und das macht einige ganz wenige zu Lasten der Öffentlichkeit sehr reich. Und das, was Marktwirtschaft kann, nämlich über den Preis oder Knappheitssignale jemanden aufzufordern, etwas zu produzieren, ist beim Grund und Boden nicht möglich, weil Grund und Boden in der Stadt nicht vermehrbar ist.

 

Eine letzte Idee: Auch das ist keine Strategie, sondern einfach eine Überlegung, durchaus motiviert aus den Zahlen, die Herr Stürzenbecher genannt hat, vor allem betreffend den Gemeindebau. Wenn man jemandem erzählt, welchen Anteil an Gemeindewohnungen wir haben, dann glaubt man auf der ganzen Welt nicht, wie viele das sind. Ich meine, wir sollten eventuell darüber nachdenken, ob wir nicht im 21. Jahrhundert mit geeigneten Maßnahmen sehr wohl auch den Neubau reaktivieren sollten. Momentan wird aus verständlichen Strategien gesagt, dass man sich auf die Wohnbauförderung und den Genossenschaftsbereich konzentriert. Ich möchte anregen, darüber nachzudenken, ob nicht auch zeitgemäße neue Wohnhäuser von der Gemeinde errichtet werden sollten, die im Besitz der Gemeinde stehen, und zwar gerade in Zeiten, in denen sich niemand so günstig verschulden kann wie die Gemeinde.

 

Ich nenne Ihnen jetzt sozusagen ein denkbares Gegenprogramm zu dem, was zum Beispiel Salzburg oder Niederösterreich gemacht hat: Da nimmt man Geld auf und legt es irgendwo hin. – Wäre es nicht wunderbar, zu sagen, dass man Geld dafür aufnimmt, wofür ein Kredit immer da war, nämlich um einen konkreten Wert zu schaffen, etwa konkret ein Haus zu bauen, von dem man weiß, dass es langfristig mehr wert ist, etwa derzeit mit Zehnjahres-Staatbonds zu 1,8 Prozent? Wenn man sich um 1,8 Prozent verschulden kann – Genossenschaften tun das zu 3,8 Prozent –, dann kann man sehr günstige Wohnungen langfristig anbieten. Ich nenne jetzt keine konkreten Zahlen, um hier nicht wieder eine Diskussion fortzusetzen. Das ist ein Fenster, das jetzt vielleicht einige Jahre offen ist. Wenn die Zinsen dann aber wieder bei 3, 4, 5 Prozent liegen, dann schaut das ganz anders aus. Ich meine, es wäre einen Gedanken wert, das zu nutzen und in geeigneter Form den Gemeindebau, auf den Wien zu Recht sehr stolz ist, im 21. Jahrhundert zu realisieren. Das wäre ein weiterer Baustein in die Richtung, dass Wien kostengünstige und ökologisch verträgliche Wohnungen baut und eine große Tradition im 21. Jahrhundert fortsetzt. – Danke schön. (Beifall bei RÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zu Wort gemeldet ist Herr Univ-Prof Dr Eisenstein. Ich erteile es ihm. Die Redezeit beträgt 20 Minuten.

 

15.00.23

GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Vielen Dank! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Kollege Chorherr, „Defizite besprechen, ist Provinzniveau“? Soll das heißen, die Opposition muss die Regierung um jeden Preis verteidigen? Würden Sie das als Oppositionspartei tun? Ich denke, Sie würden das nicht tun. Es ist wirklich nicht meine Aufgabe, auch wenn Sie es als Provinzniveau bezeichnen. Das macht mir überhaupt nichts. Ich bin ein Bürger dieser Stadt, ich bin auch hier geboren. Ich nehme das so zur Kenntnis. Macht nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Eigentum in der Stadt stiftet Schaden. Was ist dann die Alternative? Enteignung? Nehmen wir allen alles weg? Machen wir alles gleich in marxistischer Doktrin? (GR Mag Christoph Chorherr: „Alles“ habe ich nicht gesagt!) Eines sage ich ehrlich, ich bin sehr froh, dass Sie gesagt haben, wir haben keine Lösung. Da bin ich sehr zufrieden damit. Lassen wir es bitte so! Lassen wir es bitte so, ohne Ihre Lösungen. Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Kollege Stürzenbecher, Austromarxismus, Wohnbau. Sie wissen schon, was grundsätzlich meine Stellungnahme dazu ist. Ich sage es jetzt ganz offen – wir haben auch immer offen miteinander gesprochen, auch hier in

 

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